Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Marissa Blumenthal 02 - Trauma

Titel: Marissa Blumenthal 02 - Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
besetzt.
    Marissa wählte einen Stuhl, von dem sie auf die Straße hinaussehen konnte. Sie fühlte sich scheußlich. Ganz plötzlich war ihr der Hunger vergangen.
    »Guten Abend«, sagte der Kellner und überreichte ihnen die Speisekarten. Marissa nahm den länglichen Band in der Plastikhülle entgegen.
    Robert fragte sie, ob sie sich eine Vorspeise teilen wollten. Aber bevor Marissa sich dazu äußern konnte, brach ihr am ganzen Körper kalter Schweiß aus. Urplötzlich lag sie wieder in der Frauenklinik. Man war dabei, ihr eine Gewebeprobe aus dem Gebärmutterhals zu entnehmen. Die Vision war so täuschend echt, daß sie wirklich dort zu sein glaubte.
    »Schaff ihn mir vom Leibe!« schrie Marissa. Dann sprang sie auf und schleuderte die Speisekarte weg. Die Vision übermannte sie. »Tu was! Er soll mich nicht anrühren. Nein!«
    Vor ihrem geistigen Auge sah Marissa, wie Dr. Carpenters Kopf zwischen ihren von einem Tuch bedeckten Knien hochkam. Er hatte sich in einen Dämon verwandelt. Seine Augen waren nicht mehr blau. Sie waren verzerrt und glänzten wie kalter schwarzer Onyx.
    »Marissa!« schrie Robert in einer Mischung von Besorgnis, Schreck und Beschämung. Andere Gäste unterbrachen ihr Essen und warfen erschrockene Blick in Marissas Richtung. Robert stand auf und griff nach ihr.
    »Faß mich nicht an!« schrie sie und schlug seine Hand weg. Dann machte sie auf den Fersen kehrt, riß die Restauranttür auf und floh.
    Robert jagte ihr nach und fing sie praktisch draußen vor der Tür ab. Er packte sie an den Schultern und schüttelte sie grob. »Marissa, was ist los mit dir?«
    Marissa blinzelte heftig, als erwache sie aus einer Trance.
    »Marissa!« schrie Robert. »Was geht hier vor? Sag etwas!«
    »Ich weiß selber nicht, wie das passiert ist«, sagte Marissa benommen. »Ganz plötzlich war ich wieder in der Klinik. Sie wollten mir eine Gewebeprobe entnehmen. Irgendwas hat noch einmal den schlechten Trip in Gang gesetzt, den ich dort unter dem Einfluß von Ketamin gehabt habe.« Sie warf einen Blick in das Restaurant. An den Fenstern standen Leute und sahen zu ihr hinaus. Es war ihr peinlich. Sie kam sich kindisch vor, doch sie hatte auch Angst. Es war alles so realistisch gewesen.
    Robert nahm sie in die Arme. »Komm!« sagte er. »Verschwinden wir hier!«
    Dann ging er mit ihr zum Wagen. Marissa ließ sich mitschleppen. Krampfhaft suchte ihr Verstand nach einer Erklärung. In einem solchen Maße hatte sie noch nie die Kontrolle über sich verloren. Niemals. Was geschah mit ihr? War sie dabei, verrückt zu werden?
    Sie stiegen in den Wagen. Robert startete nicht gleich. »Bist du wirklich darüber hinweg?« fragte er. Der Zwischenfall war ihm an die Nerven gegangen.
    Marissa nickte. »Im Moment bin ich nur erschrocken«, sagte sie.
    »So etwas habe ich noch nie erlebt. Ich weiß nicht, wodurch es ausgelöst wurde. Sicher, ich bin in letzter Zeit seelisch sehr labil, aber das ist keine ausreichende Erklärung. Ich war hungrig, aber das kann bestimmt nicht der Grund sein. Vielleicht war es der durchdringend scharfe Essensduft da drin. Die Geruchsnerven sind ja direkt mit dem äußeren Hirnsystem verbunden.« Doch Marissa forschte nur deshalb nach einer rein körperlich bedingten Ursache, um den Grund nicht in ihrer Psyche suchen zu müssen.
    »Ich will dir sagen, was ich daraus schließe«, sagte Robert. »Ich schließe daraus, daß du zu viele Medikamente einnimmst. Diese ganzen Hormone tun dir bestimmt nicht gut. Das ist ein weiteres Zeichen, daß wir den Unsinn mit dem Retortenbaby abbrechen müssen. Und zwar pronto.«
    Marissa sagte gar nichts mehr. In ihrer Angst meinte sie, daß Robert vielleicht recht hätte.
     

5
      
    21. März 1990
    7.47 Uhr morgens
      
    »Wollen wir eine Münze darum werfen, wer den Schnitt vornimmt?« Diese Frage richtete Ken Mueller an Greg Hommel, den jungen Pathologieassistenten, der ihm für einen Monat zur Obduktionsabteilung zugeteilt worden war. Ken war mit Greg sehr zufrieden. Der Junge war eifrig und gewitzt wie eine Schlange. Innerlich amüsierte sich Ken darüber, daß er Greg noch als »Jungen« ansah. Der Mann war nur fünf Jahre jünger als er.
    »Bei Kopf habe ich gewonnen«, sagte Greg, »bei Zahl hast du verloren.«
    Ken beschäftigte sich bereits mit den Unterlagen. »Wirf schon!« sagte er. Die Tote war eine 33jährige Frau, die sechs Stockwerke tief in einen Kübel mit Rhododendren gefallen war.
    »Zahl!« rief Greg und lachte zufrieden. »Du hast

Weitere Kostenlose Bücher