Marc Levy
bin keine Voyeurin. Nun ja, Sie sind gar nicht schlecht gebaut. Mal abgesehen von den Pölsterchen auf den Hüften, die man im Auge behalten muß, sind Sie recht ansehnlich.«
Arthur runzelte die Stirn. Sie war sehr überzeugend, oder vielmehr sehr überzeugt, aber er hatte das Gefühl, sich im Kreis zu drehen, die Geschichte dieser jungen Frau machte einfach keinen Sinn. Wenn sie daran glauben wollte, so war das ihre Sache, er hatte keinerlei Grund, ihr das Gegenteil beweisen zu wollen, schließlich war er nicht ihr Psychiater. Er wollte einfach nur schlafen, und um der Sache ein Ende zu bereiten, erbot er sich, sie für diese eine Nacht zu beherbergen.
Er würde mit dem Sofa vorlieb nehmen, das er, wie sie meinte, unter so großen Schwierigkeiten an den richtigen Platz gestellt habe, und ihr das Bett überlassen. Morgen würde sie nach Hause zurückkehren, ins Krankenhaus oder wohin immer sie wollte, und ihre Wege würden sich wieder trennen.
Aber Lauren war nicht einverstanden, mit grimmiger Miene baute sie sich vor ihm auf, fest entschlossen, sich Gehör zu verschaffen. Nachdem sie tief Luft geholt hatte, betete sie ihm eine stattliche Reihe von Ereignissen herunter, deren Zeugin sie im Laufe der vergangenen Tage geworden war. Sie wiederholte ihm ein Telefongespräch, das er zwei Tage zuvor gegen elf Uhr abends mit Carol-Ann geführt hatte. »Sie hat einfach aufgelegt, nachdem Sie ihr, übrigens ziemlich pathetisch, auseinandergesetzt haben, warum Sie nichts mehr von dieser Geschichte wissen wollen. Glauben Sie mir!« Sie erinnerte ihn an die beiden Tassen, die ihm beim Auspacken zerbrochen waren, »Glauben Sie mir!«, daran, dass er 38
verschlafen und sich unter der Dusche verbrüht hatte,
»Glauben Sie mir!«, und schließlich daran, dass er eine Ewigkeit nach seinen Schlüsseln gesucht und sich furchtbar darüber aufgeregt hatte. »So glauben Sie mir doch endlich, verflixt noch mal!« Übrigens schien er recht zerstreut zu sein, die Schlüssel hatten auf dem kleinen Tisch am Eingang gelegen. Am Dienstag um fünf Uhr nachmittags war die Telefongesellschaft gekommen und hatte ihn eine halbe Stunde warten lassen. »Und Sie haben ein Pastrami-Sandwich gegessen, Sie haben Ihr Sakko dabei bekleckert und mussten sich umziehen, bevor Sie wieder aus dem Haus gegangen sind.
Glauben Sie mir jetzt?«
»Sie bespitzeln mich wohl schon ziemlich lange. Weshalb?«
»Aber wie sollte ich Sie denn bespitzeln? Sind wir hier etwa in Watergate? Sehen Sie versteckte Kameras und Wanzen in allen Ecken!«
»Warum eigentlich nicht! Das wäre immer noch
glaubwürdiger als Ihre Geschichte, oder?«
»Nehmen Sie Ihre Autoschlüssel!«
»Wo soll's denn hingehen?«
»Ins Krankenhaus, ich zeige mich Ihnen.«
»Was Sie nicht sagen! Es ist fast ein Uhr morgens, und ich werde mal eben ans andere Ende der Stadt fahren, in ein Krankenhaus hineinspazieren und die Nachtschwester dringlich bitten, mich in das Zimmer einer jungen Frau zu begleiten, die ich nicht kenne, weil nämlich ihr Gespenst in meiner Wohnung herumspukt, ich aber gerne schlafen möchte, das Gespenst wiederum sehr dickköpfig und dies die einzige Möglichkeit ist, es dazu zu bringen, dass es mich in Frieden lässt.«
»Sehen Sie eine andere?«
»Eine andere was?«
»Eine andere Möglichkeit. Denn versuchen Sie nicht, mir weiszumachen, dass Sie jetzt schlafen könnten.«
»Was, o Herr im Himmel, habe ich getan, dass mir so was 39
passiert?«
»Sie glauben nicht an Gott, das haben Sie am Telefon zu Ihrem Geschäftspartner gesagt, im Zusammenhang mit irgendeinem Vertrag: >Paul, ich glaube nicht an Gott. Wenn wir diesen Auftrag bekommen, dann weil wir besser sind als unsere Mitbewerber, und wenn wir ihn verlieren, dann müssen wir überlegen, warum, und es noch einmal versuchen.< Also, versuchen Sie es noch einmal, für fünf Minuten, das ist alles, worum ich Sie bitte. Ich brauche Sie, Sie sind der einzige Mensch ...«
Arthur nahm das Telefon und wählte die Nummer seines Kompagnons.
»Habe ich dich geweckt?«
»Mitnichten. Es ist ein Uhr morgens, und ich bin extra wach geblieben, weil ich auf deinen Anruf gewartet habe«, antwortete Paul.
»Wieso, sollte ich dich anrufen?«
»Nein, du solltest mich nicht anrufen, aber ja, du hast mich geweckt. Was willst du um diese Zeit?«
»Dir jemanden geben und dir sagen, dass deine Witze immer blöder werden.«
Arthur hielt Lauren den Hörer hin und forderte sie auf, mit seinem Partner zu sprechen. Sie konnte das Telefon
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