Marc Levy
Einwände gegen dieses wahnwitzige Vorhaben vorzubringen.
Sie stiegen ins Auto, er öffnete die ferngesteuerte Garagentür und fuhr auf die Green Street. Es war dunkel. Die Nacht mochte ruhig sein, er war es nicht. Er fuhr schnell zum Memorial Hospital und bog dort direkt auf den Parkplatz der Unfallstation. Lauren fragte ihn, was er vorhabe, doch er lächelte nur: »Folge mir und lach nicht!«
Kaum dass er durch die äußere Tür der Notaufnahme getreten war, krümmte er sich und steuerte in dieser Haltung auf den Empfangsschalter zu. Der Nachtportier fragte ihn, was mit ihm sei. Er habe furchtbare Magenkrämpfe, erklärte er, die zwei Stunden nach dem Essen eingesetzt hätten. Er betonte zweimal, dass er bereits am Blinddarm operiert sei, seitdem jedoch schon mehrmals unter diesen unerträglichen Schmerzen gelitten hätte. Ein Stationshelfer forderte ihn auf, sich auf eine Bank zu legen, bis sich ein Arzt seiner annehmen würde. Selbst Lauren, die auf der Armlehne eines Rollstuhls saß, musste nun 95
lächeln. Arthur spielte seine Rolle perfekt, sie hatte sich beinahe schon Sorgen gemacht, als er da eben fast zusammengebrochen war.
»Du weißt nicht, was du da tust«, hatte sie ihm zugeraunt, gerade als ein Arzt kam, um sich um ihn zu kümmern.
Doktor Spacek stellte sich vor und forderte ihn auf, ihm in eine der Untersuchungskabinen auf dem Flur zu folgen. Er bat ihn, sich hinzulegen, und fragte nach seinen Beschwerden, während er eine Karteikarte durchlas, auf der alles vermerkt war, was Arthur bei der Aufnahme hatte angeben müssen. Bis auf die Umstände, unter denen er zum Mann geworden war, musste dort alles stehen, was es über ihn zu wissen gab, so sehr hatte die Befragung an ein polizeiliches Verhör erinnert. »Wo haben Sie diese schrecklichen Krämpfe?« fragte der Arzt.
Überall im Bauch, es tue höllisch weh. »Das genügt«, flüsterte Lauren, »sonst bekommst du eine Beruhigungsspritze, darfst die Nacht hier verbringen, und morgen früh gibt es eine schöne Darmspülung und eine Spiegelung dazu.«
»Keine Spritze!« entfuhr es ihm unwillkürlich.
»Aber ich habe doch gar nichts von einer Spritze gesagt«, bemerkte Spacek und sah von der Krankenakte auf.
»Nein, aber ich wollte es Ihnen lieber gleich sagen, ich hasse nämlich Spritzen.«
Der Arzt fragte Arthur, ob er ein nervöser Typ sei. Arthur nickte. Er würde ihn jetzt abtasten. Arthur nickte wieder.
»Tut es Ihnen da weh?«
»Ja«, sagte er zögerlich.
»Und hier?«
»Nein, da solltest du lieber keine Schmerzen haben«, flüsterte Lauren ihm lächelnd zu.
Arthur beteuerte sofort, dass er an dieser Stelle keinerlei Schmerzen hätte.
So lenkte sie seine Antworten während der ganzen Untersuchung. Der Arzt diagnostizierte schließlich eine 96
Darmentzündung und verordnete ein krampflösendes Mittel, das die Krankenhausapotheke ihm gegen Vorlage des Rezepts, das er gerade ausstelle, aushändigen werde. Zweimal Händeschütteln, dreimal »Danke, Herr Doktor«, und Arthur ging beschwingten Schrittes den endlosen Gang hinunter, der zur Apotheke führte. In der Hand hatte er drei verschiedene Vordrucke, die alle den Briefkopf und das Logo des Memorial Hospital trugen. Einer war hellblau, der andere rosa und der dritte weiß. Der eine war ein Rezept, der zweite eine Behandlungsrechnung und der letzte ein Entlassungsschein, auf dem in fetten Buchstaben stand: »Verlegungsschein
/Entlassungsschein«, und kursiv: »Nichtzutreffendes bitte streichen«. Er lächelte breit und war sehr mit sich zufrieden.
Lauren lief neben ihm her. Er hakte sie unter. »Wir geben schon ein gutes Team ab!«
In die Wohnung zurückgekehrt, schob er die drei Dokumente in den Scanner und kopierte sie auf seine Festplatte. Von nun an verfügte er über eine unerschöpfliche Quelle an Vordrucken jeglicher Farbe und Form im offiziellen Layout des Memorial Hospital.
»Nicht schlecht!« sagte Lauren, als der Farbdrucker die ersten Kopfbögen ausspuckte.
»In einer Stunde rufe ich Paul an«, antwortete er.
»Zuerst reden wir ein paar Worte über deinen Plan, mein lieber Arthur.«
Sie hatte recht, gab er zu, sie musste ihm ja noch den gesamten Ablauf einer solchen Verlegung erklären. Doch das war es nicht, was sie mit ihm besprechen wollte.
»Was dann?«
»Arthur, was du vorhast, rührt mich, aber, entschuldige, es ist unrealistisch, verrückt und viel zu riskant für dich. Wenn du dich erwischen lässt, kommst du ins Gefängnis, und wofür, Teufel noch
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