Marlene Suson 3
die Yarwoods Worte gehört hatten, jubelten begeistert auf.
Einer der Männer rief befriedigt: „Wußte ich’s doch, daß Gentle- man Jack kein Frauenzimmer ist. Ist ‘ne verdammte Schweine- rei, ‘nen ehrlichen, aufrechten Straßenräuber so durch’n Dreck zu ziehen.“
Aus dem Augenwinkel bemerkte Daniela eine Bewegung. Drei Männer kamen aus dem Wirtshaus, stiegen auf ihre Pferde und ritten in die Richtung, aus der Polk gekommen war. Kalte Angst stieg in Daniela hoch. Das mußten die drei Kopfgeldjäger sein, von denen der Squire und der Konstabler gesprochen hatten. Keine Frage, sie machten sich auf, Morgan zu fangen.
Eine Kutsche hielt vor dem Gefängnis. Jerome stieg aus und bahnte sich einen Weg durch die Menge, die immer noch aufgeregt schwatzte und lachte.
Mr. Yarwood eilte auf ihn zu, und Daniela hörte ihn fragen: „Weshalb sind Sie hier, Euer Gnaden?“
Jerome blieb stehen, doch Daniela konnte nicht hören, was er antwortete. Während die beiden Männer miteinander sprachen, flog die Gefängnistür auf. Daniela drehte sich um.
Ein wutschnaubender Polk stampfte herein. Das irre Glitzern in seinen Augen machte Daniela angst. Er sah aus wie ein Mann, der kurz davor war, den Verstand zu verlieren.
Eine Minute später kam auch Mr. Yarwood herein. „Die Frau, die Sie hier festhalten, ist eindeutig nicht Gentleman Jack. Sie werden sie auf der Stelle freilassen.“
„Nein!“ kreischte der Squire. „Der ... der Mistkerl, der uns überfallen hat, könnte ein Hochstapler sein, ein Spießgeselle von dieser Schlampe.“
Jerome erschien im Türrahmen.
Yarwood wies mit der Hand auf ihn. „So wie Sie behauptet haben, daß dieser Gentleman nicht der Duke of Westleigh ist, nicht wahr? Ich versichere Ihnen, es ist der Herzog. Ich kenne Seine Gnaden seit Jahren.“
Die Farbe in Polks Gesicht nahm eine grünliche Schattierung an.
„Es besteht überhaupt kein Zweifel darüber, daß der Mann, der Sie auf das mit Ihnen eng verwandte Tier gebunden hat, der wirkliche Gentleman Jack ist“, erklärte Yarwood. „Darüber hinaus verspreche ich Ihnen den gerechten Lohn dafür, daß Sie die Krone begaunern wollten, indem Sie die arme Lady Daniela als Gentleman Jack ausgaben.“
Polk schrumpfte sichtlich zusammen.
„Ich bedaure zutiefst, daß ich nicht autorisiert bin, Sie jetzt und hier Ihres Postens als Friedensrichter zu entheben“, fuhr Yarwood fort. „Aber ich werde dafür sorgen, sowie ich wieder in London bin. Dann werden Sie nicht mehr der Richter, sondern der Angeklagte sein.“
Polk sackte zusammen, als hätte er nicht mehr die Kraft, sei- nen unförmigen Leib aufrecht zu halten. Yarwood drehte sich zu Lindsey um. „Lassen Sie die Gefangene unverzüglich frei.“
Der Gefängniswärter, der sich von dem Zusammenstoß mit Polks Wanst noch immer nicht ganz erholt hatte, hastete mit dem Schlüssel in der Hand zu Danielas Zelle.
Einen Augenblick später öffnete sich die Zellentür, und Lind- sey befreite Daniela von ihren Fesseln. Mit einem Seufzer namenloser Erleichterung verließ Daniela die Zelle.
„Meine Kutsche wird uns nach Royal Elms zurückbringen, Lady Daniela.“ Jerome reichte ihr den Arm.
Sie nahm ihn und verließ an seiner Seite glücklich das Ge- fängnis. Draußen sog sie tief die frische, nach Gras und Blu- men duftende Luft ein. Mr. Yarwood war ihnen gefolgt. „Es wundert mich, daß Ihr Bruder Sie nicht begleitet, Euer Gna- den. Ich hatte angenommen, er würde bei seiner Verlobten sein wollen.“
„Das wollte er auch, doch der König hat ihn in geheimer Mission nach Warwickshire geschickt. Ein solcher Auftrag hat natürlich Vorrang vor seinen persönlichen Wünschen“, erklärte Jerome mit ernster Miene. „Er wird von meinem Schwager Lord Arlington begleitet. Die beiden hoffen, bis heute abend wieder zurück zu sein.“
„Ach ja, schon vor ein paar Wochen kam mir zu Ohren, daß Seine Majestät Ihren Bruder nach Warwickshire geschickt hat.“ Mr. Yarwood wandte sich Daniela zu. „Darf ich Sie zu Ihrer Verlobung mit Lord Morgan beglückwünschen, Mylady?“
Da Daniela nicht recht wußte, wie sie sich verhalten sollte, neigte sie nur lächelnd den Kopf.
Jerome half ihr in die Kutsche und drehte sich dann noch ein- mal zu Yarwood um. „Wir sehen uns ja bald auf Royal Elms.“ Dann stieg der Herzog ebenfalls ein. „Ich habe Mr. Yarwood ein- geladen, die Nacht auf Royal Elms zu verbringen, wenn er nach London zurückreitet“, erklärte er, während er neben Daniela Platz
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