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Manöver im Herbst

Manöver im Herbst

Titel: Manöver im Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ich bin verantwortlich für meine Leute.«
    »Und ich für meine Männer. Sollen wir uns also umbringen? Wir, die wir uns gegenseitig erst das Leben retteten?« Bollet erhob sich und steckte seine Pistole wieder in den Mantel. »Kommen Sie zu mir hinaus, Herr Oberleutnant. Hinter der Glasbläserei. Da – steht ein Haus, am Ortsausgang. Eine Scheune ist an das Haus gebaut. Dort wohne ich. Wenn sich Kaiser, Könige und Präsidenten nicht einig werden – vielleicht können wir es. Warum soll es im Krieg nicht auch Freunde geben?«
    Oberleutnant Schütze biß die Zähne aufeinander. Daß er dem Mann gegenüberstand, dem er sein Leben verdankte, erschütterte ihn weniger als der Gedanke, wehrlos zu sein in einer Situation, von der andere Ortskommandanten träumen.
    Bollet kam auf Schütze zu. Er streckte ihm die Hand entgegen. »Versprechen Sie mir, mich nicht zu verraten. Kommen Sie morgen nacht zu mir.«
    »Und wenn ich Sie verhaften lasse? Gleich?«
    »Was hätten Sie davon?« Bollet lächelte. »Meine Freunde würden dafür sorgen, daß Sie den morgigen Abend nicht mehr erleben.«
    »Sie drohen mir?« schrie Schütze.
    »Ich kläre nur Ihre Situation. Ihr Vorgänger, der alte Hauptmann, sah nur seinen Wein. Sie sind gefährlicher – Sie sind jung und haben Ehrgeiz. Aber Sie haben auch Angst … und es ist immer gut, wenn man das weiß …«
    Bollet wandte sich ab, ging zur Balkontür und drehte sich, bevor er im Dunkel des Gartens verschwand, noch einmal um. »Sie kommen, Herr Oberleutnant?«
    »Ich lasse mir von Ihnen nichts befehlen!« schrie Heinrich Emanuel wild. Sein zertretener Stolz bäumte sich auf. »Verschwinden Sie … aus Soustelle … Ich lasse Sie ausräuchern.«
    Die Tür knirschte wieder, der Schatten Bollets glitt weg. Oberleutnant Schütze rannte zur Tür. Unten, nur sechs Meter entfernt, im Wachlokal, warteten neun Landsturmmänner. Aber er schlug keinen Alarm. Er ließ die schon heruntergedrückte Klinke wieder los und ging langsam in sein Zimmer zurück.
    Er hatte wirklich Angst. Für zehn Mann, die man ergreift, stehen zwanzig Rächer auf. Es ist wie bei einer Hydra … aus jedem abgeschlagenen Kopf wachsen doppelt soviel neue Köpfe.
    Am nächsten Morgen war Oberleutnant Schütze ungenießbar. Er setzte einen Kleiderappell an, besichtigte die Spinde in den Unterkünften und das Krankenrevier. Die Männer, die mit einem Tripper im Bett lagen, brüllte er zusammen, daß sie wie zusammengeschrumpft unter ihren Decken hockten.
    Dann – gegen Mittag – ritt er aus. Um Soustelle herum, durch die Wälder, über die Weiden, zur Glasbläserei. Er sah das von Bollet beschriebene Haus, machte einen weiten Bogen herum und beobachtete es. Aus einem Kamin stieg Qualm. Als er sein Fernglas hochnahm, sah er, wie ein Mädchen, mit langen, schwarzen Haaren, im Hof stand und Holz zerkleinerte. Es war ein hübsches Mädchen, schlank, schmalhüftig, mit festen runden Brüsten. Er konnte es genau sehen. Ihre Bluse war sehr eng.
    Ein Franktireurweib, dachte er giftig. Man sollte sie alle ausräuchern, wie Ratten.
    Daß er es nicht tat, machte ihn fast krank. Er kam sich mitschuldig vor.
    *
    Sie hatten Wein getrunken, ein Huhn gegessen und probierten jetzt einen starken Rotwein, den Bollet in einer tönernen Kanne ausgrub. Hinter dem Haus, unter einem Heustapel.
    Sarah Bollet briet durchwachsenen Speck. Sie stand am Ofen und schüttelte die Pfanne. Neben ihr schnitt Jeanette Kartoffeln in Scheiben … sie machten pommes frites. Es war ein Festessen … der Lebensretter Charles Bollets war zu Gast.
    Heinrich Emanuel saß auf einem niedrigen Stuhl, den Rotwein vor sich und sah ab und zu hinüber zu Jeanette.
    Als er in dieser Nacht hinaus zu dem Haus hinter der Glasbläserei geritten war, hatte ihm Bollet seine ganze Familie vorgestellt. Madame Sarah Bollet – sie umarmte den deutschen Oberleutnant und stammelte: »Dank … viell Dank … Du hast Charles gegebben wiedär …« – Dann die Tochter Jeanette, zwanzig Jahre alt, das Mädchen, das er im Fernglas schon gesehen hatte, mit langen, bis auf die Hüften herunterfallenden schwarzen Haaren und schlanken Beinen, einer zierlichen Taille und festen, runden Brüsten. Sie hatte eine ausgeschnittene Bluse an … als sie Heinrich Emanuel mit einem Knicks begrüßte, konnte er die Brüste zur Hälfte sehen. Das machte ihn milder gestimmt. Seine Reserve ging über in Interesse.
    Das Essen war gut, Madame Sarah kochte vorzüglich. Der Wein stieg in den Kopf. Heinrich

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