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Marsha Mellow

Marsha Mellow

Titel: Marsha Mellow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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nicht von der Stelle. Daraufhin aus zog er eine kleine weiße Pille aus der Hosentasche.
    »Versuchs´ mal damit«, meinte er.
    »Ist schon okay«, sträubte ich mich. »Hab bloß einen kleinen Durchhänger. Ich brauch keine Kopfschmerztablette.«
    »Das ist MDA. Probier einfach.«
    »Das ist was?«, brüllte ich über die Lautstärke hinweg, von der ich allmählich, wie mir jetzt bewusst wurde, Kopfschmerzen bekam.
    »Ecstasy!«, brüllte er zurück.
    »Verfluchte Scheiße, Ant«, schrie ich entsetzt und wich ruckartig zurück, als würde er mir eine Petrischale voller Milzbranderreger entgegenstrecken. »Wo hast du das her?«
    »Das ist hier ein Nachtclub, Amy. Schau dich doch um. Es liegt nicht am Alkohol, dass sich hier alle wie ein Haufen harmloser Irrer aufführen.«
    Prüfend schaute ich mich um, und in der Tat wirkten alle ein wenig durchgeknallt. Aber dafür glücklich.
    »Mach schon«, redete er mir zu. »Du kannst von einer nicht sofort abhängig werden.«
    Also dachte ich, was soll‘s, ich habe ohnehin nur noch wenige Stunden zu leben. Da kann ich auch gut mit einem dümmlichen Grinsen im Gesicht sterben. Ich nahm ihm die Pille ab und legte sie mir auf die Zunge. Dann schluckte ich sie herunter und... Nichts geschah. Weder Schwindelgefühl noch Übelkeit oder heftige Krämpfe oder ein Adrenalinstoß oder abgefahrene Hallus, bei denen man sich plötzlich inmitten der rötlichen Gebärmutter einer Elefantenkuh wähnt statt in einer Diskothek und die Partygäste zu Kobolden und Trollen mutieren, oder was auch immer normalerweise dabei so passiert.
    Also dachte ich nicht weiter darüber nach und ging zur Theke, um Getränke zu besorgen. Leider habe ich einige Erinnerungslücken, was die darauf folgenden Minuten betrifft - habe ich tatsächlich Getränke mitgebracht? Jedenfalls weiß ich noch, dass ich irgendwann auf der Tanzfläche dermaßen abgegangen bin, dass mir die Möpse nur noch um die Ohren geflogen sind und ich aussah wie Prinzessin Leia mit ihrer Doppeldutt-Frisur. Ich war die beste Tänzerin, seit der Tanz erfunden wurde. Ich brauchte für meine gewagten Einlagen auch kein Double wie diese blöde Kuh in Flashdance! Nicht übel, wenn man bedenkt, dass ich normalerweise höchstens zaghaft im Takt wippe, und beim letzten Mal, als ich tanzen musste - auf der Weihnachtsfeier in der Grundschule, verkleidet als kleine Schneeflocke -, die totale Angstattacke hatte. Aber dort tanzte ich mir stundenlang die Seele aus dem Leib und würde das vermutlich immer noch tun, wenn Ant mich nicht irgendwann aus dem Laden gezerrt hätte.
    »Wow«, bemerkte ich staunend und blinzelte zu dem ersten Schimmer Tageslicht. »Morgendämmerung in Manhattan. Das ist... wie ... ein riesiges Funkeln.«
    »Das ist nicht die Sonne, Amy, sondern bloß eine beschissene Straßenlaterne. Ich glaube, du gehörst ins Bett.«
    Wieder sitzen wir in einem Taxi. Die Fahrt endet vor einem roten Ziegelsteingebäude. Ich habe zwar keinen blassen Schimmer, wo wir sind, aber ich weiß genau, dass Ant hier nicht wohnt.
    »Wo sind wir?«, frage ich.
    »Das ist das Seminar.«
    »Ich muss aber vorher nicht meine Möpse abgeben, oder doch?«
    »Keine Sorge. Die machen langsam Schluss. Ich glaube, wir können es riskieren.«
    »So ein Club hat etwas Deprimierendes, wenn er leer ist«, sage ich. »Ohne Menschen wirkt der wie ausgestorben ... Und natürlich erst recht ohne DJ. Erst der DJ sorgt für die richtigen Vibes.«
    »Du solltest dich mal reden hören«, meint Ant lachend. »Das erste Mal auf Ecstasy, und schon wird aus dir die Manumission Partyqueen.«
    Wir stehen mitten in dem Raum, wo früher einmal die Kapelle war und wo sich junge Männer in schwarzen Soutanen statt in schwarzem Leder zusammenfanden. Keine Kirchenbänke und Kruzifixe mehr. Bloß eine große Tanzfläche und ein Deckengestänge für die Lichtanlage und die Lautsprecher.
    »Wie ich sehe, habt ihr ein paar Sachen original belassen«, bemerke ich mit Blick auf das riesige Buntglasfenster, das hoch an der Stelle emporragt, wo früher wahrscheinlich der Altar stand.
    »Nein, eben nicht. Wenn du genauer hinsiehst, erkennst du, dass die heilige Jungfrau Ru Paul ist und der sterbende Christus Rock Hudson - der Papst würde tot umfallen, wenn er das zu Gesicht bekäme. Na komm, organisieren wir uns was zu trinken, bevor die den Zapfhahn zudrehen.«
    Wir durchqueren den Raum bis zu der langen Theke ganz hinten. Ein Kellner putzt gerade den Tresen. Er trägt Glatze und eine enge schwarze

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