Marschfeuer - Kriminalroman
gezogen, nachdem
der Vater verstorben war. Er hat zwei Jahre später auf der Meidericher
Schiffswerft seine Ausbildung zum Maschinenschlosser begonnen. Hat als Landesbester
abgeschnitten. Er ist dann später mit seiner Mutter noch einmal umgezogen. Nach
Rendsburg. In das Haus der Großmutter väterlicherseits, nachdem die gestorben
war. Er hat sich mit fünfundzwanzig Jahren auf der Jacobsen-Werft beworben und
sehr gute Arbeit geleistet. Der alte Jacobsen hat ihn seinen Techniker machen
lassen. Lindmeir hat 1989 geheiratet, 1993 den Jungen adoptiert. Alles
unspektakulär.« Er sah von seinen Notizen auf.
»Vor etwa zehn Jahren
ist Lindmeir dann in die Chefetage aufgestiegen, seit mehr als drei Jahren
schmeißt er den Laden quasi allein. Die Werft hat zu kämpfen, aber das liegt
eindeutig nicht an der Geschäftsführung, sondern an der allgemeinen
wirtschaftlichen Situation. Die Jacobsen-Werft steht im Gegensatz zu anderen,
sehr viel größeren deutschen Werften noch ganz gut da. Diese Info hab ich von
den Kollegen des K3, die die Bücher gewälzt haben.« Dann klappte er seine Mappe
zu. »Das war’s.«
»Wie sieht’s mit seinen
privaten Finanzen aus? Spielschulden oder Leidenschaften anderer Art?«
Lukas winkte ab. » Niente. Nada. Nothing. Ich hätte gern sein Gehalt. Der ist
gut situiert. Das Haus ist abbezahlt, er fährt regelmäßig mit seinem Sohn in
Urlaub, ansonsten gibt er nicht viel aus. Seine Konten sind mehr als
ausgeglichen. Und außer Schach spielt der nichts.«
Karin seufzte. »Danke,
Lurchi.«
Lyn blickte die
Hauptkommissarin an. »Dann werde ich mich jetzt noch einmal mit Hinrich
Jacobsens Geschäftsreise befassen und ein paar Telefonate führen.«
»Du hast doch schon mit
den Geschäftspartnern gesprochen, Lyn. Welche neuen Erkenntnisse versprichst du
dir davon?«, fragte Karin.
»Wir wissen, dass Hinrich Jacobsen seit Groningen höchst erregt war,
aber uns fehlt immer noch die entscheidende Information, warum .
Und ich möchte einfach nichts übersehen beziehungsweise überfragt haben. Von
Paul Lindmeir wissen wir, dass Hinrich Jacobsen am Sonntag abgereist ist. Er
ist mit dem Zug nach Köln gefahren, hat dort im Maritim übernachtet und sich am
Montagmorgen mit dem Ehepaar …«, Lyn blätterte in ihren Unterlagen, » …Christhagen
getroffen. Er hat Gespräche mit der Reedersfamilie geführt, die eine private
Jacht in Auftrag geben will und sich auf der Suche nach einer passenden Werft
befindet.«
Sie blickte in die
Runde. »Hier geht es natürlich um Riesensummen. Lindmeir sagte, dass die
Christhagens wohl in China oder Korea bauen lassen wollen. Die asiatischen
Werften klöppeln so ein Schiff für einen Bruchteil der Kosten zusammen, die
deutsche Werften nehmen und benötigen. Der Wettbewerb unter den Werften ist hart.
Anscheinend wollte Jacobsen noch einmal die Vorzüge seiner Werft aufzeigen …
Nun, die Christhagens haben beide ausgesagt, dass Hinrich Jacobsen einen sehr
ausgeglichenen Eindruck auf sie gemacht hat. Von nervöser Unruhe war nichts zu
spüren. Am selben Nachmittag ist er nach Groningen weitergefahren.«
»Wieso ist er nicht
geflogen?«, hakte Thilo nach.
»Flugangst«, antwortete
Lyn. »Er ist immer mit der Bahn gereist.« Sie drehte ihren Kugelschreiber
zwischen den Fingern ihrer Hand, während sie weitersprach. »Er ist jedenfalls
am späten Abend in Groningen angekommen und hat sein Hotel bezogen. Dienstag
und Mittwoch fanden dann die Gespräche mit den holländischen Geschäftspartnern
statt. Und hier wird es interessant–«
»Mit den niederländischen Geschäftspartnern«, unterbrach Barbara Ludowig
Lyn. »Man sagt nicht holländisch. Holland ist nur ein bestimmter Teil der
Niederlande.«
»Danke für die
Belehrung. Darf ich jetzt weitermachen?« Lyn wusste, dass ihr Lächeln nicht
ihre Augen erreichte.
Besserwisser-Barbie
besaß zumindest den Anstand zu erröten.
»Also«, fuhr Lyn
angesäuert fort, »die niederländischen Geschäftspartner sagten aus, dass Jacobsen sehr angeschlagen und abwesend
wirkte. Bereits bei dem ersten Treffen am Dienstagmorgen … Fazit: Irgendwann
nach dem Treffen mit den Christhagens und vor dem Eintreffen bei den Holl …Niederländern
hat er etwas erfahren, das ihn so in Erregung brachte. Aber was, verdammt noch
mal?«
»Vielleicht haben die
Christhagens etwas von sich gegeben, von dem sie gar nicht wissen, was es in
Jacobsen ausgelöst hat?«, suchte Lukas nach einer Erklärung.
»Das glaube ich nicht,
Lurchi.« Lyn
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