Mara und der Feuerbringer Band 2 - Das Todesmal
nach oben, als wolle sie zeigen, dass sie unbewaffnet war.
»Wir begehren nur den Jungen, kleine Wala. Willst du ihn uns nicht überlassen?«, hörte Mara die sanfte, aber entschlossene Stimme direkt in ihrem Kopf.
»Ic h … ä h … wi r … wir werden dieses Anliegen wohlwollend prüfen, aber bitte haben Sie Verständnis, dass diese Prüfung eingehend zu sein hat, und darum etwas mehr Zeit in Anspruch nimmt«, antwortete Mara und spürte den verwunderten Blick des Professors an ihrer Seite.
Die Nornen hielten inne und sahen Mara komisch an. Sie machten auch keine Anstalten, sich weiter zu nähern. So weit, so gut.
»Du überraschst mich immer wieder«, ließ sich der Professor vernehmen. »Und ich habe gerade noch etwas erkannt, das uns schon früher hätte auffallen können: Geister- oder götterartige Gestalten können direkt in unseren Köpfen sprechen und nur Menschen müssen sich mündlich entsprechend ihrer Herkunft und Zeitepoche verständigen. Ist das nicht faszinierend?«
»Wie schön, dass wir nun auch dieses Rätsel gelöst haben, und wie schade, dass wir es vielleicht gleich mit ins Grab nehmenwassagichdenendennjetzt!«, schimpfte Mara leise, ohne die Nornen aus den Augen zu lassen.
»Die Wissenschaft ist ratlos, die Wissenschaft denkt«, entgegnete der Professor.
»Weiche, Wala! Gib uns den Jungen«, tönten plötzlich wieder die Stimmen der Nornen in Maras Kopf.
Sie hatten also beschlossen, nicht mehr weiter zu warten. Ganz im Gegenteil: Die Augen der Nornen wurden schmal und dunkel, die Gesichtsfarbe irgendetwas zwischen grau und grünlich, die Wangen- und Schädelknochen traten hervor und die Haut spannte sich nun so spröde darüber, als würde sie gleich zerreißen.
Mara spürte, wie der Professor erschrocken einatmete, als auch die Finger der drei Frauen immer länger wurden, bis sie kaum mehr an menschliche Glieder erinnerten, sondern vielmehr an die Beine einer Spinne!
Die linke Norne schloss nun die Augen und schien etwas zu murmeln. Sofort kam Wind auf, der schnell stärker wurde. Nach wenigen Augenblicken wirbelte er schon Erde, Blätter und lose Zweige in die Luft und ließ sie innerhalb der Senke immer schneller im Kreis rotieren. Im Auge des Sturms standen Mara und der Professor vor den Nornen und wichen nicht vom Fleck.
»Sie kontrolliert den Wind!«, brüllte der Professor über das Heulen und Rauschen hinweg. »Ich hoffe mal, nicht für die gesamte Welt, aber immerhin für diesen Umkreis.«
»Warum zeigen sie uns das?«, rief Mara. »Wenn die so was können, warum pusten sie uns nicht einfach weg?«
»Vielleicht dürfen sie nicht. Es kann gut sein, dass du freiwillig beiseitetreten sollst. Auch der Junge musste sich ihnen ja freiwillig anbieten.«
»Das sieht aber alles verdammt unfreiwillig aus!«
»Stimmt, aber sie wenden keine direkte Gewalt an!«
»Ah, diese Art von freiwillig!«
»Ja, was das angeht, sind sie wohl eher genügsam!«
»Weiche«, befahlen die Nornen noch einmal im Chor und ihre Stimmen klangen längst nicht mehr menschlich. Die dürren Krallen klackerten, als sie ihre Spinnenfinger ausbreiteten und dazu wütend fauchten.
»Keine Gewalt? Wie sicher ist das?«, fragte Mara panisch.
»Nur eine Theorie! Keine Gewähr!«
»Na super! Haben Sie denn auch irgendeine Idee, was wir jetzt machen sollen oder nur noch weitere Theorien?«, schimpfte Mara.
Der Professor schwieg, aber Mara hatte jetzt weder Lust noch Zeit, sich zu entschuldigen.
Denn plötzlich kreischten die Nornen laut auf und Mara zuckte erschrocken zusammen. Instinktiv duckte sie sich und kniff die Augen zu, wich aber nicht von der Stelle.
Da hob die Mittlere die Hand zum Schlag und spreizte ihre Krallenfinger. Schneller, als Mara reagieren konnte, stand plötzlich der Professor vor ihr und stellte sich in den Weg. Und ebenso schnell war er auch schon wieder verschwunden, als die Norne ihn mit einem Schlag zur Seite schmetterte wie eine lästige Fliege. Der sie umgebende Sturm erfasste ihn sofort und schleuderte ihn brutal gegen die Böschung der Senke. Sein Blick wurde leer, die Glieder erschlafften und er sackte nur deswegen nicht in sich zusammen, weil ihn der Wind mit dem Rücken gegen den Rand der Senke presste.
Der Anblick ihres hilflosen Mitstreiters nahm Mara für einen Moment die Luft zum Atmen. Die Nornen waren tatsächlich zu allem bereit, um sie dazu zu bringen, freiwillig den Weg zu räumen!
Doch das konnten sie mal getrost vergessen! Das war nicht der Weg, mit dem man
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