Marschfeuer - Kriminalroman
schrie Lyn auf.
»Aber wieso …?«
»Lebensmittelvergiftung,
wie’s aussieht. Sie wissen noch nicht genau, was es war, aber irgendeine Speise
vom Büfett war wohl nicht in Ordnung. Auf jeden Fall geht es beiden ziemlich
dreckig. Heftige Krämpfe, Durchfall, Erbrechen.«
»Du meine Güte … Die
Armen … Das war bestimmt der Fisch. Ich weiß schon, warum ich dieses ekelhafte
Schuppenzeug nicht esse. Und du hattest auch keinen Fisch.«
»Lass uns gleich ins
Büro fahren«, schlug Hendrik vor, »es wird genug zu tun geben. Ich darf gar
nicht daran denken, wer da noch alles ausfällt. Die Kollegen von den anderen
Kommissariaten sind vielleicht auch betroffen.«
»Ausgerechnet jetzt, wo
wir Hühner-Waldis Mörder finden müssen.« Lyn griff nach ihrem Lederrucksack, in
dem sie ihre Kleidung verstaut hatte, und zog eine Jeans und einen Pulli
heraus. Ihr kleines Schwarzes lag zusammengeknüllt vor dem Bett. Achtlos
stopfte sie es in den Rucksack.
»Hier, mein Herz.« Über
dem Zeigefinger des lächelnden Hendrik schaukelte ihr schwarzer Spitzen- BH .
Lyn zog ihn grinsend von
seinem Finger, stand auf, schlang die Arme um Hendriks Hals und flüsterte: »Ich
liebe dich, Hendrik Wolff.«
Nach einem
leidenschaftlichen Kuss sagte Hendrik: »Ich koche einen Kaffee, dann können
wir.«
Im Bad starrte Lyn in
den Spiegel, nachdem sie sich einer Katzenwäsche unterzogen und ihre Zähne
geputzt hatte. Würde Karin dichthalten? Die Kollegen durften einfach nicht vor
ihren Töchtern erfahren, dass sie mit Hendrik zusammen war. Seufzend bürstete
sie ihr braunes Haar.
Als Lyn das
Besprechungszimmer mit einem »Guten Morgen« betrat, saßen dort Karin Schäfer,
Thilo Steenbuck, Jochen Berthold und Hendrik, der fünf Minuten vor ihr
eingetroffen war.
»Guten Morgen, Lyn«,
sagte Karin, »mit dir ist das Mordkommissariat jetzt vollzählig. Alle anderen
hat’s erwischt.« Die Hauptkommissarin sah blass und übermüdet aus.
»Mein Gott«, sagte Lyn
kopfschüttelnd, »Lurchi auch? Wie geht’s deinem Mann, Karin? Und Wilfried? Hast
du etwas gehört?«
»Beschissen geht’s
ihnen. So hab ich meinen Mann noch nie gesehen. Solche Krämpfe! Wir waren ja
schon um Mitternacht zu Hause, weil es beim Blaulichtfest bereits anfing. Bis
um vier Uhr hat Axel sich zu Hause gequält. Er wollte partout nicht ins
Krankenhaus. Dann bin ich böse geworden und habe ihn ins Auto geladen. Da war
Wilfried schon da. Ich habe mit Elke telefoniert … Lurchi hat’s übrigens nicht
selbst erwischt, sondern seine Frau. Sylvia ist auch im Krankenhaus. Und weil
sie niemanden für die Zwillinge haben, bleibt Lurchi heute zu Hause.«
»Ich weiß schon, warum
ich dieserlei Feste meide«, kam es über Jochen Bertholds Lippen.
»Und Tessa und ich haben
uns gewundert, warum alle so früh verschwunden sind«, sagte Thilo. »Wir haben
noch mit den SG- 1-Leuten bis drei Uhr gefeiert … Warum
bist du so früh gegangen, Hendrik? Krämpfe waren’s bei dir ja anscheinend
nicht.«
Lyn überlief es heiß,
und ihr Blick glitt automatisch zu Karin. Aber die verzog keine Miene.
»Ich war wohl nicht in
Stimmung«, sagte Hendrik, ohne Thilo anzublicken.
»Apropos Stimmung«,
hakte Thilo nach, »was ist mit unserer Praktikanten-Barbie? Liegt die auch
danieder, oder warum ist sie nicht hier?«
»Laut Elke ist sie in
Ordnung«, sagte Karin. »Ich denke, die junge Dame macht Wochenende. Und ich
habe nicht vor, sie hierherzuzitieren. Nichte vom Chef hin oder her! Ich denke,
jeder von uns ist froh, bei dem Haufen Arbeit, der vor uns liegt, nicht noch
Praktikanten-Fragen beantworten zu müssen. Es reicht, wenn sie Montagmorgen
wieder auf der Matte steht, oder?«
»Schäferlein, du bist
nicht nur wunderschön, sondern auch weise«, nickte Thilo huldvoll.
»Ich weiß«, kam die
trockene Antwort, »aber jetzt zur Sache: Der Obduktionsbefund von Waldemar
Pankratz ist immer noch nicht da. Ich bin gleich zum Fax, als ich hier war.
Also werd ich dem Helbing gleich mal auf die Füße treten … Was für ein
Scheißtag!«
»Für die armen
Fischvergifteten tut’s mir echt leid. Aber ich könnte mir auch was Schöneres
vorstellen, als an einem verregneten Samstagmorgen hier im Büro zu hocken«,
klagte Thilo mit Blick durch das Fenster in den wolkenverhangenen Himmel. »Ich
könnte noch so schön im Bett liegen, Tessa den Nacken kraulen und–«
»Das ›und‹ erspare uns
bitte«, unterbrach Karin ihn sofort, »erzähl uns lieber, was die Befragung von
Waldemar Pankratz’
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