Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Marcos und der Zauber des Augenblicks (German Edition)

Marcos und der Zauber des Augenblicks (German Edition)

Titel: Marcos und der Zauber des Augenblicks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Espinosa
Vom Netzwerk:
beschämt, ohne den Satz zu Ende zu sprechen.
    »Sehr erfreut, dich ins Theater begleitet zu haben«, sagte ich.
    Wir standen auf und verließen den Saal. Ich weiß, unsere Beziehung war rein fiktiv, ein Schauspiel für einen mir Unbekannten, doch ich durchlebte jede Sekunde, die wir nebeneinander hergingen, als wäre sie real.

15
    Zwei Tassen Kaffee und ein Koffer
voller Erinnerungen

W ir kamen auf den Platz. Es stellte sich heraus, dass der Typ mit der Sonnenbrille, von dem ich mich beobachtet gefühlt hatte, ihr Freund war. Vorstellungskraft an die Macht! Sie schmiegte sich im Gehen geradezu an mich, man hätte zwischen unseren Körpern nicht einmal mehr schwitzen können. Dabei gingen wir gar nicht Hand in Hand, nur eben ganz, ganz nah. Ich spürte sie, roch sie.
    Statt uns entgegenzukommen, drehte der Typ mit der Sonnenbrille sich verärgert oder beleidigt um und ging. Sie tat, als ignoriere sie ihn, tatsächlich ließ sie ihn aber nicht aus den Augen.
    Dann war er wohl vom Platz verschwunden und konnte uns nicht mehr sehen, denn sie rückte ein klein wenig von mir ab. Ein klitzeklein wenig allerdings nur. Sie blieb mitten auf dem Platz stehen, genau an der Stelle, so kam es mir vor, wo ich sie zum ersten Mal gesehen hatte. Ich hielt ebenfalls inne.
    »Danke«, sagte sie.
    »Gern geschehen«, sagte ich, doch weiter fiel mir nichts ein. Ich wusste, wenn ich nicht schnell handelte, würde sie gehen. Schon drehte sie sich von mir weg.
    »Wollen wir nicht vielleicht etwas trinken?«
    Sie blickte mich überrascht an.
    »Ich meine nur, sollte er zurückkommen. Ich würde mich nicht weit entfernen, wenn ich meine Freundin gerade mit einem anderen gesehen hätte. Ich würde zurückkommen, um mich zu vergewissern, ob es sich um eine Theaterbekanntschaft handelt oder ob da mehr ist«, ergänzte ich.
    Sie zögerte.
    »Na schön«, sagte sie dann.
    Ich steuerte die Terrasse meiner bevorzugten Bar an. Sie kam mir weniger touristisch vor als die anderen. Seit zehn Jahren bediente mich dort derselbe Kellner, auch wenn weder ich seinen noch er meinen Namen kannte. Ich mochte ihn, weil er immer schon wusste, was ich trinken würde. Er ahnte sogar, wenn ich einmal Lust auf Abwechslung hatte und etwas anderes bestellen wollte. Einmal haben wir uns etwas länger unterhalten, und er erzählte mir, er habe sein Leben auf der Plaza Santa Ana zugebracht, er sei hier geboren, groß geworden, habe sich hier verliebt … Alles Wichtige sei ihm auf diesem Platz geschehen. Er würde ihn gegen nichts auf der Welt eintauschen. Es war komisch, ich war an zig Orten aufgewachsen, und trotzdem konnte ich sein Gefühl absolut nachvollziehen.
    Wir setzten uns. Der Kellner ließ nicht auf sich warten.
    »Na endlich mal Kundschaft, mit diesem E. T. heute ist das ja wie ausgestorben.« Er sah mich an. »Was darf es sein?«
    Er wusste, dass es ein besonderer Tag war und ich nicht dasselbe wie sonst trinken würde. Das gefiel mir.
    »E. T.?«, fragte das Mädchen.
    Der Kellner lachte und sagte:
    »Hast du denn noch nicht von dem Außerirdischen gehört?«
    »Wir waren im Theater«, sagte sie.
    Der Kellner schaute uns verwundert an. Möglich, dass er mich gerade erst ins Theater hatte gehen sehen. Aber er sagte nichts.
    »Es heißt, sie hätten einen Außerirdischen aufgespürt. Allerdings wurde das gerade erst wieder dementiert. Aber wie dem auch sei, die Leute setzen sich heute nicht auf die Caféterrassen. Was kann ich euch also bringen?«
    Die Neuigkeit schien sie nicht besonders zu beeindrucken. Ich täuschte Interesse vor. Beide bestellten wir einen kleinen Kaffee mit Milch. Ich finde es immer lustig, wenn aus einer Einladung zu einem Drink ein Kaffee wird.
    Der Kellner entfernte sich.
    »Glaubst du das?«, fragte sie.
    Ihre Frage amüsierte mich. Wenn sie wüsste … Da kam eine Frau mit einem Schäferhund vorbei, und sie wich unwillkürlich zurück. Es war, als mache der Hund ihr Angst, aber das konnte nicht sein, laut meiner Gabe liebte sie Hunde.
    Der Hund schnüffelte an ihr und bellte los. Sie wurde bleich. Doch schon lief der Hund weiter, und ihr Gesicht nahm wieder Farbe an.
    »Hast du Angst vor Hunden?«, fragte ich.
    »Schon immer.«
    Das konnte nicht sein. Meine Gabe hatte sich noch nie geirrt. Unmöglich. Vielleicht hatte das Theater irgendeine magnetische Interferenz verursacht. Doch das Merkwürdige war, dass ich sie als kleines Mädchen gesehen hatte, es war ihr Gesicht gewesen, sie hatte einen Hund auf dem Schoß gehabt, und ich

Weitere Kostenlose Bücher