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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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sie selbst hervorzubringen, denn ich hatte andere Menschen gekannt -selbst mürrische Diener, die mit ganz anderem beschäftigt waren -, die einfach glücklich vor sich hin summten oder sangen, bloß weil Hui-sheng im Raum war. Ich erinnerte mich noch an einmal, an einen Sommertag, da wir draußen von einem plötzliche n Gewitter überrascht worden waren und all die Mongolen um uns herum vor Unbehagen zitterten und zum Schutz ihren Khakhan anriefen. Hui-sheng jedoch hatte bei den Blitzen nur gelächelt und keinerlei Angst bei dem Krach bekundet, den sie machten; für sie war ein Sturm nur eines von vielen schönen Dingen. Und ich erinnerte mich, wie oft Huisheng auf unseren Spaziergängen hingelaufen war, irgendeine Blume zu pflücken, die meine unverletzten, jedoch stumpferen Sinne nicht wahrgenommen hatten. Trotzdem - auch ich war für Schönheit nicht gänzlich unempfänglich. Wann immer sie zu einem solchen Unternehmen davonstob, mußte ich lächeln über die unbeholfene, gleichsam kniegebundene Art, mit der Frauen laufen - aber es war ein liebevolles Lächeln, und jedesmal, wenn sie lief, hüpfte mein Herz hinterher…
    Noch eine Ewigkeit und noch eine, und dann war die Schiffsreise vorüber. Sobald wir Akyab am Horizont auftauchen sahen, hatte ich mein Gepäck fertig, bedankte mich und verabschiedete mich von der Dame Tofaa, damit Yissun und ich vom Deck auf den Landesteg hinunterspringen konnten, noch ehe die qurqur festgemacht hatte. Dem Sardar Shaibani nur zuwinkend, sprangen wir auf die Pferde, die er hatte bereitstellen lassen, und gaben ihnen die Sporen. Shaibani mußte gleichfalls in dem Augenblick, da unser Fahrzeug in der Ferne gesichtet worden war, einen Vorauskurier losgeschickt haben, der nach Pagan geprescht war, denn so schnell Yissun und ich auch die Strecke von vierhundert li zurücklegten, der Paganer Palast erwartete uns bereits. Der Wang Bayan gehörte nicht zu denjenigen, die uns als erste begrüßten. Für eine solche Zartgefühl erfordernde Aufgabe meinte er zu schroff zu sein. Statt dessen hatte er den alten Hakim Gansui und die Dienerin Arùn antreten lassen, uns in Empfang zu nehmen. Vor innerer Erregung genauso zitternd wie von der Anstrengung des langen Galopps, sprang ich vom Pferd, und Arùn kam auf mich zugelaufen und nahm meine Hände in die ihren. Gansui kam gemesseneren Schrittes auf mich zu. Sie brauchten nichts zu sagen. Ich sah es ihren Gesichtern an -das seine ernst, das ihre voller Herzeleid -, daß ich zu spät gekommen war.
    »Alles, was getan werden konnte, ist getan worden«, sagte der hakim, nachdem ich auf sein Drängen hin einen kräftigenden Schluck von dem feurigen choum-choum zu mir genommen hatte. »Ich bin erst hier in Pagan eingetroffen, als die Schwangerschaft der Dame bereits weit fortgeschritten war; trotzdem hätte ich leicht dafür sorgen können, daß sie eine ungefährliche Fehlgeburt erlebt hätte. Doch das wollte sie nicht zulassen. Soweit ich sie -mit Hilfe dieser Dienerin -verstand, behauptete Eure Dame Hui-sheng, es sei nicht in ihre Entscheidung gegeben, und wollte sich davon nicht abbringen lassen.«
    »Ihr hättet Euch einfach über sie hinwegsetzen sollen«, sagte ich heiser.
    »Aber es war auch nicht meine Entscheidung.« Er war so freundlich, mir nicht unter die Nase zu reiben, daß ich es war, der diese Entscheidung hätte treffen müssen. So nickte ich nur.
    Er fuhr fort: »Mir blieb nichts anderes übrig, als bis zur Niederkunft zu warten. Auch wiegte ich mich ja in gewissen Hoffnungen. Ich gehöre nicht zu den Han-Ärzten, die ihre weiblichen Patienten nicht einmal anfassen, sondern sich anhand kleiner Elfenbeinfigürchen die Stellen zeigen lassen, an denen es ihnen weh tut. Ich bestand auf einer vollständigen Untersuchung. Ihr sagt, Ihr hättet erst vor kurzem erfahren, daß das Becken Eurer Dame zu eng war. Ich stellte fest, daß sein Durchmesser in der schiefen Ebene durch ein Vorstehen des Kreuzbeins sowie durch das eher spitze als gerundete Schambein dem Becken eine eher dreieckige als ovale Form gab. Das ist für gewöhnlich keine Behinderung für eine Frau beim Gehen, Reiten, was auch immer -, es sei denn, sie denkt daran, Mutter zu werden.«
    »Sie hat das nie gewußt«, sagte ich.
    »Ich glaube, ich habe es ihr begreiflich machen und sie vor den möglichen Folgen warnen können. Aber sie war eigensinnig -oder entschlossen -oder mutig. In Wahrheit konnte ich ihr ja auch gar nicht sagen, daß die Geburt unmöglich sei, daß die

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