Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte
es zur Seite, damit Miriam seinen Freund begrüßen kann. Der Tuareg mit dem traditionell bis über die Nase gebundenen Turban reicht Miriam die Hand und begrüßt sie auf Bayerisch.
»Servus Miriam, ich hab scho’ so einiges gehört …«
Wieder ein Zwinkern, offenbar auf ihren Bauch bezogen, aber Miriam hat keine Lust mehr, sich ständig zu erklären. Kurz darauf, als sie sich ein wenig von ihrem Schreck erholt hat, erfährt sie, dass Alembusch seit fünfzehn Jahren mit seiner Familie im Dorf lebt und beruflich Kamele betreut. Das Tier, vor dem Miriam solche Angst hatte, gehört zur eigenen Herde, ist ein harmloses Reitkamel und als dummer Ausreißer bekannt. Danach lädt Joes Schwager Miriam ein. Bei ihm und seiner Frau wird heute Rosemaries Geburtstag gefeiert, denn Joes verstorbene Frau wäre heute vierzig Jahre alt geworden. Aber Miriam lehnt schnell dankend ab. Sie ahnt, dass der Cowboy nicht will, dass sie mitkommt. Seine Rosemarie ist ihm heilig.
Geduldig wartet Miriam, bis die Männer ihr Palaver beenden und Joe sie mit Molly zurück zum Hof fährt. Ihr ist mit einem Mal leichter ums Herz. Während des Gesprächs mit dem Cowboy wirft Alembusch ihr mehrfach einen netten Blick zu, so als würde er Miriam Mut machen wollen. Wenn der muslimische Tuareg es geschafft hat, von dieser Dorfgemeinschaft akzeptiert zu werden, dann besteht ja zumindest eine gewisse Hoffnung für eine sächsische Heidin. Spontan tut Miriam deshalb etwas für sie unglaublich Mutiges. Sie überwindet ihre Angst und streichelt das dumme Ausreißerkamel.
DREIZEHNTES KAPITEL
UNHEILIGE NACHT
Meine Güte, was für eine eigensinnige Frau mit einer zugegebenermaßen traumhaften Stimme! Aber soll Joe es wirklich wagen, Miriam als Sängerin am kommenden Tag mit seiner Band auftreten zu lassen?
Eine gute Stunde nachdem der Cowboy Miriam mit Molly zurück auf den Hof gefahren hat, steht er in der Dorfwirtschaft an der Theke und wartet darauf, seinen Freund Schorsch, den hiesigen Wirt, um Rat wegen Miriam fragen zu können.
»Servus! Was mogst, i moan natürli außer ana vollschlanken Ostlerin mit zwoaahoib Kindern? Mogst a Bier?«
Schorschs Grinsen mit den weit auseinanderstehenden Vorderzähnen ist liebevoll gemeint, so wie auch sein kleiner Scherz über die Ostfrau. Schorsch weiß bereits alles. In seiner Kneipe, gerade sonntags gut gefüllt von Zigarettenrauch und lärmenden Gästen, blüht der Klatsch. Schorsch umarmt seinen Freund und sieht ihn dann prüfend an, während er den ohnehin sauberen Tresen in großen Kreisen wischt. Schorsch und Joe kennen sich schon seit einer Ewigkeit, genau wie ihre Eltern und Großeltern. Schorschs Familie hatte immer schon die hiesigen Wirtsleut gestellt und wusste viel zu erzählen über Land, Leute und vor allem die lokale Politik, die hier am Stammtisch ausgehandelt wird.
Während Schorsch für Joe ein Bier zapft, beobachtet dieser die Männer am Stammtisch, denn auch der Pfarrer sitzt mit dabei. Die Belange der Großkopferten in Berlin sind hier Nebenschauplatz, denn man regiert weiß-blau, und deswegen wird hier heftig über lokale Entscheidungen diskutiert, die bis nach Österreich reichen und die Länder Tirols enger verbinden sollen.
Schorsch stellt das Glas auf den Tresen und erklärt, was die Männer so in Aufregung versetzt.
»Immer derselbe Schmarrn … unser Kulturgut und die Tradition! Sitz di halt dazu, Joe … hast ja jetzt wieder a Musikerin, hab i gehört, die gar net mal schlecht sein soll … a Sängerin? Am End noch so a begabte wie unsere Rosemarie?«
Joe zuckt mit den Achseln, denn mit einem Mal ist ihm nicht mehr danach zumute, Schorsch zu fragen, was er davon halten würde, wenn Joes Band wieder eine feste Sängerin hätte. Stumm will er sich mit seinem Bier an einen Tisch in der Ecke verziehen, um noch einmal selber darüber nachzudenken, was er wirklich von Miriam hält. Das sollte er besser mit sich klären, bevor er später in München Conni und Bärli mit seiner Idee konfrontiert. Aber für Joes Rückzug an einen der hinteren Tische ist es bereits zu spät. Der Pfarrer hat Joe entdeckt und winkt ihn zu sich. Freudig wird er auch von den anderen Stammtischlern begrüßt. Im Chiemgau ist Joe weder Taxifahrer noch Landwirt, sondern in erster Linie ein beliebter lokaler Musiker. Die Tatsache, dass Joe nach Rosemaries Tod abtrünnig geworden ist und jetzt lieber auf Englisch singt als auf Bayerisch, wird hier milde gesehen. Der Tod hat sein eigenes Recht, so wie die
Weitere Kostenlose Bücher