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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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Trotz aller Schmerzen versuchte er aufzublicken, ob eventuell noch mehr kam. Hoffentlich war Natalie fort. Seine Beine wollten ihn nicht mehr tragen. Er schmeckte Magensäure und sah, wie der Wind ein Kit-Kat-Papier durch den Rinnstein fegte, und am liebsten hätte er darüber gelächelt – über etwas Normales in diesem entsetzlichen Augenblick.
    »Verzieh dich, bevor ich die Beherrschung verliere.« Ohne Dan einen weiteren Blick zu gönnen, trat der Mann aus der Dunkelheit in das Laternenlicht – nur ein schwerer Mantel, als bestände er aus einem bisschen Kleidung über zwei aufeinander gestellten Mülleimern, die sich geschmeidig und geölt bewegten. Mit raschen Schritten ging er auf die Kirche zu. Dan war machtlos. Er konnte den Fremden nicht aufhalten, doch nach einem Augenblick hielt der Mann inne und fluchte leise vor sich hin; er hatte eine kultivierte Aussprache, die Aussprache jener Sorte von Schlägern, die ein gutes Internat besucht haben, wo kein schmutziges Wort je natürlich klingt und immer fehl am Platze wirkt.
    An eine Gartenmauer gelehnt, blickte Dan über die Schulter und erkannte an der Schattenlinie, dass niemand unter den Bäumen stand. Er beugte sich vor, erbrach sich aus leerem Magen und keuchte, bis das forsche Schrittgeräusch der neuen Schuhe, die der Mann trug, im Hintergrundlärm von Autos und Stimmen untergegangen war.
    Der Regen fiel nun stärker, rauschte funkelnd auf die Straße.
    Eine Gruppe junger Frauen strich als parfümiertes Klappern hoher Absätze an ihm vorbei. Eine von ihnen fragte: »Bist du das, Dan Connor?«
    Es war Edie Charlton. Dan grinste, richtete sich auf und versuchte, nicht das Gesicht zu verziehen, als ihm ein quälender Schmerz durch die Leibesmitte schoss.
    »Hallo. Ich … ich gucke hier nach den Straßenschildern. Kleines Hobby von mir. Hier ist immer noch YO2, dabei sind wir schon fast außerhalb der Mauer, wusstest du das? Erstaunlich. Das gehört zu meiner genauen Untersuchung der Postleitzahlbezirke und der Verteilung städtischen Verfalls.«
    Die Schwestern kicherten; sie arbeiteten alle in der Klinik und in der District Mental Health Unit und kannten ihn gut. Edie nahm Dans Arm. »Wir wollen ins Lendal Cellars. Kommst du mit? Na los, sei nicht schüchtern. Da unten findest du mehr nette Jungs als hier in der Gosse.«
    »Ja, und verkauf dich hier bloß nicht, diese Mistkerle haben sowieso kein Geld!«, rief ein anderes Mädchen aus vollem Halse. Umgeben von einem leichten Nebel aus Pernod und Obsession, zogen sich ihn mit sich zur Stadt, unablässig über ihre trunkene Blödelei lachend.
    Dan blickte in jede Abzweigung, doch weder von der glatt rasierten Mülltonne im Mantel noch von Natalie oder dem Amerikaner sah er eine Spur.
     
    Auf der anderen Seite der niedrigen Friedhofsmauer lag Natalie in einem Bett aus durchnässtem Unkraut unter dem schweren Leib des amerikanischen Agenten, der ihr mit der Hand locker den Mund zuhielt, und gestand sich ein, dass sie tatsächlich überrascht war. Sie wartete einen Augenblick, dann berührte sie mit der Zungenspitze seine Handfläche. Er nahm die Hand weg.
    »Ich muss schon sagen«, wagte sie ihm voller Ironie ins Ohr zu flüstern, das sich so praktisch dicht vor ihrem Mund befand, »normalerweise gehe ich bei der ersten Verabredung nicht so weit.«
    »Ein Kerl ist mir oder Ihnen gefolgt – oder uns beiden«, wisperte er zurück, »aber etwas hat ihn abgelenkt.«
    »Aber ja. Natürlich.« Sie ignorierte das Wasser, das ihr über den Rücken und den Nacken sickerte, und konzentrierte sich stattdessen ganz darauf, wie sich die harten Muskeln anfühlten, die ihr über die Beine strichen, als der Mann aufstand. Viel besser als das, worin immer sie am Vortag auf dem Teppich getreten war. »Bestimmt ist er noch nicht fort.«
    »Doch.« Er bemerkte nicht, wie sie es meinte.
    Natalie dachte verärgert: Das hätten die zehn besten Sekunden meines Lebens sein können, und sie sind schon vorbei. Der Teil von ihr, der kein Klugscheißer war, empfand gelinde Abscheu vor dieser Sentimentalität. Aufrichtige Emotionen machten ihr Angst.
    Sie erhoben sich in der beinah vollständigen Dunkelheit und klopften sich die Kleider ab.
    »Tut mir Leid«, sagte er, und es klang aufrichtig. »Das war ziemlich dumm. Ich bin heute Abend ziemlich nervös. Ich weiß auch nicht, warum. Wahrscheinlich ist er uns gar nicht gefolgt. Da ist überhaupt niemand.« Er blickte sich rasch um.
    »Entschuldigen Sie sich nicht.« Sie bückte sich

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