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Mathilda Savitch - Roman

Mathilda Savitch - Roman

Titel: Mathilda Savitch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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schlabberte mich ab. Hilfe!, schrie ich. Rettet mich! Vielleicht habe ich das Schreien übertrieben oder sonst was, jedenfalls ging Ma wieder ins Haus, und Pa folgte ihr. Luke und ich machten einfach weiter mit der Schau. Das Ganze war nur ein paar Wochen nach H.S.S.H. und ich nehme an, niemand war in der Stimmung. Vielleicht hätte ich einfach zu ihr gehen und ihre Hand nehmen sollen, statt herumzuhampeln wie ein Idiot.
    «Stirb nicht», sage ich zu ihm, als ich ihn am Hintereingang sehe. «Bitte, Luki, ja?» Es war ein richtiges Flehen. Ich setze mich zu ihm auf den Boden und rubbele ihn einmal kräftig durch, obwohl er immer noch nicht sehr einladend riecht. Ich frage mich, was Hunde wohl in der Wildnis fressen. Sicher Kaninchen, denke ich. Auf Klippen fressen sie vielleicht Vogeleier, wenn sie welche finden. In Frankreich fressen sie Pilze. Luke ist übrigens schwarz, falls ich Ihnen das noch nicht gesagt habe, aber in einem bestimmten Licht sieht er fast silbern aus.
    Ich streichle ihn, als es passiert. Das Gefühl fängt im Bauch an und überrascht mich jedes Mal. Bei mir ist es erst das fünfte Mal, darum bin ich mir am Anfang nie so sicher, was es eigentlich ist, und dann fällt mir ein, es muss Blut sein. Für mich ist es immer noch ein Schock, zwischen den Beinen zu bluten. Es bedeutet, wir sind fruchtbar, Anna und ich. Man möchte sich fast dichtmachen, damit bloß kein Regentropfen reinkommt, obwohl angeblich nur Sperma einem Probleme machen könnte.
Fruchtbar
, wie abstoßend, dieses Wort, das einem da angehängt wird. Irgendwie erniedrigend. Als wäre man eine Fabrik. Als ich klein war, habe ich Ma immer gefragt, ob sie noch mehr Babys bekäme, und sie sagte jedes Mal, zwei seien genug. Ein paar Mal sagte sie auch mehr als genug. Sicher war es nicht einfach für sie, mit Helene auf den Rücken geschnallt zum College zu gehen, aber vielleicht waren sie sich deswegenauch so nahe. Ich gebe Luke ein Küsschen und versorge mich im Bad, wie sie es mir gezeigt hat. Es ist wirklich keine große Sache, aber auch nicht gar nichts.
    Als ich wieder fix und fertig bin, sehe ich nach, ob alle Fenster zu und die Türen abgeschlossen sind. Allein im Haus, blutend und womöglich von einem Mann verfolgt. Das ist doch ziemlich gefährlich, wenn man es sich überlegt. Ich rufe Pas Nummer im College an, aber er ist nicht da. Dann rufe ich Mas Nummer an und bin irgendwie erleichtert, ihre Stimme zu hören, auch wenn es nur auf Tonband ist. Ich murmle eine Art Nachricht. Nicht gerade eine richtige Entschuldigung. Ich stotterte mir eher eins ab, wie eine Behinderte, wirklich. Es war fast zum Lachen.
    Ich bringe Luke frisches Wasser, dann gehe ich nach oben. Louis erwartet mich. Als ich seine Nachricht lese, ist es mir fast zu viel, ich spüre, wie mir heiß wird. Wissen Sie, wo er wohnt?
Desmond
. Er gibt mir seine Adresse.
28 Larson Court
.
    Wie konntest du das vergessen?
, schreibt er. Er sagt wieder, wie sehr er mich liebt. Dass er sich um mich kümmern wird.
Ich verspreche es
, schreibt er.
Ich werde mich um alles kümmern.
    Kann es wirklich sein, dass er nicht weiß, dass sie tot ist? Es kommt mir vor wie ein Spiel, aber ich bin mir nicht sicher, wer die Spielregeln macht, Louis oder ich. Wer versucht wen auszutricksen? In meinem Gehirn geht es hin und her. Ich fühle mich hässlich, gemein und berühmt zugleich. Aber ich vergesse nicht, wer ich bin. Ich weiß, ich bin Mathilda. Es ist nicht so, als glaubte ich, Helene zu sein. Nicht wirklich. Und wenn doch, dann nur ein kleines bisschen.
    Es ist, als wäre ich eine erfundene Figur und eine wirkliche Person in einem. Die ganze Sache kommt mir verdächtig nach einer Geschichte vor. Ich wünschte, ich könnte Ma davon erzählen, sie ist wirklich gut mit Verwicklungen und so was. Sie hat uns immer diewahre Größe von Jane Austen erklärt, jede Kleinigkeit. Sie konnte das, einem verstehen helfen, wie eins zum anderen führt, und die ganzen komplizierten Psychosachen und was sonst nicht alles im Hintergrund lief. Es war mir ein Rätsel, wie man sich in die Köpfe so vieler Leute gleichzeitig versetzen konnte. Man schwirrt zwischen allen herum, von diesem zu jenem, und trotzdem gibt es meistens eine Hauptperson, die am wichtigsten ist. Wenn man auf diese Weise Bücher liest, bekommt man wirklich ein Gefühl für die Wächter. Und das Komische ist, wie sie jeden Einzelnen lieben, auch schreckliche Menschen, sogar die Verrückten. Man kann kaum begreifen, wie sie das machen. Es

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