Mars 01 - Die Prinzessin vom Mars
steht sie nicht deutlich sichtbar am Himmel?«
Ich muß zugeben, daß ich nun ebenso verblüfft war wie sie zuvor durch meine Erklärung, und teilte ihr dies mit. So erklärte sie mir dann die Grundprinzipien der Apparate, die ihr Volk seit Jahrhunderten nutzte und weiterentwickelt hatte. Sie ermöglichten es ihnen, ein geschlossenes Bild von dem, was auf jedem Planet und auf vielen Sternen vor sich ging, auf einen Bildschirm zu projizieren. Diese Abbildungen sind in jeder Hinsicht so makellos, daß man, wenn sie fotografiert und vergrößert sind, Gegenstände von der Größe eines Grashalmes deutlich darauf erkennen kann. Später, in Helium, sah ich viele dieser Bilder und auch die Instrumente, mit denen man sie herstellte.
»Wenn du über die Dinge auf der Erde so gut Bescheid weißt, warum erkennst du mich nicht als einen Bewohner dieses Planeten?« fragte ich.
Erneut lächelte sie nachsichtig, als sei ich ein Kind, dessen Fragerei sie ermüde.
»Weil sich fast auf jedem Planeten und jedem Stern mit ähnlich gearteter Atmosphäre wie Barsoom Formen von Leben zeigen, die dir und mir fast gleichen, und weil außerdem fast alle Erdenmenschen ihren Körper mit seltsamen, unansehnlichen Stoffstücken bedecken und ihre Köpfe mit fürchterlichen Apparaten, deren Sinn wir bisher nicht herausfinden konnten, während ich dich bei den Kriegern der Thark völlig ohne Schmuck und nicht im geringsten verunstaltet vorgefunden habe.
Die Tatsache, daß du keinen Schmuck trugst, ist ein eindeutiger Beweis dafür, daß du nicht von Barsoom bist, während das Fehlen jeglicher, grotesker Verhüllung Zweifel aufkommen läßt, daß du von der Erde stammst.«
Ich erzählte ihr dann Einzelheiten über meine Abreise von der Erde, wie mein Körper in der Höhle lag, vollkommen verhüllt mit all den ihr seltsam erscheinenden Kleidungsstücken eines Erdenbürgers. In diesem Moment kehrte Sola mit unserem kümmerlichen Besitz und ihrem jungen Schützling zurück, der natürlich die Behausung mit ihnen teilen würde.
Sola fragte, ob wir während ihrer Abwesenheit Besuch gehabt hätten und schien sehr überrascht zu sein, als wir verneinten. Als sie sich dem Zugang zu den oberen Stockwerken genähert hatte, wo unsere Räume sich befanden, war ihr Sarkoja entgegengekommen. Wir schlußfolgerten, daß diese uns belauscht hatte, aber da wir uns nicht erinnern konnten, über etwas von Wichtigkeit gesprochen zu haben, taten wir die Sache als unwesentlich ab, wobei wir uns schworen, in Zukunft äußerst vorsichtig zu sein.
Dejah Thoris und ich begannen nun, uns die Ausgestaltung und Dekoration der schönen Gemächer unseres Hauses genauer anzuschauen. Sie erzählte mir, daß dieses Volk wahrscheinlich vor über einhunderttausend Jahren seine Blütezeit erlebt hätte. Es waren die frühen Vorfahren ihres Geschlechtes, die sich aber mit einer anderen großen Rasse der Frühzeit, die sehr dunkel, fast schwarz gewesen war, sowie mit einem rötlich gelben Volk vermischt hatten.
Diese drei großen, hochentwickelten Rassen sahen sich dazu gezwungen, ein großes Bündnis einzugehen, da sie auf Grund des Austrocknens der Marsmeere die vergleichsweise wenigen und immer kleiner werdenden fruchtbaren Gebiete aufsuchen und sich unter den neuen Lebensbedingungen gegen die wilden Horden der grünen Menschen verteidigen mußten.
Dem jahrhundertelangen Zusammenleben entsprang das Volk der roten Menschen, dem auch Dejah Thoris angehörte. Im Verlaufe der Jahrhunderte andauernden Schwierigkeiten und der ständigen Kriege untereinander und mit den grünen Menschen gingen viele Errungenschaften der hochentwickelten Zivilisation sowie zahlreiche Kunstwerke der hellhaarigen Marsbewohner verloren, noch bevor man sich den veränderten Bedingungen angepaßt hatte. Die roten Menschen von heute glaubten, durch neue Erkenntnisse und eine angebrachte Lebensweise wieder ausgeglichen zu haben, was mit ihren Vorfahren unwiederbringlich dahingegangen war.
Die Marsmenschen von früher waren ein hochentwickeltes und gebildetes Volk, doch während jener mühsamen, jahrhundertelangen Anpassung an neue Lebensbedingungen kam nicht nur ihr Fortschritt und ihre Produktion zum Erliegen, sondern wurden auch all ihre Archive, Aufzeichnungen und ihre Literatur zerstört.
Dejah Thoris erzählte viele interessante Fakten und Legenden über ihre edlen und freundlichen Vorfahren. Sie sagte, die Stadt, in der wir unser Lager aufgeschlagen hatten, sei ein Handels- und Kulturzentrum mit
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