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Markttreiben

Markttreiben

Titel: Markttreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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ausgerechnet eine,
für die man sich ins Zeug legt? Das schmerzt, das schmerzt bis weit über die
Grenze des Erträglichen hinaus. Das ist doppelter Betrug. Was hätte Effi Bader
getan? Lang, den Erpresser, zum Schweigen gebracht, weil sie noch mehr Schmerz
und Schmach nicht ertragen hätte. Das war möglich, sogar sehr gut möglich,
dachte Gerhard.
    »Wo wart ihr denn am Tage des Bürgerfests? Ich meine, du warst
zeitweise auf dem Balkon, nicht wahr?«
    »Ich hatte ein paar Sachen auszuliefern. War dann erst bei Miri und
bin später heim.«
    »Heim heißt nach Schongau oder nach Willofs?«, fragte Evi.
    »Nach Willofs. Ich habe einen Riesenauftrag von einem Hotel im
Tannheimer Tal, das alte Sachen restaurieren lassen will. Ich arbeite jede
Minute dran.«
    »Und deine Frau?« Gerhard suchte seinen Blick, aber Bader sah zu
Boden.
    Er zögerte. »Sie war auf dem Fest. Sie war offiziell da, sie saß bei
den Bürgermeistern der Nachbargemeinden und dem Bundestagsabgeordneten, der
auch im Lande war. Wie lange, keine Ahnung. Sie hat in Schongau übernachtet.
Tut sie fast immer, sie mag Willofs nicht.«
    Innerlich bebte Gerhard, aber er wusste, dass er mit Drohungen bei
einem Rainer Bader nicht weiterkam. Das hatte schon damals nicht gefruchtet,
als der Mann noch Zwick geheißen hatte. »Kannst du beweisen, dass du in Willofs
warst?«
    »Frag den Wirt. Ich bin verhockt. Etwa von elf bis vier. Du weißt
ja, offiziell ist am Wochenende bis drei offen, ich war sicher bis vier da. Du
kannst den Wirt fragen und noch ein paar. Ich war ziemlich zu. Na ja, ich
musste ja nicht mehr fahren.« Gerhard merkte, dass Rainer Bader seinen Witz
selber nicht so lustig fand. Theoretisch hätte er zwar nach Schongau fahren
können und Leo Lang meucheln, aber das Zeitfenster war schon verdammt knapp.
Gerhard war sich sicher, dass der alkoholisierte Rainer ins Bett und ins Koma
gefallen war.
    »Wo ist denn Ihre Frau momentan?«, fragte Evi.
    Er sah auf die Uhr. »Heute um diese Zeit im Home-Office in Schongau.
Ich geb euch die Adresse.« Er ging in seinen Werkstattschuppen und brachte ein
Kärtchen mit.
    »Effi Bader, Dipl.-Sozialpädagogin, Kreisrätin«, eine Adresse in
Schongau.
    »Wir werden sie aufsuchen müssen, das ist dir klar?«
    Bader nickte.
    »Ich muss sie fragen, ob sie von der Affäre gewusst hatte. Ich muss
sie nach den Bildern fragen. Das muss dir auch klar sein«, sagte Gerhard
eindringlich.
    Bader nickte erneut.
    Der Abschied war merkwürdig, sie gaben sich linkisch die Hand.
Wieder hatte Gerhard das Gefühl, dass er zu dicht dran war. Vielleicht sollte
er sich wirklich in einer Großstadt bewerben. Weit weg. Was hielt ihn denn hier
schon? Ein paar Freunde, die er selten sah? Seine Eltern, die immer auf Reisen
waren? Die Berge, die er zwar vor der Nase hatte, aber nie nutzen konnte, weil
ihm stets Mord und Totschlag dazwischenkamen? Es gelang ihm nicht, das
merkwürdige Gefühl abzuschütteln: ein Gefühl von Müdigkeit und Resignation. Er
wurde alt, so war das wahrscheinlich.
    »Ich glaube ihm«, sagte Evi, als sie im Auto saßen. »Fahren wir beim
Wirt vorbei?«
    »Sicher.«
    Was sie taten, und sie erhielten die Bestätigung, dass Bader bis
Viertel nach vier da gewesen war und »voll wie ein Tanklaster«.
    »Auf zu Effi«, rief Gerhard, und das sollte aufmunternd klingen.
Aber irgendwie war die Luft raus. Sie kamen einfach nicht weiter. Gerhard
wusste, dass Evi ähnlich dachte und empfand. Sie fuhren durch das Tor, und
sofort hatte Gerhard das Gefühl, dass Autos hier eigentlich nichts verloren
hatten. Sie parkten vor einem Männermodegeschäft.
    »Wär das nichts?«, fragte Evi und deutete auf ein Cordsakko mit rosa
Hemd.
    »Gibt’s das auch für Männer?«, grantelte Gerhard.
    »Ach, du hast keinen Sinn für Fashion!« Evi lachte.
    »Aber für die Historie«, meinte Gerhard und zog Evi zu einer
Reisegruppe hinüber, die augenscheinlich gerade an einer Stadtführung teilnahm.
Die beiden Kommissare gesellten sich hinzu und erfuhren, dass Schongau doch
mindestens so entzückend sei wie Dinkelsbühl, aber eben nur halb so bekannt.
Dass die Stadtmauer es auf 1,6 Kilometer Länge bringe und es noch fünf Türme
gebe. Als eine staufische Siedlung habe es die typische Stadtanlage mit einer
großen Hauptmagistrale.
    »Hättest du das gewusst?«, flüsterte Evi.
    »Nein.« Gerhard wollte Evi schon weiterziehen, aber die hatte nun
Kulturluft geschnuppert. Nun gut, sie mussten sowieso in Richtung der
Reisegruppe. Die Geschichte, dass

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