Mansfield Park
noch dazu eines Bruders – unmöglich! Das durfte man nicht! Und mit einem Eifer, der ihre Gefährtin höchlich ergötzte, legte sie das Halsband in das Kästchen zurück und schien fest entschlossen, ein anderes oder gar keines anzunehmen. Miss Crawford fand, sie hätte niemals eine anmutigere Verlegenheit gesehen. «Aber, liebes Kind», sagte sie lachend, «was fürchten Sie eigentlich? Glauben Sie, Henry wird das Halsband als mein Eigentum reklamieren und annehmen, daß Sie nicht auf ehrliche Weise dazugekommen sind? Oder meinen Sie, er würde sich zu sehr geschmeichelt fühlen, wenn er an Ihrem hübschen Hälschen einen Schmuck erblickt, den er vor drei Jahren, als er noch nichts von der Existenz dieses Hälschens ahnte, für sein Geld erworben hat? Oder (mit einem schelmischen Blick) verdächtigen Sie uns vielleicht einer heimlichen Verschwörung, daß ich Ihnen das Kettchen mit seinem Wissen und über seinen Wunsch aufdränge?»
Fanny protestierte tief errötend gegen jeden solchen Gedanken.
«Also dann», versetzte Miss Crawford in ernsterem Ton, aber ohne ihr im mindesten zu glauben, «um mir zu beweisen, daß Sie mich keiner solchen List verdächtigen und daß Sie so frei von Ziererei sind, wie ich Sie immer gefunden habe, nehmen Sie das Halsband, und sprechen wir nicht mehr davon. Daß es zufällig ein Geschenk meines Bruders ist, kann für Sie nicht den geringsten Unterschied machen; ich versichere Ihnen, daß es für mich absolut nichts bedeutet. Henry bringt mir immerfort etwas mit. Ich habe so unzählig viele Geschenke von ihm, daß wir beide sie gar nicht mehr kennen. Dieses Halsband da habe ich wahrscheinlich kaum ein halbes Dutzend Mal getragen. Es ist wunderhübsch, aber ich denke nie daran. Und obwohl ich Ihnen jedes andere Stück aus diesem Kästchen von Herzen gönnen würde, haben Sie zufällig das gewählt, das ich, wenn es auf mich ankäme, lieber in Ihrem Besitz sähe als jedes andere. Bitte, bitte, sagen Sie nichts mehr dagegen! Eine solche Kleinigkeit ist nicht halb soviel Worte wert.»
Fanny wagte keinen weiteren Widerstand. Mit erneuten, aber weniger beglückten Danksagungen nahm sie das Halsband zum zweitenmal an, denn in Miss Crawfords Blick lag etwas, was ihr nicht gefiel.
Es war ihr unmöglich, die Veränderung in Mr. Crawfords Benehmen zu übersehen. Sie hatte sie schon längst bemerkt. Ganz offenkundig suchte er ihr zu gefallen. Er war galant und aufmerksam – er benahm sich zu ihr, wie er sich zu ihren Cousinen benommen hatte. Damit konnte er, wie sie meinte, nur die Absicht verfolgen, sie um ihre Ruhe zu bringen – wie er es bei ihren Cousinen getan hatte. Und ob er nicht doch etwas mit diesem Halsband zu tun hatte – wer mochte das wissen! Sie war nicht überzeugt davon, denn Miss Crawford war eine willfährige Schwester, aber als Frau und Freundin bedenkenlos und unzuverlässig.
Unter solchen Überlegungen und Zweifeln und mit dem Gefühl, daß der Besitz eines Gegenstandes, den sie sich so sehnlich gewünscht hatte, sie durchaus nicht glücklich machte, ging sie nach Hause. Seit sie das letztemal diesen Weg zurückgelegt hatte, waren ihre Sorgen nicht kleiner geworden – sie zeigten nur ein anderes Gesicht.
27. Kapitel
Zu Hause angelangt, begab sich Fanny sogleich ins Ostzimmer, um ihre unverhoffte Erwerbung, dieses zweifelhafte Glück in Form eines goldenen Halsbands, in ein bestimmtes Lieblingskästchen zu legen, das alle ihre kleinen Schätze barg. Doch wer beschreibt ihr Erstaunen, als sie beim Öffnen der Tür ihren Vetter Edmund erblickte, der schreibend an ihrem Tisch saß! Dieser noch nie dagewesene Anblick war ihr beinahe ebenso wunderbar wie willkommen.
«Fanny!» rief er, indem er die Feder hinwarf und mit einem kleinen Gegenstand in der Hand auf sie zukam. «Verzeih, daß ich hier eingedrungen bin. Ich wollte mit dir sprechen, und nachdem ich eine Weile vergeblich gewartet hatte, habe ich dein Tintenfaß benützt, um mein Anliegen schriftlich zu erklären. Du findest hier einen angefangenen Brief an dich, aber jetzt kann ich meine Bitte ja selber vorbringen. Sie besteht nur darin, diese Kleinigkeit von mir anzunehmen – ein Kettchen für Williams Kreuz. Du hättest es schon vor einer Woche haben sollen, aber weil Tom ein paar Tage später, als ich dachte, nach London gekommen ist, hat sich eine Verzögerung ergeben. Ich habe es jetzt gerade in Northampton abgeholt. Hoffentlich wird dir die Kette gefallen, Fanny. Ich habe mich bemüht, mich nach deiner
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