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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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ein
Karnickel. Ich will nicht. Ich weiß noch, wie ich einmal alles gegessen hatte
und zu Calverts ging, und da gab es Rahmeis, das sie die ganze Strecke von
Savannah herangeholt hatten, und ich konnte nur einen Löffel davon essen. Heute
will ich es mir gut gehen lassen und so viel essen, wie ich Lust habe.«
    Vor so
viel Trotz senkte Mammy entrüstet die Brauen. Was ein junges Mädchen durfte und
was nicht, war in Mammys Kopf eingeteilt in Schwarz und Weiß. Eine Mitte gab es
da nicht. Suellen und Carreen waren wie Wachs in ihren gewaltigen Händen und
hörten ehrfürchtig auf ihre Ermahnungen. Aber Scarlett beizubringen, daß fast
alle ihre natürlichen Neigungen und Einfalle nicht damenhaft seien, war immer
ein hartes Stück Arbeit gewesen. Mammys Siege über Scarlett waren schwer
erkämpft und zeugten von Winkelzügen, die einem weißen Verstand unbekannt
waren.
    »Wenn es
dir einerlei ist, wie Herrschaften über unsere Familie reden, mir nicht
einerlei«, murrte sie. »Ich wollen nicht dabeistehen, wenn sie alle auf der
Gesellschaft sagen, Miß Scarlett nicht gut erzogen, ich dir immer schon sagen,
daß man eine Dame daran erkennen, ob sie wie ein kleines Vögelchen essen, und
du sollst mir nicht zu Wilkes gehen und wie ein Ackerknecht essen und dich
vollstopfen wie ein Schwein.«
    »Mutter
ist eine Dame und ißt doch«, gab Scarlett zurück.
    »Wenn du
verheiratet bist, darfst du auch essen«, entgegnete Mammy. »Als Mrs. Ellen so
alt war wie du, sie nie essen, wenn sie bei fremden Leuten war, und auch Tante
Pauline und Tante Eulalia nicht, und die haben alle geheiratet; junge
Fräuleins, die so viel essen, kriegen nie einen Mann.«
    »Das
glaube ich nicht. Bei dem Gartenfest, wo dir schlecht wurde und ich vorher
nichts gegessen hatte, sagte Ashley Wilkes, ein Mädchen mit einem gesunden
Appetit gefalle ihm.«

Mammy
schüttelte unheilverkündend den Kopf.
    »Was ein
Herr sagen und was er denken - gar nicht dasselbe! Und ich haben nicht gemerkt,
daß Mr. Ashley um dich anhalten.«
    Scarlett
wollte ihr scharf erwidern, faßte sich aber. Als Mammy ihre Verstocktheit sah,
nahm sie das Tablett wieder auf und änderte mit der geriebenen Sanftmut ihrer
Rasse die Taktik. Sie ging zur Tür und seufzte:
    »Nun,
meinetwegen. Als Cookie das Essen zurechtstellte, ich sagte ihr: du eine Dame
an dem erkennen, was sie nicht essen, und ich sagte Cookie: ich nie eine weiße
Dame gesehen, die weniger essen als Miß Melly Hamilton das letzte Mal, als sie
Mr. Ashley - ich meinen Miß India - besuchen ... «
    Scarlett
warf ihr einen scharfen, argwöhnischen Blick zu, aber auf Mammys breitem
Gesicht stand nur die reine Unschuld geschrieben und ein Bedauern darüber, daß
Scarlett weniger Dame sei als Melanie Hamilton.
    »Setz dein
Tablett hin und schnür mich fester«, sagte Scarlett gereizt. »Nachher will ich
versuchen, ein wenig zu essen. Wenn ich jetzt äße, könntest du mich nicht fest
genug schnüren.«
    Mammy
verbarg ihren Triumph und setzte das Tablett wieder hin. »Was will mein süßes
Lämmchen anziehen?«
    »Dies«,
Scarlett zeigte auf die duftige Masse grünen geblümten Musselins.
    Sofort war
Mammy in Harnisch.
    »Nein, das
tust du nicht, das passen nicht für den Morgen, vor drei Uhr darfst du den
Busen nicht offen tragen, und dieses Kleid haben nicht Kragen noch Ärmel, du
kriegen Sommersprossen, und das wollen ich nicht erleben nach all der
Buttermilch, die ich dir aufgelegt, um Sommersprossen wegbleichen, die du dir
in Savannah am Strand geholt, ich sagen deiner Mutter.«
    »Wenn du
ihr ein Wort sagst, ehe ich angezogen bin, esse ich keinen Bissen«, sagte
Scarlett kühl. »Nachher hat Mutter keine Zeit, mich wieder hinauf zuschicken,
damit ich mich noch einmal umziehe.«
    Mammy
seufzte ergeben, denn nun war sie geschlagen. Von beiden Übeln war es noch das
kleinere, daß Scarlett morgens ein Nachmittagskleid trug, als daß sie schlang
wie ein Schwein.
    »Halt dich
fest und ziehe den Atem ein«, befahl sie.
    Scarlett
gehorchte und klammerte sich an einen Bettpfosten. Mammy zog und zerrte aus
Leibeskräften, und als der schmale Umfang der in Fischbein gezwängten Taille
immer noch schmäler wurde, bekamen ihre Augen einen stolzen, liebevollen Glanz.
    »Kein
Mensch haben so eine Taille wie mein süßes Lämmchen«, sagte sie befriedigt.
»Jedesmal, wenn ich Miß Suellen enger als fünfzig schnüre, sie beinahe fallen
in Ohnmacht.«
    »Puh!«
Scarlett schnappte nach Luft und brachte kaum die Worte heraus: »Ich bin

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