Marschfeuer - Kriminalroman
versteckt.«
»Und was hat das mit
Onkel Hinrich zu tun?«
»Warum sagst du immer Onkel Hinrich? Er war doch gar nicht dein Onkel.«
»Ich hab aber immer
Onkel zu ihm gesagt. Ist doch auch scheißegal.«
»Der hat doch bestimmt
viel Geld bei sich gehabt«, mutmaßte Jana weiter, »der war doch reich.«
»Ja, schon, aber …«
»Gonzo hat deinen Onkel gehasst. Der hat ihn vor zwei Wochen auf der Werft
vor versammelter Mannschaft so dermaßen runtergeputzt. Du hättest Gonzo mal
hören sollen. ›Den Alten hau ich um‹ und ›Das Schwein kriegt noch, was es
verdient‹ und all solche Sachen hat er zu mir gesagt. Aber ich hab doch nicht
gedacht, dass er ernst macht … Und dann … dann ist da noch die Sache mit dem
Kaminanzünder.«
»Womit?«
»Ich hab da so ‘n Zeugs
in Gonzos Schrank gesehen. Zwei Kanister voll. Bioethanol stand drauf. Als ich
ihn gefragt hab, was das ist, hat er mir so ‘ne dämliche Antwort gegeben. Ich
hab das zu Hause gegoogelt. Bioethanol benutzt man zum Anzünden für Kamine.
Verstehst du, was ich meine?« Sie sah Markus mit Tränen in den Augen an. »Das
ist Brandbeschleuniger, Markus! … Er hat die Hütten abgefackelt.«
Jetzt liefen die Tränen
aus ihren Augen.
»Mensch, Jana.« Markus
ging zu ihr und nahm sie in die Arme. Sein Gesicht war weiß.
»Ich weiß nicht, ob ich
zur Polizei gehen soll«, schluchzte das Mädchen in sein T Shirt, »vielleicht
spinn ich ja auch. Und wenn’s nicht stimmt, hab ich bei Gonzo für alle
Ewigkeiten verschissen. Der killt mich.«
Markus hielt sie weiter
fest. Es war schön, sie zu spüren. Er presste seinen Kopf in ihr Haar und
atmete tief ihren Duft ein. Vanille.
Als sie langsam ruhiger
wurde, ließ er sie los, aber er nahm ihre Hand in seine. »Hast du mit
irgendjemandem sonst darüber gesprochen?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Ich bin nur froh, dass ich Montag für ‘ne Woche auf Klassenfahrt geh. Gonzo
kann ich jetzt nicht treffen. Der würde sofort merken, dass mit mir was nicht
stimmt. Scheiße, soll ich zur Polizei gehen?«
»Nein.« Markus stand auf
und trat an sein Fenster. Er starrte hinaus.
Jana sah, dass er
nachdachte. Sie nahm ihr Cola-Glas und trank einen Schluck. Ihr Blick wanderte
durch das Zimmer. Er hatte immer noch die Bayern-München-Schreibtischauflage
mit der dazu passenden Stiftebox. Neben seinem aufgeklappten Laptop stand ein
silberfarbener Bilderrahmen, aus dem seine Mutter von einem Urlaubsstrand in
das Zimmer lachte.
»Ich versuch, was
rauszufinden, während du auf Klassenfahrt bist.« Markus lächelte sie an. »Ich
mach das für dich, Janosch. Und wenn die Sau das wirklich getan hat, finde ich
das raus, und du kannst dann immer noch zur Polizei gehen.«
Jana fühlte sich wie
erlöst. Es war gut, dass sie es jemandem erzählt hatte. Dass sie es Markus
erzählt hatte. Er hatte sie Janosch genannt, genauso wie damals, als sie noch
zusammen waren. Janosch klang eigentlich viel schöner als Mäuschen. »Vielleicht
können wir uns ja mal wieder treffen, wenn ich wieder hier bin und du ein
Wochenende zu Hause verbringst. Nur mal so.«
»Klar.« Er versuchte,
diesem Wort einen Hauch Gleichgültigkeit einzuverleiben, aber er wusste, dass
es misslungen war. Es lag einfach zu viel Vanille in der Luft.
»Dienstag wird Onkel
Hinrich beerdigt«, lenkte er das Gespräch darum wieder in andere Bahnen.
»Beerdigungen sind ‘n echter Horror.«
Jana sah, wie sein Blick
zu der Fotografie seiner Mutter glitt. Sie ging zu ihm ans Fenster und nahm
seine Hand. »Diesmal wird’s nicht so schlimm für dich. So dicke warst du
schließlich nicht mit deinem Onkel. Immerhin hat er damals deinen Vater so lange bequatscht, bis er dich ins Internat gesteckt hat
… Wer weiß, vielleicht wär ‘n wir beide heute immer noch zusammen, wenn du
nicht weggemusst hättest.«
***
»Oh Mama, Garfield war
schon wieder im Wohnzimmer!«, rief Sophie vom Flur Richtung Küche, wo Lyn gerade
die Pellkartoffeln abgoss. »Du weißt doch, dass Miriam immer niesen muss. Wegen
der Haare.« Sie erschien mit der Katze auf dem Arm im Türrahmen und streichelte
über deren grauen Kopf.
»Wahrscheinlich hat sie
sich reingeschlichen, als ich den Tisch für das Mittagessen gedeckt habe«,
sagte Lyn und vermied den Blick zur Kirche. Stattdessen griff sie nach der
Muskatnussmühle und begann, sie kräftig über dem Blumenkohl zu drehen.
Sophie linste durch die
Glasscheibe des Backofens. »Papa hat sich ganz doll gefreut, als ich ihm
erzählt habe, dass du
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