Marlene Suson 3
ronet nicht bedurft. Offensichtlich folgte er Basils Rat, denn es folgte ein Augenblick des Schweigens.
Dann hörte Morgan wieder die Stimme seines Gastgebers. „So ist es recht. Runter damit. Gleich werden Sie sich besser fühlen.“
Hoffentlich nicht! dachte Morgan grimmig. Hoffentlich platzt dir morgen früh der Schädel von dem vielen Alkohol. Seine Meinung von Danielas Bruder sank noch tiefer, als sie ohnehin schon war. Wieso ging Basil einem Mann um den Bart, der gerade versucht hatte, seiner Schwester Gewalt anzutun? Von Rechts wegen hätte er Fletcher zum Duell fordern müssen, anstatt so beflissen um ihn herumzutanzen.
„Sie wissen doch wohl, daß ich Ihre Schwester nicht überfal- len habe, oder?“ greinte Fletcher mit weinseliger Stimme. „Sie hat mich aufgefordert, in ihr Zimmer zu kommen.“
„Ist doch klar“, gab Basil beschwichtigend zurück. „Sie ist nun mal ganz verrückt darauf, Sie zu heiraten.“
Warum, zum Teufel, gab Basil sich solche Mühe, seine Schwe- ster mit einem Mann zu verheiraten, den sie abgrundtief haßte? Manchmal glaube ich, Basil geht es nur darum, den anderen das zu verwehren, woran ihr Herz hängt. Und vor allem weidet er sich an Danielas Unglück, dachte Morgan zornig.
Er verließ das Haus durch eine Seitentür und eilte hinüber zu der Remise, wo die Kutsche seines Bruders untergestellt war. Drinnen war es noch dunkler als draußen. Ein Windstoß warf die Tür zu, und Morgan fuhr bei dem unerwarteten Knall zusammen.
Er tappte durch die stockdunkle Remise auf Jeromes Kutsche
zu und stolperte prompt über irgend etwas, das er nicht gesehen hatte, vermutlich eine Deichsel.
Plötzlich flammte ein Licht auf und erhellte eine Treppe, die zum Remisenboden hinaufführte, wo die Kutscher und Reit- knechte der Hausgäste untergebracht wurden. Eine Gestalt mit einer Laterne in der Hand kam die Treppe herab. „Wer ist da?“
Morgan stieß einen erleichterten Seufzer aus, als er Ferris’ Stimme erkannte. „Ich bin’s. Bring die Laterne her. Ich will zu Jeromes Kutsche, aber es ist so verdammt dunkel hier, daß ich nichts sehen kann.“
Ferris folgte der Aufforderung. Während sie zu der eleganten Ebenholzkutsche des Herzogs gingen, fragte er: „Bleibt es dabei, daß wir morgen abreisen?“
„Ja“, gab Morgan zurück. „Spätestens um acht will ich unterwegs sein.“
„Was wollen Sie bei der Kutsche? Ihre Pistolen holen?“
„Nein, die von Lady Daniela. Sie hat versprochen, die Straßen- räuberei an den Nagel zu hängen. Deshalb gebe ich ihr ihre Waffen zurück.“
„Glauben Sie, daß sie Wort halten wird?“
„Ja. Sie ist eine durch und durch integre Frau. Außerdem braucht sie die Pistolen, um sich vor diesem Stinktier Fletcher zu schützen. Er hat heute abend versucht, ihr Gewalt anzutun.“
„Jesus Maria!“ rief Ferris erschrocken.
Als sie Jeromes Kutsche erreichten, stieg Morgan ein. Er schob die Hand zwischen Sitz und Seitenwand und zog an einem ver- borgenen Hebel. Ein Stück der Wandverkleidung öffnete sich, und zum Vorschein kam ein Geheimfach, in dem sowohl seine als auch Danielas Pistolen lagen.
Anfangs hatte Morgan nur ihre Waffen hier versteckt, doch nachdem sie sich seine ausgeborgt hatte, mußte er diese auch in der Kutsche unterbringen.
Morgan nahm alle vier Pistolen aus dem Geheimfach und steckte sie in den Stoffsack. Es paßte ihm überhaupt nicht, Da- niela auf Greenmont zu lassen, auch wenn sie ihre Waffen hatte. Er war selbst überrascht darüber, wie stark sein Wunsch war, sie zu beschützen.
„Ich mache mir große Sorgen wegen Fletcher, und was er Da- niela antun könnte, wenn ich erst fort bin“, sagte Morgan. „Er ist so eine hinterhältige Kröte. Und ihrem Bruder traue ich auch
nicht. Nach Fletchers Überfall heute abend hat er sich sofort auf die Seite dieses Bastards geschlagen, anstatt Danielas Worten zu glauben.“
„Vielleicht sollten Sie sie doch nicht hierlassen“, gab Ferris zu bedenken.
„Ich habe ja versucht sie zu überreden, mit uns nach Royal Elms zu kommen, aber sie weigert sich.“ Morgan schob das Brett in der Wandverkleidung zurück, so daß nichts mehr von dem Geheimfach zu sehen war. Dann sprang er mit dem Sack in der Hand aus der Kutsche. „Lady Daniela ist die widerspen- stigste Frauensperson, die mir je über den Weg gelaufen ist. Ich weiß wirklich nicht, wie ich sie dazu bringen soll, Greenmont zu verlassen ... es sei denn, ich entführe sie.“
Ferris grinste. „Nun, einen solchen
Weitere Kostenlose Bücher