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Mars Live

Mars Live

Titel: Mars Live Kostenlos Bücher Online Lesen
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ihnen, erstreckten sich zwei 80 Kilometer breite Furchen bis zum Horizont, tief und schmerzhaft aussehend wie von Klauen gerissene Wunden; ihre Tiefe war durch den Morgendunst verschleiert. Das waren die Valles Marineris, über achttausend Kilometer lang und viermal so tief wie der Grand Canyon. Die sich langsam bewegende Morgendämmerung enthüllte die Labyrinthe am westlichen Ende der Valles, wo die Klauenmale in einem an eine krakelierte Glasierung erinnernden Gewirr von Furchen und Tafelbergen ausliefen, das jetzt direkt unter ihnen lag. Dann, während sich die Morgendämmerung immer weiter nach Westen schob, erschienen die glatten Lavaflächen des Tharsis-Plateaus, doppelt so hoch wie die Berge Tibets und anderthalbmal so groß in der Ausdehnung. Die Ziolkowski schwenkte nach Steuerbord, und hinter sich sah Natascha Kirow, wie sich die Reisenden in der rückwärtigen Kabine am winzigen Steuerbordfenster zusammendrängten und jeweils zu zweit durch Glamours Demogorgon hinausblickten. Der Mars war unter ihnen ausgebreitet, fremd und schön. Bass spürte ein Kribbeln im Magen, als er den Flügel um ein weiteres Grad auf 48 Grad neigte und in Spiralen auf 110.000 Fuß hinunterging. Da war er wieder, der Aufwind, den er gesucht hatte. Seine Spur war seit Jahren thermisch verfolgt worden, und er war so regelmäßig wie Ebbe und Flut auf der Erde. Am östlichen Ende der Marineris-Schlucht war es bereits Mittag, während im Westen erst der Morgen dämmerte. Die Ziolkowski spürte den Aufwind der von der Sonne erwärmten, nach Westen strömenden Luft, während sie über die Schluchten zischte und sich über die Tharsis erhob. Bass senkte die Nase des kleinen Schiffs, um Geschwindigkeit zu gewinnen, dann steuerte er es direkt nach Westen, über die langgestreckte, kuppeiförmig gewölbte Ebene. Der Gleitquotient betrug im Aufwind 20:1, selbst in einer Höhe von mehr als 100.000 Fuß. Die Hochebene lag immer noch im Dunkeln, als die Schluchtenlandschaft hinter ihm verschwand. Nun erschienen, weit vor ihm, rosafarben über dem schwarzen Horizont die gespenstischen Gipfel der großen Vulkane. Die Ziolkowski sank ein wenig, und während er den Schwenkflügel um ein weiteres Grad nach außen neigte, um die Nase anzuheben, sah Bass über die Schulter drei Gesichter und den Demogorgon in der Tür des Flugdecks: Greetings, Fonda-Fox und Jeffries standen da und beobachteten, wie die Vulkane sich von oben nach unten aus der Dämmerung schälten, während das Licht an ihren Flanken hinabglitt, als malte sie die Sonne ans Firmament. »Pavonis Mons«, sagte Natascha Kirow und deutete auf die große Erhebung direkt vor ihnen. »Arsia Mons« (fast fünfhundert Kilometer links davon und abgeflachter), »Ascraeus Mons« (vierhundertsechzig Kilometer nördlich davon, mit schrofferen Seiten und insgesamt gebirgiger). Die Ziolkowski raste lautlos mit mehr als tausend Meilen in der Stunde auf den Pavonis Mons zu, und als sie ihn in einer Höhe von eben noch zehntausend Fuß den Gipfel überflogen, konnten sie in den Krater blicken – eine Schüssel in 80.000 Fuß Höhe, von weißen Wolken überquellend, die vom Morgenwind nach Westen getrieben wurden. Fonda-Fox war einmal über den Kilimandscharo geflogen, und er erinnerte sich, daß er damals das Gefühl gehabt hatte, der kahle Krater unter ihm sei beinahe wie eine andere Welt, unergründlich in seiner hellen und dunklen und leblosen Kälte. Jetzt hatte er das gleiche Gefühl, nur daß dies tatsächlich eine andere Welt war.
    Niemand sprach ein Wort. In der Kabine der Ziolkowski herrschte Stille; selbst die Luft war verstummt, da sie immer noch mit Überschallgeschwindigkeit flogen und das einzige Geräusch von der Vibration des Flugzeugs erzeugt wurde.
    Sie hatten den Pavonis Mons hinter sich und sanken tiefer, durch peitschende Eiswolken, die vom Gipfel aufstiegen. Bass schwenkte nach rechts, in Richtung Norden, und als die Wolkenfetzen hinter ihnen wegsackten, erhob sich vor ihnen, wie aus der dunklen Seite des Planeten auferstanden, der größte Vulkan des Sonnensystems, mit einem Durchmesser von zweihundert Meilen am buckeligen Gipfel; die oberen Hänge waren von Schnee überstäubt, oben weiß und in den tiefergelegenen Bereichen von Staubstürmen rot gefärbt, da diese den Berg im unteren Teil umtobten, den oberen Teil aber niemals berührten.
    »Olympus Mons«, sagte Natascha Kirow.
    Sie hatte die Worte kaum ausgesprochen, da hüllte sich der Berg in Licht. Sein Fuß wurde von 7000

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