Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte
erledigt. Wo aber soll das Baby auf die Welt kommen? Die Hebamme hat versprochen, zur Entbindung in ihre Wohnung in Haidhausen zu kommen. Miriam muss in die Stadt zurückkehren und auf der Polizeistation einen solchen Terror machen, dass sie ihre Wohnung zurückbekommen. Die Presse, ja, genau, sie würde die Presse verständigen, am besten die TZ oder die Münchner Abendzeitung , denn es ist ein Skandal, wie man mit ihr und den Kindern umgeht. So als ob sie keine Seele hätten, die bayerischen Holzköpfe mit endlosen Paragrafen der Entmenschlichung. Miriam liegt auf dem Rücken und starrt über sich an die dunkle Decke mit den schweren Holzbalken. Ihr Atem geht zunehmend schwerer. Das Baby drückt jetzt überall, auf ihre Blase, den Magen und wohl auch ihre Lungen, denn selbst das tiefe Einatmen fällt Miriam schwer. Miriam streichelt über ihren Bauch, auch um die Kleine zu beruhigen, die ihre Ängste sicherlich mitbekommt. Still gibt sie ihrer Tochter das heilige Versprechen, ihr die Geschwister zu erhalten. Niemals wird Miriam den Ämtern auf Dauer Bene und Anna-Sophie überlassen, auch wenn es vielleicht einen vorübergehenden Abschied geben wird. Miriam dreht sich zurück zu Anna-Sophie, die im Traum jetzt unruhig wird und unverständliche Worte murmelt. Bett ist das Einzige, was Miriam verstehen kann. So sanft wie möglich legt Miriam ihren Arm um das Kind und erinnert sich daran, wie Anna-Sophie der Welt von Anfang an mit einem schiefen Lächeln begegnet ist, so berührend, dass bei Miriam zum ersten Mal ein eigener Kinderwunsch entstanden war. Die Rädchen beginnen sich in ihrem Kopf erneut zu drehen. Ein trockenes, hartes Schluchzen kommt aus Miriams Kehle, als auf einmal der Junge in der Tür steht.
»Weinst du wieder?«
Hinter Bene steht der Cowboy im Türrahmen. Sofort ist Miriams Kopf unter der Decke verschwunden, wo sie leise weiterweint.
Der Junge bleibt einen Moment lang unschlüssig in der Tür stehen und hofft, dass der Cowboy etwas sagen wird. Sicher hat Joe etwas auf Lager, das es Bene leichter machen wird, zu seiner weinenden Tante ins Zimmer zu gehen. Aber der Cowboy vermeidet Benes Blick und schiebt ihn ins Zimmer, nicht wissend, wie er sonst mit diesem Leid umgehen soll, und schließt leise die Tür. Die Stimme des Jungen in der Dunkelheit des Zimmers ist ein fast unhörbares Flüstern, als er zu ihr ans Bett tritt.
»Ist alles in Ordnung mit dem Baby?«
Miriams Kopf kommt unter der Decke hervor. Ihre Stimme bemüht sich um Zuversicht, als sie den Jungen an sich zieht und sein Gesicht liebkost.
»Ja, doch, es ist alles gut. Ich bin nur erschöpft. Geh jetzt rüber in dein Bett und schlaf, mein Liebling. Morgen sieht alles schon viel besser aus. Du kennst mich doch … ich bekomme es letztendlich immer irgendwie hin, also mach dir keine Sorgen. Alles im Lot auf dem Boot.«
»Alles in Butter auf dem Kutter … gute Nacht, Miri. Hab dich ganz doll lieb.«
»Ich dich auch. Schaf schön, mein Schatz.«
Einen Moment steht der Cowboy noch vor ihrer Tür und hört zu, wie Miriam mit dem Jungen redet. Erschrocken über ihr Weinen, wartet er darauf, dass etwas geschieht, aber im Zimmer wird es ruhig. Erst eine halbe Stunde später, als Joe mit einem Bier am Küchentisch sitzt, um seine dunklen Gedanken zu verscheuchen, öffnet sich leise die Tür. Er ist dankbar für Miriams Lächeln und ihre erklärenden Worte. Wenn sie sehr erschöpft ist, tut es ihr gut zu weinen. Sie wollte Joe nicht erschrecken, sondern ist ihm sehr dankbar für die Gelegenheit, bei seinen Eltern ausruhen zu können. Nach einer spannungsgeladenen Pause fragt sie ihn, ob er schockiert von ihr sei wegen dem, was in der Küche geschah. Wieder weiß Joe nicht, was er antworten soll. Ja, nein, doch, definitiv, oder aber eine seiner vielen Fragen über das Warum. Warum hat Miriam für ihn eine regelrechte Peepshow abgezogen, falls diese Bezeichnung auch für eine Hochschwangere gelten kann? Aber Joe stellt die Frage nicht. Dennoch haben sich seine Grübchen unter dem Fünftagebart vertieft, als er den Kopf schüttelt, um ihr zu signalisieren, dass alles in Ordnung sei. Zur Belohnung flüstert sie ihm zu, wie schön sie es gefunden hat, sich ihm so zeigen zu dürfen, weil sie sonst von keinem Mann in ihrer Schwangerschaft so gesehen worden sei. Mehr sagt Miriam nicht. Der Cowboy versteht, lächelt und nimmt ihre Hand in seine. Weiter geschieht nichts, aber Miriam spürt in dem Druck seiner Hand ein Zittern. Hinter der
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