Maurice, der Kater
Mädchen.
Komm NÄHER.
Die Stimme schien ihn zu ziehen. Er musste irgendetwas sagen.
»Ich bin ganz glücklich hier, wo ich stehe, herzlichen Dank«, sagte
Maurice.
Wirst du KOOPERIEREN? Wirst du unseren SCHMERZ teilen?
Das letzte Wort schmerzte, aber überraschenderweise nicht sehr. Die
Stimme hatte scharf, laut und dramatisch geklungen. Von wem auch
immer sie stammte: Der Betreffende schien zu erwarten, dass Maurice
voller Pein auf dem Boden hin und her rollte.
Als die Stimme erneut ertönte, klang sie argwöhnisch.
Was für ein Geschöpf bist du? Dein Geist ist FALSCH.
»Ich finde ihn vol kommen in Ordnung«, sagte Maurice. »Und wer bist
du, Fragensteller im Dunkeln?«
Er roch nur Ratten. Links vernahm er ein leises Geräusch und sah die
Silhouette einer sehr großen Ratte, die ihm entgegenkroch.
Ein weiteres Geräusch ließ ihn herumfahren. Eine zweite Ratte kam
aus der anderen Richtung. Wie einen Schemen sah er sie in der Düsternis.
Ein Rascheln wies ihn darauf hm, dass auch vor ihm eine Ratte durch
die Dunkelheit glitt.
Hier kommen meine Augen… WAS? KATZE! KATZE! TÖTEN!
Kapitel acht
Als die drei Ratten sprangen, war es bereits zu spät – es befand sich nur
noch ein mauriceförmiges Loch in der Luft. Maurice war auf der anderen
Seite des Raumes und hastete an einigen Kisten empor.
Es quiekte unter ihm. Er sprang auf eine weitere Kiste und sah eine
Stelle, an der sich mehrere Ziegelsteine aus der Mauer gelöst hatten. Er
hielt darauf zu, krabbelte auf dünner Luft, als Backsteine fielen, und
schob sich ins Unbekannte.
Er erreichte einen weiteren Keller, der voller Wasser stand. Eigentlich
war es kein Wasser in dem Sinn. Solch ein Wasser entsteht, wenn es das
aufnimmt, was von vielen Rattenkäfigen und aus den gewöhnlichen
Abwasserkanälen abfließt, und danach ein Jahr lang ruht und leise vor
sich hin blubbert. Von »Schlamm« zu sprechen, wäre eine Beleidigung
für ehrenwerte Sümpfe überall auf der Welt gewesen.
Maurice landete mit einem »Glubb« genau darin.
Er paddelte entschlossen durch die breiartige Masse, versuchte, nicht
zu atmen, und zog sich auf der anderen Seite des Raums an etwas hoch,
das ein Unrathaufen zu sein schien. Ein heruntergefal ener Dachsparren,
an dem Schimmel eine glitschige Schicht bildete, führte zu einem
Durcheinander aus rußgeschwärztem Holz an der Decke empor.
Maurice hörte noch immer die grässliche Stimme im Kopf, aber sie
klang jetzt sehr gedämpft. Sie versuchte, ihm Befehle zu erteilen. Einer
Katze etwas befehlen? Es war leichter, Gelee an die Wand zu nageln. Für was hielt ihn die Stimme, für einen Hund?
Stinkender Schlamm rann an ihm herab. Selbst seine Ohren waren vol
davon. Er wol te sich sauber lecken, überlegte es sich dann aber anders.
Sich sauber zu lecken, war eine ganz normale Katzenreaktion. Aber wenn
er dies leckte, musste er mit dem Tod rechnen…
Etwas bewegte sich in der Dunkelheit. Maurice sah, wie große
Rattenschemen durch das Loch sprangen. Es platschte zweimal. Und
dann krochen die Schemen an den Wänden entlang.
Ah, sagte die Stimme. Du siehst sie? Beobachte, wie sie zu dir kommen, Katze!
Maurice widerstand der Versuchung, erneut loszulaufen. Er durfte jetzt
nicht auf seine innere Katze hören. Die innere Katze hatte ihn aus dem
anderen Raum herausgebracht, aber sie war dumm. Sie wol te Dinge
angreifen, die klein genug waren, und vor al em anderen weglaufen. Aber
keine Katze konnte es mit so großen Ratten aufnehmen. Er erstarrte,
bemüht, die sich nähernden Ratten im Auge zu behalten. Sie kamen
direkt auf ihn zu.
Moment mal…
Die Stimme hatte gesagt: Du siehst sie…
Woher wusste sie das?
Maurice versuchte, laut zu denken: Kannst… du… meine Gedanken…
lesen?
Nichts geschah.
Plötzlich hatte er eine Idee und schloss die Augen.
Öf ne sie!, befahl die Stimme, und die Lider zitterten.
Nein, dachte Maurice. Du kannst meine Gedanken nicht hören. Du
benutzt nur meine Augen und Ohren. Du vermutest nur, was ich denke.
Eine Antwort blieb aus. Maurice hatte auch keine erwartet. Er sprang.
Der schiefe Balken war genau dort, wo er sich an ihn erinnerte. Seine
Kral en bohrten sich in morsches Holz, als er nach oben kletterte und
dort verharrte. Jetzt konnten ihm die Ratten nur noch folgen. Mit ein
wenig Glück war er in der Lage, seine Kral en einzusetzen…
Die Ratten kamen näher. Sie schnüffelten unten nach ihm, und er
stellte sich vor, wie ihre Nasen in der
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