Marlene Suson 3
alles, was er will.“
Mit hervorquellenden Augen starrte der fette Grubenbesitzer auf sie hinab. Und nicht nur seine Augen quollen hervor. Als er sich auf sie preßte, spürte Daniela, daß er stark erregt war, und blankes Entsetzen schüttelte sie.
Sie würde es nicht noch einmal zulassen. Verzweifelt wehrte sie sich und versuchte ihn zurückzustoßen. Es gelang ihr, einen Arm freizubekommen. Mit gekrümmten Fingern fuhr sie ihm ins Gesicht, und ihre Fingernägel gruben sich in sein schlaffes Fleisch.
„Au-u-u!“ heulte er auf. Er nahm die Hand von ihrem Mund und griff sich in das blutende Gesicht. Sofort schrie Daniela wieder so laut sie konnte.
Fletchers Hand schoß vor und schloß sich brutal um ihren Hals, so daß sie keine Luft mehr bekam.
Im selben Augenblick flog ihre Zimmertür auf, und Daniela hörte hastige Schritte, die sich dem Bett näherten. Ein musku- löser Arm schlang sich um Fletchers Hals. Der Fettwanst stieß einen erstickten Schrei aus. Er ließ Daniela los, um sich selbst aus der Umklammerung zu befreien.
Während Daniela nach Luft schnappte, wurde Fletcher von ihr weggerissen und zu Boden gestoßen. Er schrie vor Schmerz, als er auf dem Fußboden aufschlug.
Drohend wie der Leibhaftige stand Lord Morgan über ihm. Fletcher keuchte vor Angst auf, was Daniela gut verstehen konnte. Morgans Gesichtsausdruck machte sogar ihr angst. Er wirkte völlig verändert. Jetzt war er nicht mehr der verbind-
liche, kultivierte Aristokrat, sondern der Racheengel persönlich. Er sah wirklich zum Fürchten aus.
„Du gottverdammte, entartete Ratte!“ stieß er haßerfüllt her- vor. Er packte den Baronet an Spitzenjabot und Hemdbrust, riß ihn hoch und versetzte ihm einen Faustschlag ins Gesicht, der Fletcher gegen das Bett taumeln ließ.
Als Morgan dann einen Kinnhaken folgen ließ, rollte Daniela sich rasch zur Seite, damit der Baronet nicht wieder auf sie fiel. Er stöhnte auf und schwankte bedenklich. Daniela sprang vom Bett auf und blieb neben einem der Bettpfosten stehen. Sie sah zu, wie Morgan mit wutverzerrtem Gesicht erneut auf Fletcher einschlug.
Basil kam ins Zimmer gestürzt, gefolgt von zwei Lakaien. Er wollte Morgan in den Arm fallen, wurde jedoch achtlos bei- seite gefegt. Morgan stieß die Faust in Fletchers Magen, und der Baronet klappte winselnd zusammen.
Danielas Bruder stellte sich zwischen Morgan und den am Boden kauernden Fletcher. „Was haben Sie Sir Waldo angetan?“
„Bei weitem weniger, als er verdient! Der Bastard hat Ihre Schwester überfallen.“
Morgans zornige Worte verscheuchten Danielas Benommen- heit. Niemand hatte sie je zuvor so verteidigt, weder handgreif- lich noch verbal, und sie war Morgan zutiefst dankbar.
Basil streifte Daniela mit einem vernichtenden Blick. „Si- cher nicht“, höhnte er. „Das hat sie Ihnen vielleicht vorgelogen, aber ... Mylord!“ schrie er entsetzt auf, als Morgan ihn am Kragen packte und hinüber zu Daniela stieß.
Mit der freien Hand griff Morgan nach einer Kerze, die auf dem Nachttisch stand, und hielt sie so, daß man Danielas Hals sehen konnte. „Sicher doch! Sehen Sie sich ihren Hals an. Der fette Wurm hat sie gewürgt. Ich bin noch gerade rechtzeitig hereingekommen.“
Er senkte die Kerze und beleuchtete Fletchers zerkratztes, blu- tendes Gesicht. „Und werfen Sie einen Blick auf diese Visage! Das hat Ihre Schwester getan, als sie versuchte, sich gegen ihn zu wehren.“
Als Basil die schiere Mordlust in Morgans Augen sah, duckte er sich und wich zurück.
„Raus hier!“ donnerte Morgan Basil und die beiden Lakaien an. Er deutete auf den sich noch immer am Boden krümmenden Fletcher. „Und nehmen Sie diesen Haufen Unrat mit.“
Daniela schaute auf Fletcher hinab, und kalter Haß wallte in ihr auf. Gegen Rigsby war sie machtlos gewesen, aber dieser in- fame Mensch sollte nicht so einfach davonkommen. Sie würde es ihm heimzahlen. So sehr es sie auch freute, daß Morgan so für sie eingestanden war, diesmal würde sie auf ihre eigene Rache nicht verzichten.
Basil nickte den beiden Lakaien zu. Der eine ergriff Fletchers Beine, und der andere packte ihn bei den Schultern. Sie hoben ihn auf und trugen ihn hinaus. Basil folgte ihnen.
Als Morgan ebenfalls auf die Tür zuging, dachte Daniela, er wollte das Zimmer auch verlassen, doch er schloß lediglich die Tür und kam dann zu ihr zurück. Sie sah die Besorgnis und das Mitgefühl in seinen Augen. Er fuhr mit dem Finger so sanft über die Druckstellen an ihrem Hals,
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