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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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verlegenen Achselzuckens oder einer ausführlichen Aufforderung zur Vertraulichkeit.
    Art wären alle diese Tricks unangenehm gewesen, darum schätzte er ihr Taktgefühl. Aber es brachte eine gewisse Distanz in ihre Gespräche. Und er sah die anderen Neulinge von Praxis nur selten außer bei Einführungstreffen; und er kannte niemanden sonst in der Stadt oder anderswo auf dem Planeten. Darum war er etwas einsam, und die Tage vergingen mit einem zunehmenden Gefühl des Unbehagens und sogar von Niedergeschlagenheit. Er hielt die Vorhänge vor der Aussicht von seinem Fenster aus geschlossen und speiste in Restaurants, die entfernt vom Rand lagen. Es kam ihm fast zu sehr so vor wie in den Wochen auf der Ganesh, die für ihn jetzt eine miserable Erinnerung bildeten. Manchmal mußte er sich des Gefühls erwehren, daß es ein Fehler gewesen war zu kommen.
    Und so trank er nach ihrer letzten Orientierungslektion bei einem Empfangsessen im Praxisgebäude mehr als gewohnt und tat einige Atemzüge aus einem großen Kanister mit Lachgas. Das Inhalieren von Erholungsdrogen war ortsüblich und bei Bauarbeitern auf dem Mars recht verbreitet, wie man ihm gesagt hatte. Und es gab sogar kleine Kanister mit verschiedenen Gasen in Automaten mancher öffentlicher Herrentoiletten. Sicher verlieh die Salpetersäure dem Champagner eine besondere Spritzigkeit. Das war eine hübsche Kombination wie Erdnüsse und Bier oder Eiskrem und Apfeltorte.
    Danach ging Art mit wirren Sprüngen durch die Straßen von Sheffield. Er empfand die Salpetersäure als eine Art von Antischwerkraftwirkung, die zusammen mit dem Grundeffekt auf dem Mars ihm ein fast allzu großes Gefühl von Leichtigkeit vermittelte. Technisch wog er etwa vierzig Kilo; aber beim Gehen fühlte er sie mehr wie fünf. Sehr seltsam, sogar unangenehm. Als ob man auf mit Butter beschmiertem Glas gehen würde.
    Er stieß fast mit einem jungen Mann zusammen, der sichtlich größer war als er, so schlank wie ein Vogel und ebenso graziös, der schnell vor ihm abbog und ihn dann mit einer Hand auf der Schulter beruhigte, alles in einer glatten, fließenden Bewegung.
    Der junge Mann sah ihm ins Gesicht. »Sind Sie Arthur Randolph?«
    »Ja«, sagte Art überrascht, »der bin ich. Und wer sind Sie?«
    »Ich bin derjenige, der sich mit William Fort in Verbindung gesetzt hat.«
    Art blieb abrupt stehen und schwankte, um wieder auf die Füße zu kommen. Der junge Mann hielt ihn mit leichtem Druck senkrecht. Seine Hand lag fest auf Arts Oberarm. Er sah Art direkt an mit freundlichem Lächeln. Vielleicht zwanzig Jahre alt, schätzte Art, vielleicht jünger - ein hübscher Bursche mit brauner Haut und dichten schwarzen Augenbrauen und Augen, die leicht asiatisch waren und über vorstehenden Backenknochen saßen. Ein intelligenter Blick, voller Wißbegier und einer Art magnetischen Qualität, die schwer festzulegen war.
    Art war er sofort sympathisch, ohne einen Grund, den er hätte angeben können. Es war bloß ein Gefühl. »Nennen Sie mich Art!« sagte er.
    »Ich bin Nirgal«, sagte der Jüngling. »Lassen Sie uns zum Overlook Park hinuntergehen.«
    Also ging Art mit ihm über den mit Gras bewachsenen Boulevard zu dem Park am Rand. Dort schlenderten sie über den Weg neben der Mauerkrone. Nirgal half Art bei seinen betrunkenen Wendungen, indem er freimütig seinen Oberarm packte und ihn steuerte. Sein Griff hatte eine durchdringende elektrische Eigenschaft und war sehr warm, als ob der Junge Fieber hätte. Aber in seinen dunklen Augen war kein Anzeichen davon.
    »Warum sind Sie hier?« fragte Nirgal. Und seine Stimme und der Blick in seinen Augen machten die Frage zu etwas anderem als einer oberflächlichen Erkundigung. Art dachte über seine Antwort nach.
    »Um zu helfen«, sagte er.
    »Also wirst du zu uns stoßen?«
    Wieder machte der junge Mann irgendwie klar, daß er etwas anderes, Fundamentales meinte.
    »Ja, zu jeder Zeit, die ihr wollt«, versicherte Art.
    Nirgal zeigte ein rasches, entzücktes Lächeln, das er nur zum Teil überwand, ehe er sagte: »Gut. Sehr gut. Aber schau, ich tue dies aus eigener Initiative. Verstehst du? Es gibt Leute, die es nicht billigen würden. Darum muß ich dich bei uns einschmuggeln, als ob es ein Unfall wäre. Ist das deinerseits okay?«
    »Das ist fein.« Art schüttelte etwas verwirrt den Kopf. »So hatte ich es ohnehin vor.«
    Nirgal machte bei der Ausguckblase halt, ergriff Arts Hand und hielt sie fest. Sein Blick, so offen und nicht blinzelnd, war ein

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