Marissa Blumenthal 02 - Trauma
Menschen. Aber dann fiel ihm bald der Chinese auf, der sich mit den Ellbogen einen Weg durch die Menge bahnte. Die rechte Hand hatte er im Jackett verborgen. Er schien etwas zu umklammern.
Tristan spürte Gefahr im Verzug. Es lag etwas Zweideutiges in der Art, wie der Mann auf ihn zukam. Tristan wußte, daß er etwas unternehmen mußte. Zur Flucht blieb ihm keine Zeit mehr. Wohin auch? Die Menge ließ ihn ja nicht durch. In seinem Rücken hörte er, wie der zweite Geschäftsführer seinen Namen rief. Der Chinese war nur noch drei Meter entfernt. Gleich würde er bei ihm sein. Es sah aus, als lächle er. Langsam zog er die Hand aus der Jackettasche. Tristan sah Metall aufblitzen.
Mit einem grellen Schrei stieß sich Tristan von der Rezeption ab und sprang auf den Mann zu. Im Flug sah Tristan, daß der Mann dabei war, eine Pistole zu ziehen. Aber bevor er sie ganz heraus hatte, prallte Tristan mit ihm zusammen. Die Wucht von Tristans Anprall ließ beide das Gleichgewicht verlieren und gegen einen großen runden Tisch mit Marmorplatte rutschen. Der Tisch kippte um. Porzellangeschirr und Kuchenstücke flogen nach allen Seiten. Die acht Personen, die an dem Tisch gesessen hatten, fanden sich auf dem Fußboden wieder.
In Sekundenschnelle brach Panik aus. Was eben noch eine Szene steifer Förmlichkeit gewesen war, verwandelte sich in ein Tohuwabohu. Die Menschen spritzten auseinander, manche laut schreiend, andere nur, um Deckung zu suchen.
Tristan richtete sein Augenmerk allein auf die Pistole. Als er mit dem Chinesen über den umstürzenden Tisch fiel, gelang es ihm, das Handgelenk des Mannes zu umklammern. Ein Schuß löste sich. Das Geschoß fuhr in die vergoldete Decke.
Tristan versuchte einen Kung-fu-Angriff. Zu seiner Bestürzung wurde der Angriff abgewehrt. Sein Gegner war ein genauso flinker und erfahrener Kung-fu-Kämpfer wie er. Daher verzichtete Tristan auf diese Kunst und biß dem Mann in den Arm. Erst dann ließ der die Waffe auf den Fußboden fallen.
Doch beim Beißen hatte Tristan seine Kampfstellung aufgeben müssen. Der Fremde nutzte das voll aus und warf Tristan über seine Schulter. So gut es ging, rollte sich Tristan federnd zusammen, bevor er auf den Boden krachte. Dann wälzte er sich blitzschnell weg, um keinen Fußtritt abzubekommen, sprang auf und nahm eine lauernde Haltung an. Doch bevor er noch etwas unternehmen konnte, hielten ihn mehrere Männer von hinten fest.
Vor sich sah Tristan, wie der Chinese den Rückzug antrat. Ein Mann versuchte, ihn festzuhalten. Doch der Chinese vollführte eine vollkommene Kung-fu-Bewegung und schickte den Mann mit einem krachenden Tritt vor die Brust zu Boden. Dann spurtete der Chinese zum Vordereingang, vorbei an den zu Tode erschreckten Hotelgästen. Draußen verschwand er sofort in der Menschenmenge, die sich vor dem Hotel gebildet hatte.
Tristan wehrte sich nicht gegen die Männer, die ihn festhielten. Er hatte die kleinen Funkgeräte an ihren Gürteln und die winzigen Hörer in ihren Ohren bemerkt. Daher war er überzeugt, daß sie zum Sicherheitsdienst des Hotels gehörten.
Marissa eilte hinzu und verlangte, daß man Tristan loslasse. Als man sie nicht beachtete, versuchte sie sogar die Hausdetektive an den Armen wegzuziehen. Nur gut, daß der zweite Geschäftsführer sofort reagierte. Er hatte den ganzen Vorfall mitangesehen und sorgte dafür, daß Tristan auf der Stelle losgelassen wurde.
Marissa warf Tristan die Arme um den Hals und schmiegte sich an ihn. »Alles in Ordnung? Oder bist du verletzt?«
»Nur in meinem Stolz«, sagte Tristan. »Der Kerl konnte besser Kung-fu als ich.«
»Sollen wir Sie zum Hotelarzt bringen?« fragte der zweite Geschäftsführer.
»Nicht nötig«, sagte Tristan und zeigte auf Marissa. »Eine bessere Behandlung kann ich mir gar nicht wünschen.« Marissa hielt ihn immer noch fest umklammert und hatte den Kopf an seine Brust gelegt.
»Woher wußten Sie, daß der Mann bewaffnet war?« fragte der zweite Geschäftsführer.
»Der sechste Sinn des Aussie«, antwortete Tristan.
»Das Hotel ist Ihnen für Ihr mutiges Eingreifen zu Dank verpflichtet«, sagte der zweite Geschäftsführer. »Zweifellos hatte der Mann einen Raubüberfall geplant.«
»Eine flüssige Belohnung würde ich nicht zurückweisen«, sagte Tristan. »Haben Sie Fosters Lagerbier?« Dann legte er seinerseits die Arme um Marissa und drückte sie an sich.
Als Willy das Hotel hinter sich gelassen hatte, bog er nach rechts ab und fiel aus dem
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