Manta 03 - Ox
bewußtlos, dachte er. Aber als er sich auf die Füße mühte, war Tyrann über ihm. Der klaffende Rachen mit seinen fünfzehn Zentimeter langen Zähnen schloß sich über seinen Beinen.
Einen Augenblick lang war da ein unerträglicher
Schmerz. Dann erkannte dies sein Körpersystem und schnitt den Schmerz ab. Cal wußte, daß er verloren hatte. Ein Bein war abgetrennt worden. Es würde keinen Bericht über diese Welt geben. Der Dinosaurier hatte sich als überlegen erwiesen. Vielleicht war das am besten so.
Aquilon, durch das Beben von den Beinen geholt, wartete auf das Ende der Erschütterungen. Dann rannte sie hinter dem Dinosaurier den Abhang hinauf, flankiert von vier Mantas. Was sie sah, war ein einziger Alptraum.
. zerlumpte, puppenartige Gestalt hoch in die Luft gewirbelt... Kiefer schlossen sich, rissen einen Arm ab... Kopf hing lose an einem gebrochenen Hals ... tote Augen starrten ...
Aquilon schrie.
Tyrann schlang die Reste seines Mahls hinunter, blickte sich dann um, wobei er sich an dem Schrei orientierte. Er sah Aquilon.
Wenn es sich wirklich um einen Alptraum gehandelt hätte, wäre sie dann aufgewacht. Aber es war die Wirklichkeit, und der Karnosaurier hatte immer noch Hunger.
Die vier Mantas versammelten sich um sie, Tyrann zugewandt. Im nächsten Augenblick würden sie angreifen.
»Nein!« rief Aquilon. »Ich werde seinen Kampf beenden - oder mit ihm sterben!«
Denn jetzt, zu spät, erkannte sie, wie sehr sie Cal liebte. Warum hatte sie nie die Initiative ergriffen? Nur auf diese Weise, indem sie die Herausforderung mit ihm teilte, konnte sie die versäumte Gelegenheit ausgleichen.
»Hex und Circe, sucht Veg und kümmert euch um
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ihn. Diam und Star, paßt auf die Orn-Vögel und ihr Nest auf. Kommt nicht zurück zu mir, bevor ich die Angelegenheit mit Tyrann geklärt habe - auf die eine Weise oder die andere.«
Sie entfernten sich, segelten den Berg hinunter wie die Mantarochen, nach denen man sie benannt hatte. Sie war. auf sich allein gestellt.
Sie floh den Berg hinauf, wohl wissend, daß Cal gute Gründe gehabt haben mußte, diesen Weg zu nehmen. Die Kälte - vielleicht würde der Schnee der Höhenlagen die Kreatur stoppen!
Tyrann folgte, allerdings nicht mit der Lebhaftigkeit, mit der er Cal gejagt hatte. Lag es daran, daß er bei seinem Sturz während des Erdbebens innere Verletzungen davongetragen hatte? Oder hatte er ganz einfach keinen so großen Hunger mehr?
Die Dämmerung brach an. Dieser Umstand und die ansteigende Höhe kühlten die Luft schnell ab. Bald war fast die Frostgrenze erreicht, und sie wußte, daß der Schnee nicht mehr weit entfernt war. Sie fror nicht, denn die fortgesetzte körperliche Anstrengung sorgte für Wärme, aber in dem Augenblick, in dem sie stehenblieb, würde sie in Gefahr geraten.
Ihr Fuß verfing sich irgendwo und sie stürzte - mit einem Klatschen. Es war ein kleiner Bach. Jetzt war sie durchgeweicht, und das würde die Gefahr des Erfrierens noch weiter erhöhen. Aber sie konnte nicht haltmachen, denn Tyrann war nicht weit hinter ihr.
Das Wasser war warm! Es sollte eigentlich eiskalt sein, wenn nicht gar gefroren.
Aus einer Eingebung heraus stürmte sie bachauf- wärts. Die Ufer formten sich zu einer Art Schlucht, deren Bettung warm war. Und der Bach wurde so heiß, daß er ihre Füße zum Schmerzen brachte. Schließlich erreichte sie seine Ursprungsquelle: eine Höhle.
Das war die Rettung! Sie warf sich hinein und ließ sich von dem heißen Inneren umfangen. Der Dinosaurier konnte nicht hereinkommen!
Sie legte ihre Kleider ab und wusch sich in dem Wasser, dessen Temperatur bei Badewannenniveau lag. Purer Luxus!
Aber jetzt saß sie hier fest, denn Tyrann lag draußen auf der Lauer, die Nase unmittelbar gegen den Höhleneingang gepreßt. Um entfliehen zu können, würde sie über diese Nase klettern müssen, und sie war ganz bestimmt noch nicht so weit, dies jetzt schon zu riskieren!
Sie legte sich auf einer passenden Felsbank zum Schlafen nieder. Aber jetzt kam der Horror von Cals Tod mit voller Kraft zurück. Wenn sie die Augen schloß, sah sie den monströs klaffenden Rachen, die blutbefleckten Zähne. Auch wenn sie die Augen öffnete, hatte sie dieses Bild barbarischer Wildheit noch immer vor sich. Und den winzig erscheinenden Körper, in die Luft geschleudert wie die Maus von der Katze, zerschmettert, verstümmelt, in Rot gebadet.
»Cal! Cal!« rief sie voller Qual. »Warum habe ich dir meine Liebe nicht vor deinem Tod
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