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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Podest in der Mitte des Platzes versammelt und entlockten allen möglichen Instrumenten Töne: Rohrflöten, Handtrommeln, Holzröhren und saitenbespannten Instrumenten. In dem ganzen Konzert aus schrillem Gekratz, Gesumm und Geblök kamen die einzig als lieblich wahrnehmbaren Töne von einem einzelnen Instrument, das wie eine Laute mit überlangem Griffbrett und Kalebassenklangkörper aussah und drei Metallsaiten aufwies, die mit einem Plektron am Zeigefinger des Spielers gezupft wurden. Die verschwitzt dicht beieinanderstehenden Hinduzuhörer sahen genauso griesgrämig und von der Musik unbeeindruckt aus wie ich, und ich nehme an, sie konnten es genausowenig ertragen wie ich.
    »Was die Spielleute spielen«, sagte Tofaa, »ist der kudakuttu, Krishnas Topftanz, der auf dem uralten Lied beruht, das die Kuhhirten beim Melken immer ihren Kühen vorgesungen haben.«
    »Ahem, ja. Hättet Ihr mir Zeit gelassen, wäre ich vermutlichvon selbst auf etwas Ähnliches gekommen.«
    »Jetzt naht ein bezauberndes nach-Mädchen. Laßt uns stehenbleiben und zusehen, wie sie Krishnas Topftanz tanzt.«
    Ein braunschwarzes, fülliges Mädchen, das nach den zuvor von Tofaa aufgezählten Anforderungen vielleicht bezaubernd genannt werden konnte und entsprechend der Kuhverehrung deutlich mit eutergroßen Brüsten ausgestattet war, trug einen großen Tontopf -der symbolhaft vermutlich Krishnas Melktopf darstellen sollte -und machte einige Lockerungsübungen, indem sie verschiedene Posen damit einnahm. Sie bemühte sich, ihn von einer Armbeuge in die andere zu praktizieren, setzte ihn sich ein paarmal auf den Kopf und stampfte gelegentlich mit mächtigem Fuß auf das Podest - offensichtlich in dem Bemühen, die Tanzfläche von Ameisen zu befreien.
    Tofaa vertraute mir an: »Die Krishna-Verehrer sind die leichtfertigste und fröhlichste aller Hindusekten. Viele verurteilen sie, weil sie Frohsinn dem Ernst vorziehen und Lebhaftigkeit der stillen Versenkung. Aber wie Ihr seht, eifern sie dem unbekümmerten Krishna nach und behaupten, nur Lebensgenuß mache glückselig, Glückseligkeit mache heiter, Heiterkeit mache weise, und alles zusammen mache die Ganzheitlichkeit der Seele aus. All dies bringt der Topftanz des nach-Mädchens
    deutlich zum Ausdruck.«
    »Das würde ich gerne sehen. Wann fängt sie an?«
    »Was soll das heißen? Ihr seht es doch schon?«
    »Ich meine, mit dem Tanz.«
    »Das ist der Tanz!«
    Wir gingen weiter über den Platz -Tofaa schien außer sich, doch ich nahm mir die Zurechtweisung nicht sonderlich zu Herzen -durch die Menge der klagenden und nahezu unbeseelten Feiernden und auf das Tor des Palastes zu. Ich trug Kubilais Elfenbeinplakette auf der Brust, und Tofaa erklärte den beiden Schildwachen, was sie zu bedeuten habe. Die Wachen waren in nicht sonderlich soldatisch aussehende dhotis gekleidet und hielten ihre Speere in beliebigen Winkeln vor sich hin. Sie zuckten nur mit den Achseln, gleichsam als hätten sie weder Lust, uns unter Verbeugungen einzulassen, noch sich die Mühe zu machen, uns draußen zu halten. So durchmaßen wir einen staubigen Vorhof und betraten einen Palast. Wenigstens dieses Bauwerk war, wie es sich für einen Palast gehört, aus Stein gebaut und nicht aus Lehm-und Kuhmist, wie die meisten Häuser von Kumbakonam.
    Empfangen wurden wir von einem Verwalter -der möglicherweise einen höheren Rang bekleidete, denn immerhin hatte er eine saubere dhoti an -, und er schien ziemlich beeindruckt von dem pai-tzu und der Erklärung, die Tofaa dazu abgab. Er warf sich flach auf den Boden, das Gesicht nach unten, krabbelte dann davon wie ein Krebs, und Tofaa sagte, wir sollten ihm folgen. Das taten wir, und gleich darauf fanden wir uns im Thronsaal wieder. Was Üppigkeit und Pracht dieses Saales betrifft, möchte ich nur erwähnen, daß die vier Beine des Throns in vier ölgefüllten Gefäßen standen, was verhindern sollte, daß die hier heimischen kaja-Schlangen hinaufkletterten und die gleichfalls hier heimischen weißen Ameisen nicht den ganzen Thron annagten und zum Einsturz brachten. Der Verwalter gab uns zu verstehen, wir sollten warten, und verschwand dann eiligst durch eine Nebentür.
    »Warum rutscht der Mann ständig auf dem Bauch herum?« fragte ich Tofaa.
    »Das tut er nur aus Hochachtung vor über ihm Stehenden. Wenn der Raja kommt, müssen auch wir das tun. Uns nicht geradezu auf den Boden werfen, wohl aber gewährleisten, daß wir den Kopf nie höher tragen als er den seinen. Ich werde Euch

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