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Manöver im Herbst

Manöver im Herbst

Titel: Manöver im Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der Auflösung wenig. Fast gar nichts.
    Am Rhein wurde seine Truppe aufgefangen. Sie wurde in ein Sturmregiment eingegliedert. Heinrich Emanuel Schütze meldete sich beim Stabe des Generalfeldmarschalls Model. Dort erfuhr er, daß Model den Befehl hatte, aus dem Ruhrgebiet eine Festung zu machen. Im Norden und im Süden waren die Alliierten durchgebrochen, rollten über deutsche Straßen und Autobahnen tief nach Deutschland hinein. Die 12. Heeresgruppe unter General Bradley stieß bis nach Thüringen vor … im Norden schwenkten die Truppen Feldmarschall Montgomerys in die deutsche Tiefebene. Nur im Ruhrgebiet hielt sich Model und igelte sich ein. Er bildete den Ruhrkessel.
    Oberstleutnant Schütze dachte in diesen Tagen kurz wieder selbständig. Er fertigte sich einen Marschbefehl als Kurier aus und reiste von Siegburg nach Schleswig. Es war kurz vor dem Aufspalten des Ruhrkessels am 14. April 1945.
    Als Heinrich Emanuel in Schleswig ankam, fand er eine intakte Armee vor. Das hatte er nicht erwartet. Er wollte dem Krieg ausweichen und reiste zu einer verhältnismäßig frischen Armee.
    Am 18. April kapitulierte der Ruhrkessel. Generalfeldmarschall Model erschoß sich. In Berlin standen die Russen wenige hundert Meter von der Reichskanzlei. Schwerster Beschuß machte aus der Reichshauptstadt eine Trümmerwüste.
    30. April 1945. Adolf Hitler beging Selbstmord. In seinem letzten Willen ernannte er Großadmiral v. Dönitz zum neuen Reichspräsidenten.
    Oberstleutnant Heinrich Emanuel Schütze war einer der Offiziere, die dem neuen Staatschef gratulierten. Er stand mit den anderen Herren längs der Wand und drückte die matte Hand des Großadmirals.
    »Der Krieg ist zu Ende«, sagte ein Generalmajor neben Schütze leise. »Aber dieses Ende wird schrecklich sein. Es wird nie mehr ein Deutschland geben. Nie mehr. Ein ganzes Weltbild wird sich wandeln.«
    Merkwürdig, Heinrich Emanuel Schütze griff es nicht ans Herz. Früher hätte er in diesem Satz, in dieser Erkenntnis eines noch nie dagewesenen Zusammenbruchs auch den Verlust seines Lebenssinnes gesehen. Jetzt hörte er sich die Worte an, nickte gleichgültig und dachte: Wo mag Amelia mit den Kindern sein? Ob ich sie wiedersehe?
    Nur das dachte er. Nicht, was er nach dem Kriege tun wollte. Ob er wieder Margarine verkaufen würde und darauf wartete, daß einmal wieder neue Soldaten durch die Straßen marschierten, mit Tschingbumm und Trara, diiiiee Augen rechts und flache Hand an den Helm. Mit Knobelbechern und klappernden Gasmasken, brüllenden Unteroffizieren und mit herrlicher Erziehung zum wirklichen Mann: Wie grüßt man? Fünf Schritte vor, drei Schritte nach. – Im Abstand von fünfzehn Schritten – der erste – marsch! – So etwas muß man wissen, sonst ist man kein richtiger Deutscher. Das vorschriftsmäßige Grüßen eines Vorgesetzten ist die Grundbedingung eines anständigen deutschen Lebens.
    Nein, an alles das, was ihm so lieb und wert war, dachte selbst Heinrich Emanuel Schütze nicht mehr.
    Schluß, dachte er nur. Nach Hause. Zu Amelia. Zu dem kleinen Fritz. Und Ruhe … Ruhe …
    Am 23. Mai ging Schütze, zusammen mit der Regierung Dönitz, in Gefangenschaft. Er fand es entehrend, daß man ihm das Koppel abnahm, ihn mit dem Gesicht und hocherhobenen Armen an eine Mauer stellte und seine Taschen abtastete. Erst im Camp XII, einem Offizierslager, legte sich sein Kummer. Ein Offizier des englischen Intelligence Service ließ ihn zu sich rufen, bewirtete Schütze mit einem gebratenen Masthähnchen, Whisky und höllisch starken Zigaretten und blätterte den Fragebogen durch, den Schütze nach der Gefangennahme gewissenhaft wie immer ausgefüllt hatte. Er hatte nicht gelogen … eine solche Unterstellung wäre absurd … Vergeßlichkeit jedoch ist nicht strafbar.
    Der englische Major sprach sehr gut deutsch.
    »Sie haben Schulungen gemacht?« fragte er.
    »Militärische. Ja. Zum Unterschied der NSFOs. Ich war immer als Taktiker –«
    »Ich weiß.« Der englische Major legte den Fragebogen weg, nahm seine dünne, lederne Reitgerte und schlug sich damit an die Stiefelschäfte. Rhythmisch, flott. Ticktick …
    »Wir sind daran interessiert, daß in allen Camps Schulungen über die neue Lage stattfinden. Es ist erschreckend, welch ein falsches Geschichtsbild bei den deutschen Soldaten vorherrscht. Wir sehen in der Gefangenschaft keine Strafe, sondern eine Umerziehung. Nach der Gefangenschaft soll ein neuer Geist herrschen.«
    »Ich verstehe.« Schütze aß

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