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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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Bier, als der Barkeeper es ihm über zwei andere Gäste hinweg anreichte. Normalerweise hätte er jede Sekunde dieser 1A-Ablenkung genossen, nun aber bahnte er sich nur einen Weg zurück zu seinem Platz und goss sich gemächlich, aber beständig das erste von zwei Extra Lagers in die Kehle.
    »Was is’ ’n mit dir?« Schwester Charlton stieß ihn mit dem Ellbogen an. »Vor ’ner Minute ging es dir doch noch gut. Bist du einer alten Flamme begegnet?«
    Dan schüttelte den Kopf, plötzlich um eine Antwort verlegen, und grinste gewinnend, was sie offenbar zunächst einmal zufrieden stellte. Aus irgendeinem Grund schienen sämtliche Schwestern der Meinung zu sein, jede Veränderung seines Sexuallebens ereigne sich allein, um sie zu ergötzen, damit sie darauf neidisch sein konnten oder etwas zu diskutieren hatten. Er ärgerte sich darüber, obwohl er zugeben musste, dass er den spitzen Schwulen die meiste Zeit so klischeehaft spielte, wie er konnte. Die Nase halb im Glas, begann der Alkohol zu wirken, und er verabscheute sich immer mehr. Was tat er hier? Und wie spät war es?
    Halb neun, sagte sein Pad. Zehn Minuten brauchte er, um zum Swan zu laufen. Gerade Zeit genug, noch was zu trinken, wenn er sich beeilte. Er bat Schwester Johns, die die nächste Runde holte, ihm ein Lager und einen Scotch mitzubringen.
    Johns neigte ihm ihr hübsches braunes Gesicht zu. »Bist du sicher? Der Abend ist noch jung.«
    Er nickte energisch und spürte Übelkeit. Hätte er sich Carters Nachricht doch nur nicht angesehen. Er wusste nicht, was sie zu bedeuten hatte, und wenn er genug trank, würde er sie schon vergessen. Die Anfrage schien nahe zu legen, dass Westhorpe ein schlechter Kerl war, doch Natalie hätte ihn sofort durchschaut und sich nicht mit ihm abgegeben, also konnte das nicht sein. Dann wiederum konnte Carter vielleicht selbst … doch hier machte sein Verstand wie von allein eine Kehrtwende. Sobald er versuchte, sich über die Ministerialbeamtin klar zu werden, schien es, als würde er magnetisch abgestoßen. Er mochte Shelagh Carter. Shelagh Carter war okay, eine von den Guten, sie stand auf der richtigen Seite. Davon war er fest überzeugt.
    Aber Natalie und der Amerikaner … und da war es wieder. Wie dieses Gefühl des Gewichtsverlusts, das er beim Einschlafen manchmal hatte. Dann trieb er gerade über dem Boden, sah aber plötzlich, wie er einen Schritt über die Kante einer Klippe oder eines Bordsteins machte, und stürzte in einem entsetzlichen Fall ab und fuhr aus dem Schlaf hoch. Darauf folgte eine benebelte Sekunde im Nichts. Als sie vorüber war, stand in seinem Bauch und in seinem Kopf eines fest: Shelagh hatte Recht und er Unrecht. Er vertraute ihr vorbehaltlos.
    Nur dass er auch Natalie vorbehaltlos vertraute, und nun wollten, nun konnten die beiden nicht mehr miteinander vereinbart werden. Dan dachte an Natalie. Er wusste, dass sie klüger war als er. Er konnte ihr davon erzählen – aber nein, eine Faust, die sich um seine Innereien schloss, verbot ihm, auch nur darüber nachzudenken. Er war nicht in der Lage, irgendjemandem von Shelagh zu erzählen. Es handelte sich um ein wichtiges Geheimnis. Regierungssache. Es war lebenswichtig, nichts zu erzählen.
    Irgendwo in seinem Hinterkopf, in einer unbenutzten Nische (von der es viele gab) war Dan sich gewahr, dass er normalerweise so nicht dachte. Normalerweise empfand er nicht erst den einen Impuls und im nächsten Augenblick einen genau entgegengesetzten. So schnell oder so kompliziert war er nicht.
    Johns stellte seine Getränke vor ihn auf den Tisch, und er trank und nahm am Gespräch teil, bis es Zeit war zu gehen. Er sagte, er sei mit Natalie verabredet, und ging, ohne sich an etwas von dem zu erinnern, worüber er gerade noch mit den Krankenschwestern gesprochen hatte. Als die kalte Luft ihn traf, spürte er augenblicklich, dass ihm sehr übel werden würde, aber das wollte er nicht, weil der Alkohol die Serpentinen glättete, denen sein Kopf zu folgen versuchte. Durch einen Schleier des Elends dämmerte ihm, was er gerade durchmachte, aber das war nicht möglich, das durfte nicht sein. Die Symptome, die Reaktionen, das emotionale Auf und Ab – sie entsprachen dem klassischen Fall. Trotzdem konnte er es nicht glauben. Das Zeug wurde noch nicht benutzt. Das Projekt war höchstens zu einem Drittel vorangeschritten. Also war es unmöglich.
    Er musste zu Natalie, und sie würde ihm klar machen, wieso er sich irrte.
    Dan hatte den Weg zum Black Swan halb

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