Mariannes Traenen
Marianne leise.
„Na diese r Unsinn von wegen liebende Sklavin und benutzbare Sklavin .“ Er sah sie mit gespielter Besorgnis an. „Sie haben doch hoffentlich nicht geglaubt, daß ich diesen Quatsch ernst nehme, den ich da geredet habe. Oder hatte es sich für Sie auch nur annähernd so angefühlt, als sie ihre Schuhe küssen mußten?“
„Nein “, sagte Marianne. „Da war nur …“ Sie zögerte.
„Schmerz ? Erniedrigung? Sie fühlten sich allein?“ In einer fürsorglichen Geste strich er sanft über ihre Wangen. „Sie fühlten sich vor allem elend einsam!“
Marianne nickte heftig.
„Bitte entschuldigen Sie“, fügte er leise hinzu. „Aber ich dachte mir, daß allein schon diese einfache Geste dieses Gör völlig außer Fassung bringen würde. Immerhin wissen wir jetzt, was sie vorhaben – wer immer sie sind. Und Sie …“ Er zog sie etwas fester an sich, „Sie waren in dem Moment viel zu betroffen, um noch klar denken zu können.“
„ Betroffen warst du auch.“ Mariannes Einwand kam sehr spät.
„Wenn ich Ihnen helfen will, muß diese Frau in mir einen Komplizen sehen. Es gibt nur einen Weg, eine Erpressung zu beenden.“
„Welchen ?“, fragte sie leise in die Dunkelheit des Zimmers. Doch er beantwortete ihre Frage nicht, sondern schwieg.
Und Marianne hakte nicht nach. Sie fühlte sich zu müde. Und zugleich spürte sie ein warmes Gefühl von Vertrautheit in sich aufsteigen. Sie lag in den Armen eines Fremden, der alle Rechte über sie beanspruchen könnte. Und was tat dieser sonst so schweigsame und verschlossene Mann? Er kümmerte sich um sie, redete mit ihr. Es war absurd, aber sie lag nackt in den Armen eines Mannes, der sie ausgepeitscht hatte, trug die Fesseln, mit denen sie in Ketten gelegt worden war – er hatte sie ihr selbst wieder angelegt – und fühlte sich bei ihm trotz all dem mit einem Mal nur noch sicher und geborgen. Was war da, hinter seiner undurchdringlichen Mauer aus kühler Sachlichkeit? Ihretwegen hatte er Komödie gespielt und Dinge getan … An diesem Punkt mochte sie nicht mehr weiterdenken. Da war eine Frage, vor deren Antwort sie sich fürchtete. Lieber schloß sie die Augen und genoß seine Wärme, die zärtliche Fürsorge seiner Berührungen, seinen ruhigen Atem – und verbot sich daran zu denken, was diese Hände ihr kurz zuvor noch angetan hatten, an diesem Tag.
„Was kann ich tun ?“, fragte sie nach einer Weile, und machte dabei Anstalten, sich umzudrehen. Er richtete sich auf, schaltete die Nachttischlampe an und half ihr auf die andere Seite. Ihr Rücken war stark gerötet, doch zu seiner Erleichterung fand er keine größeren oder blutunterlaufenen Striemen. Nur an ein, zwei kleinen Stellen hatte die Peitsche tiefer zugebissen. Er löschte das Licht wieder und nahm sie in die Arme. Sie spürte seinen Bauch an ihrem Rücken, doch es tat nicht mehr weh. Sie fühlte seine Hand, die sie umfaßte und hielt. Den Kopf hatte sie auf seinen Oberarm gebettet.
„Sag mir, was ich tun kann ?“, fragte sie erneut.
„Nichts!“ Sie spürte seinen Atem in ihrem Nacken. „Sie können vorerst nichts anderes tun, als es über sich ergehen zu lassen.“
„Nein!“, rief sie verzweifelt.
„ Wir … Sie haben keine andere Wahl“, sagte er ruhig.
„Sie wird mich peitschen, ich muß vor ihr knien, sie … sie … will mich von anderen Männern … die sollen mich …“ Ihre Stimme erstickte. „ Ich will das nicht!“, heulte sie auf, und er schloß sie fester in seine Arme.
Es dauerte auch diesmal lange Minuten, bis er sie wieder beruhigt hatte.
„Es gibt keine andere Möglichkeit“, sagte er schließlich. „Es tut mir leid, aber wenn Sie ihre öffentliche Bloßstellung vermeiden wollen, werden Sie das über sich ergehen lassen müssen. Das ist der Preis.“
„Wie lange ?“, fragte sie, und es klang hoffnungslos.
„Das kann ich Ihnen noch nicht sagen, ich will ehrlich sein.“
„Hilf mir !“, bat sie leise. „Ich werde alles tun, was du willst. Sie drehte sich zu ihm und stöhnte kurz auf, als sie dabei auf den Rücken zu liegen kam. „Bitte!“ Sie schaute ihn an mit ihren großen, dunklen Augen. „Bitte, mach mit mir alles, was du willst. Schau!“ Sie faßte sich an den Hals. „Ich trage noch das Halsband. Alles! Aber bitte hilf mir! Ich flehe dich an!“
Rudolf Stadler erwiderte ihren Blick, doch sein Gesicht zeigte keine Regung. Nur die übliche, nachdenkliche Ernsthaftigkeit.
„Bitte! Wenn du es willst, knie ich vor dir. Ich
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