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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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werde, besonders angesichts der peinlichen Tatsache, daß sein
Erstgeborenes nur ein Mädchen war!
    Seine
Vaterwürde wurde ihm auch keineswegs langweilig, was manchen Frauen zu
heimlichem Neid gereichte, deren Männer sich schon lange vor der Taufe nicht
mehr um ihr Kind kümmerten. Auf der Straße nahm er die Leute beim Westenknopf
und erzählte lang und breit, was für Fortschritte das Kind machte, ohne auch
nur seinem Berichte anstandshalber die heuchlerische Einleitung
vorauszuschicken: »Natürlich findet jeder sein eigenes Kind fabelhaft, aber ...
« Er fand seine Tochter wirklich fabelhaft und mit anderen gar nicht zu
vergleichen. Als die neue Kinderfrau das Baby an einem Stück fetten
Schweinefleisch lutschen ließ und dadurch den ersten Durchfall verschuldete,
lachten sich gesetztere Eltern über Rhetts Benehmen halbtot. Er ließ sofort Dr.
Meade und zwei andere Ärzte kommen und wurde nur mit Mühe davon abgehalten, die
unglückliche Kinderfrau mit der Reitpeitsche zu schlagen. Sie wurde entlassen,
und es folgte eine Reihe neuer Kinderfrauen, von denen jede höchstens eine
Woche blieb. Keine konnte den anspruchsvollen Vater zufriedenstellen.
    Auch Mammy
betrachtete die Kinderfrauen, die kamen und gingen, mit Mißfallen. Auf jede
fremde Negerin war sie eifersüchtig und sah nicht ein, warum sie nicht selber
für das Baby mitsamt Wade und Ella sollte sorgen können. Allein Mammy wurde
alt, und Rheumatismus hemmte ihren Schritt. Rhett hatte nicht den Mut, dies als
Grund für die Anstellung einer anderen Wärterin anzugeben. Er sagte ihr lieber,
in seiner Stellung könne er es sich nicht leisten, nur eine Kinderfrau zu
beschäftigen, das mache sich nicht gut Er wolle zwei für die schwerere Arbeit
anstellen, ihr aber die Oberaufsicht überlassen. Das leuchtete Mammy durchaus
ein. Eine zahlreiche Dienerschaft hob zugleich mit Rhetts Ansehen auch das
ihre. Aber freigelassenes Niggerpack wollte sie in ihrer Kinderstube nicht
dulden. Deshalb ließ Rhett Prissy aus Tara kommen. Er kannte ihre Fehler, aber
schließlich gehörte sie zur Familie. Dazu lieferte Onkel Peter noch eine
Großnichte namens Lou, die einer von Miß Pittys Kusinen gehört hatte.
    Noch ehe
Scarlett wieder aufstehen konnte, fiel ihr Rhetts Vaterstolz auf, und wenn
Besuch kam, war er ihr schon ein wenig peinlich. Es war schön und gut, wenn ein
Mann sein Kind liebhatte, aber die Liebe so zu zeigen, war doch etwas
unmännlich. Er sollte lieber unbekümmert und überlegener tun wie andere Männer.
    »Du machst
dich lächerlich«, sagte sie gereizt, »und ich sehe nicht ein, warum.«
    »Nicht?
Das kann ich mir denken. Es kommt daher, daß dies Kind der erste Mensch ist,
der mir ganz und gar gehört.«
    »Mir
gehört sie doch auch!«
    »Nein, du
hast deine beiden anderen Kinder. Dies ist meines.«
    »Zum
Teufel«, sagte Scarlett, »ich habe es doch zur Welt gebracht. Und, mein Lieber,
ich gehöre dir doch auch?«
    Rhett
schaute sie über den schwarzen Kopf des Kindes an und lächelte sonderbar.
    »Meinst du
wirklich, mein Kind?«
    Nur
Melanies Erscheinen erstickte einen der raschen, hitzigen Auftritte im Keime,
zu denen es jetzt so leicht zwischen ihnen kam. Scarlett schluckte ihren Zorn
hinunter und sah zu, wie Melanie das Kind auf den Arm nahm. Man hatte sich auf
die Namen Eugenie Victoria für das Kind geeinigt; aber an diesem Nachmittag gab
Melanie ihm, ohne es zu wissen, einen anderen Namen, der an ihm haftenblieb,
genau wie »Pittypat« alle Erinnerung an den Namen Sarah Jane ausgelöscht hatte.
    Rhett
hatte sich über das Kind gebeugt und gesagt, die Augen seien erbsengrün.
    »Gott
bewahre«, protestierte Melanie und dachte nicht daran, daß Scarletts Augen
ungefähr solche Tönung aufwiesen. »Sie werden blau wie Mr. O'Haras Augen, blau
wie die >bonnie blue flag<, die schöne blaue Flagge.«
    »Bonnie
Blue Butler«, lachte Rhett, nahm ihr das Kind ab und betrachtete sich die
kleinen Augen genauer, und »Bonnie« wurde sie genannt, bis auch ihre Eltern
sich kaum noch erinnerten, daß sie auf den Namen zweier Königinnen getauft
worden war.
    Als
Scarlett endlich wieder ausgehen konnte, ließ sie sich von Lou so fest
schnüren, wie es irgend auszuhalten war, dann legte sie sich das Meßband um die
Taille. »Fünfzig Zentimeter!« Sie stöhnte. Das hatte sie nun davon. Ihre Taille
war so dick wie Tante Pittys, fast so dick wie Mammys.
    »Zieh noch
fester an, Lou, und sieh, ob du es nicht auf sechsundvierzig Zentimeter
bringst, sonst passe ich in

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