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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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aus.«
    McAlister gehorchte, schüchtern, wie sie fand. Und jetzt?, fragte sie sich. Legen wir sie jetzt still oder nicht? Wir können Bobby nicht in diesem Zustand lassen.
    Und doch taten sie es.
    Im Beobachtungsraum setzten McAlister und sie sich an die Station der Schwester. Natalie beobachtete McAlister, wie er sie beobachtete und versuchte, sich mit einem Lächeln und einer verschworenen Bemerkung, dass sie hier Spitzenforschung erlebten, beliebt zu machen.
    Natalie begriff nicht, wieso ihr Vater in etwas einwilligte, das so grundlegend gegen jedes Berufsethos verstieß. Vielleicht, weil man ihn, würde er das Richtige tun, aus Michail Guskows innerem Kreis ausschlösse? Noch nie hatte er sich solche Kleingeistigkeit anmerken lassen. Steckte vielleicht mehr dahinter?
    Natalie zermarterte sich das Hirn, ob irgendetwas aus Judes Dossier eine Erklärung bot, doch ihr fiel nichts ein. Während Bobby schlief, saßen sie nebenan. Die Zeit verstrich. Natalie verlangte es mit jeder Faser danach, etwas zu unternehmen: aufzustehen, auszuprobieren, ob McAlister wirklich auf sie schießen würde, sich den Scanner zu schnappen, der so verdammt nahe auf dem Gehäuse des Computers lag, und Bobby vor dem zu bewahren, was immer ihr erbärmliches Programm mit ihm anstellte.
    Auf dem Gang standen noch mehr Schergen des Ministeriums, ebenfalls bewaffnet. Wenn sie es versuchte, wären sie dann schnell genug hier, um sie zu retten? Und wenn, wen würden sie zuerst erschießen?
    Die Uhr brachte die Welt auf fünf nach zwei, und Natalie blieb in Angst und Unentschlossenheit erstarrt.
    Etwa eine Minute später, während sie noch immer versuchte, allen Mut zu mobilisieren, um sich McAlisters Waffe entgegenzustellen, ertappte sie sich bei dem Gedanken: Meine Güte, ist das hell hier drin. Wer hat denn Licht gemacht?
    »Ich schalte das Licht ab …«, sagte sie und ging zum Schalter. Doch bevor sie ihn erreichte, hörte sie McAlister flüstern: »Verdammt noch mal! Sind die Kameras an?«
    Natalie blickte im gleichen Moment über die Schulter, als ihre Finger den Lichtschalter fanden und ertasteten, dass er bereits auf Dämmerstufe stand. McAlister war vorgesprungen, zögerte nun aber. Seine Fingerspitzen berührten die Glaswand von Bobbys Zimmer, und sein Mund stand halb offen.
    Die Laken rings um Bobby tauchten sein schweißiges Gesicht in einen blassen Schimmer – sie leuchteten, als strahlten sie von innen heraus oder lägen unter der Schwarzlichtlampe aus einem Nachtklub. Lebhaft stach ihre Super-Weiße hervor, durchflutete den Raum und verlieh McAlister einen gelblichen Schatten, der sich bis über die Kontrolltafel reckte.
    Natalie begriff nicht, was sie sah. Sie wandte sich um und rieb mit der Hand ihre müden, überreizten Augen, doch als sie wieder hinschaute, war die Helligkeit immer noch da und nahm langsam, aber stetig an Intensität zu. Natalie ging ans Fenster, drückte das Gesicht gegen das Sicherheitsglas und sah Kopf, Gesicht und Schultern Bobby X’ leuchten, als wäre es ein Spezialeffekt beim Erwachen eines Heiligen oder Dämons in einem Low-Budget-Film.
    Im gleichen Moment ging der Notalarm los – ob vom Gewissen ihres Vaters ausgelöst oder den Nano-Detektoren im Krankenzimmer, wusste Natalie nicht zu sagen. McAlister fuhr bei dem schrillen Getöse zusammen und begann lautstark zu protestieren, während er sich den Schweiß von der Stirn wischte. Im Gegensatz zu ihm fühlte Natalie sich so kalt, als wäre sie aus Eis, und in diesem Augenblick nahm ihr Mut endlich Gestalt an. Sie packte ihren Scanner und schob sich durch die Tür.
    Während sie an den Einstellungen hantierte, sah sie das Licht auf ihren Händen und ihrem Labormantel. Es begann sich zu verändern; es verlor die grelle Weiße und verleitete Natalie, wertvolle Sekunden zu verschwenden, indem sie den Kopf zu Bobbys Bett hob – sein ganzer Körper begann ein violettes Leuchten auszustrahlen. Wärme lief Natalie über die Hände und das Gesicht, und ihre Augen tränten und schmerzten. Sie lud die Stilllegungs-Befehle und krümmte den Finger um den Abzug, doch der Scanner meldete immer wieder »Übertragung fehlgeschlagen«. Hastig prüfte sie Stromversorgung und System – alles bestens.
    Die Hitze nahm zu, und sie musste geblendet zurücktreten. Sie versuchte es weiter mit der Scannerpistole, obwohl sie sich schon sagte, das Signal des Gerätes werde vermutlich durch das Licht gestört, das Bobby aussandte; genauso gut hätte sie versuchen können, mit

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