MargeritenEngel (German Edition)
stressig.«
»Oh, soll ich… Ich kann auch später…«, stammle ich und spüre, wie meine Hände zittern.
»Quatsch. Jetzt habe ich dich in der Leitung und nun kann ich dir auch gleich sagen, dass alles in Ordnung ist. Ich kenne dich doch, du denkst die ganze Zeit an nichts anderes, hast wahrscheinlich nicht mal was gegessen. Es war nur ein Schwächeanfall. Sie behalten Frau Schumann noch ein paar Tage zur Beobachtung und dann hast du sie wieder.«
»Das sind tolle Nachrichten.« Ich kann förmlich spüren, wie mir ganze Wagenladungen an Steinen vom Herzen poltern.
Wir reden noch kurz miteinander, dann lege ich auf und drehe mich wieder zu Rik um. Erschrocken keuche ich auf, als er direkt hinter mir steht. Ich habe ihn gar nicht bemerkt. Unsere Blicke treffen sich. Da ist etwas in seinen Augen, das mir einen Schauer über den Rücken huschen lässt. Aber vielleicht ist es auch nur die Anspannung, die langsam von mir abfällt.
»Und?«, fragt er leise.
Ich schlucke, versuche, mein rasendes Herz zu beruhigen. Ich kann nicht begreifen, dass er so dicht vor mir steht, dass er sich um mich Sorgen macht. Aber ich kann vor allem nicht begreifen, wie gut er aussieht. Wie schön seine Lippen geschwungen sind, wie sehr mir dieser leichte Bartschatten gefällt.
Vielleicht ist es eine Art Rausch, eine Überdosis Glückshormone, weil es Frau Schumann gut geht, weil ich nicht allein bin. Ich schlinge die Arme um seinen Hals und vergrabe mein Gesicht an seiner Schulter. Einen Moment versteift er sich, dann schließen sich auch seine Arme um mich. Ich fühle mich so sicher und geborgen, dass ich es selbst nicht glauben kann.
»Es geht ihr gut«, murmle ich freudig.
Kapitel 8
Der Preis für den Sieger
Ich bin zu früh auf Arbeit, hätte es jedoch keine Sekunde länger zu Hause ausgehalten. Es ist ganz still, als ich über den Flur gehe. So kurz nach dem Mittagessen machen die meisten ein kleines Schläfchen.
Leise klopfe ich an die Tür und öffne sie einen Spaltbreit. Mein Herz macht vor Freude einen kleinen Hüpfer. Frau Schumann ist wirklich wieder da. Nach fast zwei Wochen ist sie aus dem Krankenhaus entlassen worden. Zwei Wochen, in denen mir jeder Arbeitstag unendlich lang erschienen ist. In denen ich mehr als einmal kurz vor Feierabend vor ihrer Tür gestanden habe, nur um mich daran zu erinnern, dass sie nicht da ist. Vielleicht ist es albern, aber ich habe sie vermisst. Die Sorgen um sie wollten nicht verschwinden, egal, wie sehr ich mich abgelenkt habe.
Aber jetzt sitzt sie in ihrem Sessel. Der Fernseher läuft. Ein Knäuel blauer Wolle liegt auf ihrem Schoß. Die Stricknadeln bewegen sich unglaublich schnell in ihren Händen, obwohl sie immer jammert, dass sie so lange zum Stricken braucht. Wenn ich ihr dann sage, dass sie doch Zeit hat, funkelt sich mich böse an. Aber jetzt lächelt sie, als sie mich bemerkt.
»Bengt!«, ruft sie freudig. »Komm doch rein.«
Ich gehe ins Zimmer und spüre, wie sich mit jedem Schritt die Angst in meinem Inneren auflöst und sich in unendliche Freude verwandelt. Am liebsten würde ich sie umarmen, aber als ich vor ihr stehe, fühle ich mich gehemmt. Stattdessen reiche ich ihr die Hand.
»Schön, dass Sie wieder da sind. Wie geht es Ihnen?«, frage ich.
Anstelle einer Antwort legt sie die Stricknadeln weg und zieht mich zu sich herunter. Beherzt und erleichtert erwidere ich ihre Umarmung.
»Ein alter Besen wie ich geht so schnell nicht kaputt«, sagt sie lachend.
Grinsend setze ich mich neben sie. Ich kann die Erleichterung gar nicht in Worte fassen. »Sie sehen müde aus. Und dünner sind Sie auch geworden«, entkommt es mir, als ich sie näher betrachte.
»Das sind nicht gerade die Komplimente, die eine Frau hören möchte«, erwidert sie schmunzelnd. Der Unmut in ihrer Stimme ist deutlich zu hören, aber ihre Augen blitzen mich verschwörerisch an.
»Sie haben recht«, gebe ich zerknirscht zu. »Das liegt bestimmt daran, dass ich keine Ahnung habe, wie man einer Frau ein Kompliment macht.«
»Der Punkt geht wohl an dich«, sagt sie lachend und tätschelt mir die Wange.
Wir schweigen. Frau Schumann hat ihr Strickzeug wieder aufgenommen. Die Nadeln fliegen zwischen der Wolle hin und her. Meine Oma hat lange versucht, mir das Stricken beizubringen, allerdings war ich nicht besonders talentiert. Irgendwann sind die Maschen so fest auf den Nadeln gewesen, dass ich sie nicht mehr bewegen konnte. Selbst meine Oma hat es nicht geschafft und beherzt
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