Marissa Blumenthal 02 - Trauma
einem Medikament gewesen, das sie über einen längeren Zeitpunkt hinweg einzunehmen hätten. In beiden Fällen wurde das Medikament jedoch nicht verschrieben. Statt dessen hatte man ihnen gesagt, sie sollten sich alle Vierteljahre einmal zur Nachuntersuchung einfinden.
Marissa schrieb sich ihre Namen und Adressen auf: Marcia Lyons und Catherine Zolk. Beide versprachen, sich bei ihren Hausärzten zu erkundigen, ob es sich bei dem fraglichen Medikament um Isoniazid gehandelt habe.
Marissa nahm Wendy beiseite. Sie war aufs äußerste erstaunt. »Das ist unglaublich. Wir haben hier vier Fälle. Sollten diese beiden Frauen auch Tbc gehabt haben, dann hat unser Studienaufenthalt in Bellevue nichts damit zu tun.«
»Vier Fälle sind noch keine Epidemie«, sagte Wendy skeptisch.
»Aber es ist doch auffällig«, sagte Marissa. »Vier Fälle einer seltenen Erkrankung in einem engbegrenzten Gebiet. Außerdem sieht es so aus, als hätte keine von uns Symptome irgendeiner anderen Infektion gezeigt. Ich glaube, wir sind da einer wichtigen Sache auf die
Spur gekommen.« Und sie versprach: »Ich werde das jedenfalls weiterverfolgen.«
»Wollen wir es nicht gemeinsam tun?« schlug Wendy vor.
»Wunderbar«, sagte Marissa. »Als ersten Schritt werde ich mir meine Kontakte mit dem CDC zunutze machen.
Wir können gleich heute abend anfangen. Wo hast du deinen Wagen?«
»Drüben in der Krankenstation der Augenklinik«, sagte Wendy.
»Meiner steht mehr in der Nähe«, sagte Marissa. »Ich fahre dich zu deinem Auto, und dann kannst du hinter mir her zu mir nach Haus fahren. Bist du dabei?«
»Selbstverständlich«, sagte Wendy.
Als sie sich bei ihrer Gastgeberin zum Abschied bedankten, hatte Marissa eine Idee. Sie fragte Susan, ob sie wisse, was die Ursache für Rebecca Zieglers Unfruchtbarkeit gewesen war.
Susan überlegte eine Weile und sagte dann: »Ich glaube, es waren blockierte Eileiter. Genau weiß ich es allerdings nicht, aber ich glaube schon.«
»Haben Sie zufällig ihre Telefonnummer?« fragte Marissa.
»Ich glaube, ja«, sagte Susan.
»Könnten Sie sie mir überlassen?« fragte Marissa.
Susan holte sie aus ihrem Arbeitszimmer und gab sie Marissa.
Auf der Straße fragte Wendy: »Du willst doch nicht etwa Rebeccas Ehemann anrufen? Der arme Mann steht wahrscheinlich noch unter Schock.«
»Doch«, sagte Marissa. »Das heißt, wenn ich den Mut dazu aufbringe. Außerdem habe ich gehört, daß sie sich getrennt hatten.«
»Das macht doch keinen Unterschied«, sagte Wendy. »Oder wenn überhaupt, dann dürfte er jetzt noch elender dran sein, sich vielleicht sogar für ihren Tod verantwortlich fühlen.«
Marissa nickte.
Während der Heimfahrt stieg ihre Erregung. Vier Fälle unabhängiger Eileiterinfektion durch Tbc hoben ihren Fall aus dem Bereich des Ungewöhnlichen und deuteten auf einen Trend hin, der möglicherweise für das öffentliche Gesundheitswesen von Bedeutung war.
Marissa fuhr ihren Wagen gleich in die Garage. Dann ging sie zu Wendy, die in der Auffahrt geparkt hatte. Zusammen betraten sie das Haus durch die Vordertür.
»Hübsches Haus«, sagte Wendy und folgte Marissa durch den Flur in ihr Arbeitszimmer.
»Findest du?« sagte Marissa ohne Begeisterung. »Es gehörte Robert schon vor unserer Heirat. Offen gesagt, mir hat es nie gefallen.«
Marissa begab sich sofort zu ihrem Telefonverzeichnis, um Cyrill Dubcheks Privatnummer herauszusuchen. Zu Wendy sagte sie: »Ich rufe einen Abteilungsleiter von CDC an. In meinem letzten Jahr dort hatten wir mal etwas miteinander. Er ist ein sehr attraktiver Mann.«
Marissa fand die Nummer und legte einen Brieföffner auf das aufgeschlagene Buch.
»Und es ist nichts daraus geworden?« fragte Wendy.
Marissa schüttelte den Kopf. »Es war von Anfang an eine stürmische Beziehung. Das Komische daran ist, daß wir uns in der Hauptsache darüber stritten, ob wir später einmal Kinder haben wollten. Er hatte schon mehrere Kinder von seiner verstorbenen Frau und wollte keine mehr. Da wußte ich natürlich noch nichts von meinen Eileitern.«
Marissa tippte die Nummer ein und wartete dann auf die Verbindung. »Es ist eine lange Geschichte«, sagte sie. »In meinen ersten beiden Monaten im Center kriegten wir uns dauernd in die Haare. Dann wurde daraus ein Liebesroman. Zum Schluß gingen wir als gute Freunde auseinander. So ist das Leben unberechenbar.«
Wendy wollte etwas dazu sagen, aber Marissa brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. Cyrill hatte sich
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