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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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Mammy, die nach einem Knicks Bonnie ins
Kinderzimmer geleitete, einen Kuß geben können. Er stand neben ihr auf dem
Treppenabsatz und maß sie flüchtig mit den Augen. »Kann etwa deine Blässe
bedeuten, du habest mich vermißt?« fragte er.
    Seine Lippen lächelten dazu, aber
seine Augen nicht.
    So also
hatte er es mit ihr vor, abscheulich wie nur je. Auf einmal erregte das Kind
unter ihrem Herzen ihr Ekel. Die beglückende Last wurde zur beschwerlichen
Bürde und der Mann, der da mit dem breitrandigen Panamahut an der Hüfte lässig
vor ihr stand, zum bittersten Feinde, zur Ursache aller Kümmernisse. Gift lag
in ihrem Blick, und das Lächeln wich aus ihren Zügen, als sie ihm erwiderte:
    »Wenn ich
blaß bin, so ist es allerdings deine Schuld; aber nicht daher kommt es, daß ich
dich vermißt hätte, du eingebildeter Mensch, sondern ... « Ach, so hatte sie es
ihm nicht mitteilen wollen, aber die hitzigen Worte quollen ihr auf die Lippen,
und sie sprudelte sie hervor, ohne Rücksicht darauf, daß die Dienstboten es
hören konnten: »Ich erwarte ein Kind!«
    Er zog
ganz plötzlich den Atem ein und sah sie an. Schnell trat er vor, als wollte er
ihr die Hand auf den Arm legen, aber sie wich ihm aus, und vor dem Haß in ihren
Augen verdunkelte sich sein Gesicht.
    »Ach«, sagte
er kühl, »wer ist denn der glückliche Vater? Ashley?«
    Sie packte
den Treppenpfosten so krampfhaft, daß die Ohren des geschnitzten Löwen sich ihr
schmerzhaft in die Handflächen bohrten. So gut sie ihn auch kannte, auf diese
Beleidigung war sie nicht gefaßt gewesen. Natürlich sagte er es nur im Scherz,
aber ein so ungeheuerlicher Scherz war nicht mehr zu ertragen. Sie hätte ihm
gern mit den scharfen Nägeln die Augen ausgekratzt und den eigentümlichen
Schimmer darin für immer gelöscht.
    »Verdammter
...«, fing sie an, ihre Stimme bebte vor hilfloser Wut, »du ... du weißt ganz
genau, daß es deins ist. Du willst es nicht? Ich will es auch nicht. Nein, von
einem Schuft wie dir will wohl keine Frau ein Kind. Wäre es doch - ach Gott -
wäre es doch das Kind des ersten besten, nur nicht deins!«
    Auf einmal
veränderte sich sein sonnenverbranntes Gesicht, es zuckte auf wie unter einem
Stich. War es Zorn? War da nicht noch etwas, was sich ihrem Begreifen entzog?
»Da!« dachte sie in rasender Freude, »jetzt habe ich ihm weh getan!«
    Schon
wieder lag die alte unbewegliche Maske über seinen Zügen. Er strich sich den
Bart. »Gib die Hoffnung nicht auf«, sagte er, wendete sich ab und schritt die
Treppe hinauf, »vielleicht wird es ja eine Fehlgeburt.«
    Verworren
schoß es ihr durch den Kopf, was es heißt, ein Kind zu gebären, die qualvolle
Übelkeit, das mühselige Warten, der schwellende Leib, die Stunden der Wehen,
all das, was kein Mann je begreift. Er aber wagte zu scherzen. Zerkratzen hätte
sie ihn mögen. Nur Blut auf seinem dunklen Gesicht konnte ihr die Herzensqual
noch stillen. Wie eine Katze sprang sie auf ihn los. Erschrocken trat er einen
Schritt beiseite und hob den Arm, um sie abzuwehren. Sie stand auf der Kante
der obersten frisch gebohnerten Stufe, als sie mit voller Wucht auf seinen
ausgestreckten Arm schlug und das Gleichgewicht verlor. Blindlings faßte sie
nach dem Treppenpfosten, griff aber vorbei und fiel rücklings die Treppe
hinunter. Als sie aufschlug, spürte sie einen betäubenden Stich zwischen den
Rippen, hatte aber nicht mehr die Kraft, sich zu halten, und überschlug sich
immer weiter, bis sie ganz unten an der Treppe liegen blieb.
     
    Abgesehen
von ihren Wochenbetten, die kaum mitzählten, war Scarlett zum erstenmal in
ihrem Leben krank. Damals war ihr durchaus nicht so verlassen und bange zumute
gewesen wie jetzt in ihrer fassungslosen Schwäche und ihren schrecklichen
Schmerzen. Sie wußte, daß sie kränker war, als man sich getraute ihr zu sagen.
Ihr dämmerte matt, daß sie vielleicht sterben müßte. Die gebrochene Rippe stach
bei jedem Atemzug, der Kopf tat ihr weh, das zerschundene Gesicht und der ganze
Körper schienen bösen Geistern ausgeliefert zu sein, die mit glühenden Zangen
zwickten und mit stumpfen Messern zersägten, und in den kurzen Atempausen, die
sie ihr gewährten, war. sie so kraftlos, daß ihr die deutliche Empfindung ihrer
selbst erst mit ihren Peinigern wiederkam. Nein, dies war etwas ganz anderes
als das Wochenbett. Zwei Stunden nach Wades, Ellas und Bonnies Geburt hatte sie
doch wieder tüchtig essen können, aber jetzt wurde ihr schon bei dem Gedanken
an etwas

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