MASKENBALL UM MITTERNACHT
präsentieren.
Lord Bromwell, Francesca und Callie saßen etwas gedrängt in Bromwells offener Karriole, einem sportlichen Gefährt, das mehr auf Schnittigkeit und Geschwindigkeit, denn auf Bequemlichkeit ausgerichtet und eigentlich nur für zwei Passagiere gedacht war. Callie musste es hinnehmen, dass Francesca sie nicht einmal im offenen Wagen allein mit Bromwell durch den Park fahren ließ, wobei sie sich fragte, ob die Freundin nicht doch Näheres über Rochfords Abneigung gegen den Earl wusste, als sie ihr gestehen wollte. Callie zögerte nämlich nach wie vor, zu glauben, Sinclair könne den Earl ablehnen, nur weil dessen Schwester einen schlechten Ruf genoss.
Aber wieso sollte Francesca ihr etwas verschweigen? Da sie sich bereit erklärt hatte, Lord Bromwell zu empfangen, dachte sie gewiss nicht schlecht über ihn, woraus Callie wiederum schloss, dass er sich nichts Nachteiliges zuschulden hatte kommen lassen. Also erklärte sie sich die übertriebene Fürsorge der Freundin damit, dass sie Rochfords Unmut nicht herausfordern wollte.
Dennoch wünschte Callie, Francesca würde ihre Rolle als Anstandsdame nicht so genau nehmen. Es war ihr kaum möglich, mit Bromwell zu reden, zumindest nicht über triviale Phrasen hinausgehend, da Francesca zwischen ihnen in der Kutsche saß.
Im Verlauf der nächsten Woche tauchte Lord Bromwell beinahe bei jeder Geselligkeit auf, zu der auch die Freundinnen eingeladen waren. Er stattete zwei weitere Besuche in Francescas Haus ab, sie begegneten ihm bei Lady Batterseas Abendgesellschaft und tags darauf bei Mrs. Mellenthorpes festlichem Bankett und zwei Tage später anlässlich der Carrington Soiree.
Zu Callies Missvergnügen wich Francesca bei keiner dieser Gelegenheiten von ihrer Seite, und es ergab sich nicht eine Minute, in der sie mit Bromwell allein hätte sein können. Sie kamen einander lediglich bei der Begrüßung und beim Abschied ein wenig näher, wenn er ihr die Hand küsste. Nein, Francesa trieb es entschieden zu weit. Was könnte denn schon geschehen mitten im Gedränge einer öffentlichen Veranstaltung?
Callie war nicht daran gewöhnt, so streng beaufsichtigt zu werden. Sie bewegte sich seit Jahren im ton , und selbst ihre Großmutter gestattete ihr mehr Freiheiten bei einer Abendgesellschaft. Wobei Francesca keineswegs ein wie immer geartetes Verbot aussprach; sie machte es sich lediglich zur Gewohnheit, Callie nicht von der Seite zu weichen, sobald Bromwell auftauchte. Hätte er sie bei einem Ball zum Tanz aufgefordert, hätte Francesca sich vermutlich mit dem nächstbesten Herrn gleichfalls aufs Parkett begeben, um sich zu vergewissern, dass ihr Schützling sich nicht mit ihrem Tanzherrn in einen verschwiegenen Winkel zurückzog.
Nicht einmal Sinclair könnte Einwände erheben, dass Callie und Bromwell das gleiche Fest besuchten, da sie ununterbrochen unter Francescas wachsamer Aufsicht stand. Statt der Freundin dankbar zu sein, grollte Callie im Stillen unter dem sanften Zwang der Zügel, die Francesca ihr anlegte.
Am folgenden Samstag besuchte sie mit Francesca eine Abendgesellschaft bei Lady Fotheringham, und Callie hielt im dicht gedrängten Saal Ausschau nach Bromwell, doch nach einer halben Stunde gab sie die Hoffnung auf, dass er erscheinen würde. Gemeinsam mit Francesca plauderte sie angeregt mit Irene und Gideon, die gleichfalls beschlossen hatten, bis Saisonbeginn in London zu bleiben. Als sie einmal den Kopf drehte, entdeckte sie plötzlich Bromwell, der durch die offenen Flügeltüren den großen Saal betrat.
Callie versteifte sich, ihre Finger krallten sich um den Griff ihres Fächers. An Bromwells Seite, die Hand vertraulich in seine Armbeuge gelegt, schritt eine auffallend attraktive rothaarige Dame von schlankem, hohem Wuchs und eleganter Haltung in einer Abendtoilette aus schwarz schimmernder Seide, Dekolleté und Saum mit schwarzer Spitze und Pailletten verziert. Der tiefe Ausschnitt betonte ihre schön geschwungenen hellen Schultern, der üppige Busenansatz wölbte sich über dem gerüschten schwarzen Spitzenbesatz. Das elegante Schwarz brachte ihre kastanienroten Locken, den elfenbeinhellen Teint und ihre hellblauen Augen vorteilhaft zur Geltung. Nur ihre Lippen waren eine Spur zu schmal, aber diese winzige Unvollkommenheit vermochte das atemberaubend schöne Erscheinungsbild nicht zu beeinträchtigen. Ein sanftes Lächeln umspielte ihren Mund, während sie liebevoll zu ihrem Begleiter aufblickte.
Eisige Kälte umfing Callies Herz,
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