Marissa Blumenthal 02 - Trauma
genauso«, sagte Marissa. »Aber die größte Überraschung war es für mich, daß die Eileiterentzündung bei mir durch eine Tbc-Erkrankung verursacht wurde.«
Mit einem Ruck stellte Wendy ihr Glas Mineralwasser auf den Tisch. »Langsam werden mir diese Übereinstimmungen unheimlich«, sagte sie. »Bei mir hat man die gleiche Diagnose gestellt: Granulationsgeschwülste auf Grund von Tbc. Sogar der PPD-Hauttest fiel positiv aus.«
Fast eine volle Minute lang sahen sich die beiden Frauen sprachlos über den Tisch hinweg an. So viele Zufälle waren fast unglaublich.
Marissa, die in der Lehre von den epidemischen Krankheiten ausgebildet war, zog sofort ihre Schlüsse daraus.
Die Parallelen in beiden Fällen waren außergewöhnlich. Dabei hatten sich ihre Lebenswege doch nur während des Universitätsstudiums gekreuzt.
»Denkst du das gleiche, was ich denke?« fragte Wendy.
»Wahrscheinlich«, sagte Marissa. »Ich denke daran, daß wir beide einige Monate im Zug des wahlweisen Studiums im Bellevue verbracht haben. Kannst du dich an die Tbc-Fälle erinnern, die wir dort kennenlernten? Ich meine besonders die gegen Medikamente resistenten Fälle. Weißt du noch, daß damals mit einem Ansteigen von Tbc-Erkrankungen gerechnet wurde?«
»Wie könnte ich das vergessen?«
»Glücklicherweise sind auf meinen Röntgenaufnahmen keine Schatten auf der Lunge festgestellt worden.«
»Bei mir auch nicht«, sagte Wendy.
»Ich frage mich, ob wir Einzelfälle sind oder ob es viele wie uns gibt. Eigentlich gilt die tuberkulöse Infektion der Eileiter als seltene Krankheit, besonders in einer so gesunden Nation wie den USA.« Marissa schüttelte den Kopf. Es ergab einfach keinen Sinn.
Wendy schlug vor: »Wie wär’s, wenn wir zum Resolve-Treffen zurückgehen und uns erkundigen, ob es dort noch mehr Frauen gibt, denen man dieselbe Diagnose gestellt hat?«
»Meinst du das ernst? Ich glaube, das kann man vergessen. Die Chance ist zu gering.«
»Ich bin aber neugierig«, sagte Wendy. »Komm! Das Treffen ist bald zu Ende, und wir finden eine aufnahmebereite Zuhörerschaft vor.«
Auf dem Rückweg zur Acron Street überwand sich Marissa und erzählte von ihrer ehelichen Situation. Es fiel ihr schwer, aber es drängte sie, sich mit jemandem darüber auszusprechen. Sie sagte zu Wendy, daß Robert und sie ernsthafte Probleme hätten.
»Seit einiger Zeit schläft er jetzt sogar im Gästezimmer«, sagte Marissa. »Und er lehnt es ab, sich von einer Therapeutin beraten zu lassen. Er sagt, ihm brauche keiner zu sagen, warum er nicht glücklich ist.«
»Viele von uns unfruchtbaren Paaren haben die gleichen Probleme«, sagte Wendy. »Vor allem die, die ein Retortenbaby haben wollen. Das scheint einfach dazuzugehören. Natürlich versucht jeder auf andere Weise damit fertig zu werden. Mein Mann Gustave hat sich nie groß um mich gekümmert, aber jetzt widmet er sich nur noch seiner Arbeit. Er ist ständig im Krankenhaus. Praktisch bekomme ich ihn nie zu sehen.«
»Darauf steuert es bei Robert auch hinaus«, sagte Marissa. »Wenn sich jetzt keins dieser neu implantierten Embryos entwickelt, habe ich wenig Hoffnung, daß unsere Ehe den Sturm überdauern wird.«
Susan machte Marissa und Wendy die Tür auf. »Ach, ihr seid wieder da! Ihr kommt gerade zum Nachtisch zurecht.«
Wendy teilte Susan mit, was sie vorhatten. Susan nahm ihnen die Mäntel ab und führte sie dann ins Wohnzimmer, wo die Gäste in kleinen Gruppen bei Schokoladenkuchen miteinander plauderten.
»Darf ich noch einmal um Aufmerksamkeit bitten?« rief Susan laut. Dann sagte sie, daß Wendy ihnen einige Fragen vorlegen wolle.
Mitten im Zimmer stehend, stellte sich Wendy vor, für den Fall, daß jemand nichts von ihrem Arztberuf wußte. Dann fragte sie, welche der anwesenden Frauen durch Eileiterblockierung unfruchtbar geworden seien.
Drei Hände gingen in die Höhe.
Diese drei Frauen fragte Wendy: »Hat man Ihnen gesagt, daß Ihre Eileiter durch eine Tuberkulose blockiert worden seien oder daß es wenigstens unter dem Mikroskop nach Tbc aussehe?«
Die drei hoben die Brauen und wirkten unsicher. Sie wußten es nicht genau.
»Hat man einer von Ihnen zu einem Medikament geraten, das sich Isoniazid oder INH nennt?« fragte Marissa. »In diesem Falle hat man Ihnen sicherlich geraten, es einige Monate lang einzunehmen.«
Zwei der Frauen hoben die Hand. Die beiden berichteten, man habe sie nach der Bauchhöhlenspiegelung zum Internisten überwiesen und es sei die Rede von
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