Mara und der Feuerbringer, Band 3: Götterdämmerung (German Edition)
Thurisaz alias Dr. Riese. Also führen sie uns zu ihm. Bin mal gespannt, wo der Herr sich zum Nächtigen herablässt.«
Als sie am Lenbachplatz in die Pacellistraße einbogen, war auch Mara klar, dass der Herr Runenriese sich offensichtlich nicht lumpen ließ. Tatsächlich warteten die beiden Raben bereits auf dem blauen Vordach über dem Haupteingang des Hotels Bayerischer Hof am Promenadeplatz.
Mara kannte das Hotel, denn sie war hier schon mal mit der Schule im Theater gewesen. Die Komödie im Bayerischen Hof hatte ihren ebenso blau überdachten Eingang direkt daneben.
»Der wohnt nicht nur recht feudal, der Runenriese, er hat wohl auch keine Lust auf weite Arbeitswege«, sagte der Professor gerade. »Der Feldherrnkeller ist nur ein paar Hundert Meter entfernt. Schau mal, Frau Ex, da ist doch glatt ein Parkplatz.«
Während Steffi in die Parklücke rangierte, sah Mara an Thumelicus vorbei aus dem Fenster. Der schaute interessiert auf ein Denkmal mitten auf dem Promenadeplatz, dessen Sockel über und über mit Bildchen beklebt war. Rundherum waren Kerzen und Blumen drapiert.
Das würde ich dir jetzt gerne erklären, dachte Mara. Aber leider hab ich grad keine Götterkraft, und ich fürchte, die Raben werden mir dafür auch nix hergeben.
Als sie ausstiegen, musterte auch Steffi verwundert das Denkmal. »Wusste gar nicht, dass Orlando di Lasso so viele Fans hat«, wunderte sie sich.
»Das ist auch nicht für den Orlando, sondern für Michael Jackson«, erklärte Mara, die nämlich zwei Mädels in der Klasse hatte, die hier auch schon mal was drangeklebt hatten.
»Darf ich eure Aufmerksamkeit mal kurz weg von verstorbenen Popstars hin zu lebenden Möchtegerngöttern wenden?«, fuhr Professor Weissinger dazwischen. Er winkte Steffi, Mara und Thumelicus in den, vor Blicken geschützten, Eingang des Theaters. »Also, es scheint so, als residiere Thurisaz hier. Somit sollten wir das auch tun. Wir nehmen auf jeden Fall ein Zimmer direkt neben ihm, egal was für eins das ist. Und danach entscheiden wir, in welcher glaubhaft sinnstiftenden Konstellation wir hier einziehen. Einverstanden?«
Mara und Steffi nickten. Als hätten sie geahnt, was als Nächstes anstand, flatterten da auch schon die beiden Raben herbei. Der Professor wendete sich an sie: »Sehr gut. Hier ist mein Vorschlag: Ihr zeigt uns bitte erst mal das Fenster von Runenrieses Zimmer, und dann seit ihr bitte so freundlich und setzt euch vor die Fenster der angrenzenden Zimmer und bleibt so lange dort, bis wir eins davon betreten haben, ja?«
Die Raben schienen einverstanden, denn sie flogen sofort wieder los.
»Hinterher!«, rief der Professor, und sie traten wieder hinaus auf die Straße.
Über dem Promenadelatz schraubten sich die Raben in weiten Bögen immer weiter und weiter in die Luft. Mara blinzelte gegen die Sonne, um die Vögel nicht aus den Augen zu verlieren. Sie war erstaunt, als die Vögel sich nicht etwa vor einem Fenster absetzten, sondern auf einer Art Brüstung.
»Fünf … sechs … sieben. Der siebte Stock also. Na gut«, brummte der Professor. »Also los.« Er winkte Mara und den anderen, ihm ins Hotel zu folgen.
Mara war schon ein bisschen aufgeregt, als sie an den beiden Portiers in eleganter Livree vorbei in die Lobby des Fünf-Sterne-Hotels traten. Die hatten allerdings kaum Aufmerksamkeit für die drei übrig, da sie gerade damit beschäftigt waren, eine Gruppe aufgedrehter, jugendlicher Fans mit Fotoapparaten und Autogramm-Utensilien in Schach zu halten. »Mia braucha a Absperrung! I hobs glei gsogt, aba auf mi head ja koana, zefix!«, schimpfte der ältere der beiden Portiers. Der andere antwortete nicht, denn er versuchte gerade, zwei Mädchen daran zu hindern, zwischen Mara und den anderen in die Lobby zu schlüpfen. »Hiergeblieben!«, rief er und zog die beiden nur so unsanft wie unbedingt nötig zurück aus der Tür.
Dies war nichts Ungewöhnliches für das Hotel Bayerischer Hof , denn es diente allen möglichen Stars und Sternchen als beliebter Schlafplatz während eines Münchenaufenthalts.
Mara war noch nie hier drin gewesen. Man kam schließlich selten bis gar nicht in die Situation, in der eigenen Stadt im Hotel zu schlafen. Das Ganze wirkte auf Mara allerdings weniger wie ein Hotel als vielmehr wie eine Art Schloss. Die Eingangshalle verfügte über alles, was man gemeinhin mit Schlössern verband. Große Freitreppen, eine Balustrade von der man hinunter in die Lobby blicken konnte, und hohe Doppeltüren, die
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