Martin, Kat - Perlen Serie
als dass er gleich nach Hause hätte gehen können.
Zudem fühlte er sich schuldig, seine Frau enttäuscht zu ha- ben.
Er wusste, wie sehr Victoria sich auf den Ball gefreut hatte. Der Erwerb der Immobilie in der Threadneedle Street näherte sich jedoch dem Abschluss, und der Verkäufer war nur noch bis morgen in der Stadt. In letzter Minute hatte der Mann auf einem Gesprächstermin bestanden, um einige Einzelheiten zu klären - Cord war keine andere Wahl geblieben, als dem zuzu- stimmen.
Zumindest versuchte er, sich das einzureden.
Statt nach Hause zu fahren, wies er seinen Kutscher an, ihn nach Sheffield House zu bringen. Während der Fahrt begann er, sich zu fragen, ob das Geschäftstreffen heute Abend nicht letztlich doch ein Vorwand war, um den Abend nicht mit sei- ner Frau verbringen zu müssen.
Cords Seufzer klang laut in der Stille der Kutsche. Jede Mi-
nute, die er mit Victoria verbrachte, schien ihn mehr in ihren Bann zu ziehen.
Das beunruhigte ihn. Mehr noch - es erschreckte ihn zu- tiefst.
Er war ein Mann, der gelernt hatte, sich nur auf sich selbst zu verlassen, und wollte sich nicht zu sehr an jemanden bin- den. Zu gut erinnerte er sich noch daran, wie sehr er gelitten hatte, als seine Mutter gestorben war. Damals war er ein klei- ner Junge gewesen und wusste kaum, wie er den Schmerz aus- halten sollte. Mit den Jahren hatte er gelernt, Distanz zu sei- nen Gefühlen zu wahren. Ihm schien das die einzige Art, sich vor Verletzungen zu schützen.
Die Kutsche erreichte das Stadthaus Sheffields. In den unte- ren Räumen brannte noch Licht, woraus er schloss, dass Rafe zu Hause war. Cord ging die Vordertreppe hinauf und klopfte zweimal kurz an die Tür. Ein Butler öffnete, doch Cord war überrascht, auch seinen Freund in der Eingangshalle zu sehen.
„Ich weiß, dass es schon spät ist", sagte er, „aber ich habe noch Licht gesehen." Sein Blick fiel auf die Abendgarderobe seines Freundes. „Ich sehe, dass du ausgehen willst."
„Das habe ich tatsächlich vor. Ich bin auf dem Weg zu Tar- ringtons Ball. Wolltest du nicht auch dort sein?"
Cord verdrängte seine Schuldgefühle. „Das hatte ich vor, bloß ist etwas dazwischengekommen."
Rafe lächelte. „Nun, noch ist es nicht zu spät. Du könntest dich schnell umziehen, und dann würde ich dich und Victoria mitnehmen."
Eigentlich müsste er noch die Verträge für den Immobilien- handel durchsehen - doch er hatte Victoria versprochen, mit ihr auf den Ball zu gehen - und sie war recht aufgebracht da- rüber gewesen, dass er sein Versprechen nicht gehalten hatte.
„Also gut. Wir werden bei mir vorbeifahren und schauen, ob sie noch Lust hat."
Zehn Minuten später erfuhren sie von Timmons, dass Myla- dy nicht zu Hause sei. „Sie hat ihre Freundin, Miss Chastain, und Miss Chastains Eltern zu Tarringtons Ball begleitet", füg- te der Butler erklärend hinzu.
Cord fühlte einen Nadelstich der Irritation. Eigentlich stör- te es ihn nicht, dass Victoria ohne ihn gegangen war - in seinen Kreisen war es üblich, dass Eheleute ihr eigenes Leben lebten. Und war es nicht genau das, was er wollte?
„Wenn deine Frau schon dort ist", sagte Rafe, „ziehst du
dich einfach schnell um und kommst mit."
Bevor Cord sich herausreden konnte, griff der Herzog nach seinem Arm.
„Es gibt Gerüchte", sagte er leise, „Gerüchte über deine Frau und Julian Fox. Ich weiß, dass nichts Wahres daran ist, dennoch ... Es wäre für euch beide von Vorteil, wenn du deine Frau gelegentlich begleiten würdest."
Gerüchte, dachte Cord. Man tuschelte hinter seinem Rücken über seine Frau und einen anderen Mann. Heißer Zorn wallte in ihm hoch. Er hatte Victoria gewarnt, Fox nicht wiederzuse- hen. Hatte sie sich seinen Anordnungen widersetzt?
„Ich brauche nicht lange", sagte er. „Nimm dir doch bitte et- was zu trinken."
16. KAPITEL
Er würde sich doch nicht zum Narren halten lassen!
In der imposanten schwarz-goldenen Kutsche des Dukes, die
von vier Pferden gezogen wurde, bahnten Cord und Rafe sich
ihren Weg durch die überfüllten Straßen Londons, erreichten
schließlich den Stadtrand und kurz darauf auch Tarrington
Park. Während der Fahrt war Cord schweigsam, in ihm bro-
delte es unterdessen.
Er war sich nicht sicher, was er tun würde, wenn er Victoria
auf dem Ball in der Begleitung von Fox fände, aber Rafes Wor-
te hatten ihm schlagartig klar werden lassen, dass seine Frau
ihm alles andere als gleichgültig war.
Die Veranstaltung war schon in
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