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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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bedachte sie mit einem missmutigen Blick und kickte weiter gegen die Stuhlbeine.
    Jude zögerte. Er hatte noch keinen Bissen gegessen, obwohl Natalie schon den Mund voll hatte. Sie sah den mürrischen Jungen finster an, als er das nächste Mal zu ihr blickte.
    »Kann man dadurch meine Gedanken lesen?«, fragte er.
    Natalie schluckte, blinzelte und sah ihm in die Augen. »Wie ich schon sagte … nicht, solange niemand weiß, dass du es in dir hast.«
    »Sagenhaft«, meinte er und machte sich über sein Essen her.

 
19
     
     
    Niemand war erstaunter als Mary Delaney, als sie erfuhr, dass Natalie Armstrong sich aus freien Stücken auf einem Polizeirevier unweit des Capitols gestellt hatte. Die Nachricht trat als vordefinierter Alarm von einem ihrer Datapilots ein, und eilends stellte Mary sicher, dass Dr. Armstrong unverzüglich nach Fort Detrick geschafft wurde, wo sie auf ihre Verlegung in die Abgeschottete Anlage warten sollte.
    Und endlich kam Mary zu Jude durch.
    »Es tut mir sehr Leid«, sagte sie, als er antwortete und sie sah, dass er zu Hause war. »Was hast du denn gemacht? Warst du untergetaucht? Ich war bei dir, um nach dir zu sehen, aber keine Spur von dir.«
    Er seufzte. »Tja, ich bin ans Meer gefahren und habe mich ans Ufer gesetzt und aufs Wasser geblickt. Ich brauchte frische Luft und etwas Abstand.«
    »Wann ist die Beerdigung?«
    »Nächste Woche. Ich nehme ein paar Tage Urlaub und fahre nach Montana. Ich weise dich in den Atlanta-Fall ein, und du kannst ihn übernehmen, wenn es dir recht ist.« Er schien nicht interessiert daran zu sein, ein krasser Gegensatz zu dem Feuereifer, den er noch vor zwei Tagen gezeigt hatte.
    Mary fragte sanft und in der Hoffnung, er würde verneinen: »Machst du weiter, wo White Horse aufgehört hatte?«
    »Bei der Untersuchung dieses Zwischenfalls in Deer Ridge?«
    Jude rieb sich mit beiden Händen das Gesicht. »Ich weiß noch nicht. Falls sie fassbare Beweise gehabt haben sollte, so sind sie gestohlen worden oder sonst wie verschwunden. Ohne Beweise haben wir nur die Berichte der Ärzte und die Aussagen, die von den Regierungsanwälten in der Luft zerrissen werden. Ich brauche einen Zeugen, der im Kreuzverhör nicht zusammenbricht. Vielleicht ginge das sogar. Aber dann ist da noch die Geschichte mit den Bodenschätzen auf dem Land, und die wird man ausgraben. Ich sehe schon, wie die Regierung und die Reservationsverwaltung behaupten, wir wollten nur Unruhe stiften, um den Verlauf des anderen Prozesses zu beeinflussen. Es könnte Jahre dauern, bis man die nötigen Beweise zusammenhat und vor Gericht gehen kann, und inzwischen«, er blickte sie trübsinnig an, »reiten die geheimen Aspekte dieser Methodik uns vielleicht ganz tief in die Scheiße. Deshalb weiß ich es nicht. Ich würde gern weitermachen, aber im Moment kann ich einfach nicht darüber nachdenken, verstehst du?«
    Mary nickte lächelnd. Sie berührte das Display, wo Judes Gesicht zu sehen war, und fuhr mit dem Finger über die eine Hälfte. »Pass auf dich auf. Ich komme vorbei, sobald ich im Büro fertig bin.«
    »Brauchst du nicht«, entgegnete er. »Ich komme ins Büro. Wir sehen uns dort.«
    Nach diesem Gespräch fühlte sie sich viel besser; nun würde er ihr mitteilen, was er wusste, und sie konnte ihn behutsam irgendwohin bugsieren, wo er vor den Folgen von Mappa sicher wäre. Im Augenblick hinkte sie nur mit ihrer FBI-Tätigkeit hinterher, und deshalb benötigte sie den Tag, um Berichte zu schreiben, die Perez überzeugten, dass sie zu Hause wirklich ernsthaft gearbeitet hatte. Darum konnte sie Dr. Armstrong nicht persönlich aufsuchen, aber das machte wahrscheinlich keinen Unterschied. Die Einweisung konnte sie General Bragg überlassen, dem Kommandeur der Anlage, und Guskow kümmerte sich schon um den Rest.
    Als Mary auf dem Weg zur Arbeit den Rasen zwischen dem Bürogebäude und den Laboratorien überquerte, hatte sie plötzlich das Gefühl, beobachtet zu werden. Sie drehte sich um, sah über dem gepflegten, kurz geschnittenen Rasen aber nur das leichte Flimmern warmer, aufsteigender Luft. Die Bäume rechts standen reglos, die Fenster des Computer-Centers mit ihrer wärmeabweisenden, kühlenden Verglasung hatten sich geschwärzt. Außer ihr war niemand im Innenhof. Doch das Gefühl, ein nicht greifbares Jucken zwischen den Schultern, verstärkte sich noch. Sie schaltete das Pad ein und überprüfte die Umgebung, doch bis auf einige automatische Überwachungskameras zeigte es nichts an.
    Sie

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