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Maurice, der Kater

Maurice, der Kater

Titel: Maurice, der Kater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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dass man unauffällig war.
Menschen auf den Straßen blieben stehen, um zu beobachten, wie
Malizia an Mauern entlangschlich und von Tür zu Tür sprang. Maurice
und Keith schlenderten hinter ihr her, ohne dass ihnen jemand
Beachtung schenkte.
Schließlich, in einer schmalen Straße, blieb das Mädchen an einem
schwarzen Gebäude mit einem großen Holzschild über der Tür stehen.
Das Schild zeigte viele Ratten, zu einem Stern angeordnet und ihre
Schwänze verknotet.
»Das Zeichen der alten Rattenfängergilde«, flüsterte Malizia und
streifte sich den Trageriemen der großen Tasche von der Schulter. »Ich weiß«, sagte Keith. »Sieht grässlich aus.«
»Aber das Muster ist recht interessant«, meinte Malizia.
Eins der wichtigsten Merkmale der Tür unter dem Schild war das große
Vorhängeschloss, das sie geschlossen hielt. Seltsam, dachte Maurice.
Wenn Ratten einem die Beine explodieren ließen – warum brauchten die
Rattenfänger dann ein großes Schloss an ihrem Schuppen? »Zum Glück bin ich auf alles vorbereitet«, sagte Malizia und griff in ihre
Tasche. Geräusche deuteten darauf hin, dass sich Metall und Flaschen
bewegten.
»Was hast du da drin?«, fragte Maurice. »Alles?«
»Der Greifhaken und die Strickleiter beanspruchen den meisten Platz«,
sage Malizia und tastete noch immer in der Tasche herum. »Und dann
noch das große Medizinpaket und das kleine Medizinpaket und das
Messer und das andere Messer und das Nähzeug und der Signalspiegel
und… das hier…«
Sie holte ein kleines schwarzes Stoffbündel hervor. Als sie es entrollte,
bemerkte Maurice das Glänzen von Metall.
»Ah«, sagte er. »Dietriche, nicht wahr? Ich habe Einbrecher bei der
Arbeit gesehen…«
»Haarnadeln«, erwiderte Malizia und nahm eine. »Haarnadeln haben in
den Büchern, die ich kenne, immer funktioniert. Man schiebt sie ins
Schlüsselloch und dreht sie hin und her. Ich habe auch einige dabei, die
bereits zurechtgebogen sind.«
Maurice schauderte innerlich. Sie funktionieren in Geschichten, dachte er.
Meine Güte. »Und woher weißt du, wie man Schlösser knackt?«, fragte
er.
»Ich habe doch gesagt, dass ich manchmal zur Strafe aus meinem
Zimmer ausgesperrt werde«, erwiderte Malizia und drehte die Haarnadel. Maurice hatte Einbrecher bei der Arbeit gesehen. Männer, die sich
nachts Zutritt zu Gebäuden verschafften, verabscheuten Hunde, aber um Katzen scherten sie sich nicht. Katzen versuchten nie, ihnen die Kehle zu zerfleischen. Er wusste, dass Diebe komplizierte kleine Dinge
mit großem Geschick handhabten. Sie benutzten keine dämlichen… Klick!
»Na bitte«, sagte Malizia zufrieden.
»Das war reines Glück«, meinte Maurice, als sich das Vorhängeschloss
öffnete. Er sah zu Keith auf. »Das denkst du doch auch, oder, Junge?« »Woher soll ich das wissen?«, erwiderte Keith. »Ich sehe so etwas zum
ersten Mal.«
»Ich wusste, dass es klappen würde«, sagte Malizia. »Es hat in dem
Kindermärchen Die siebte Frau des Grünbart funktioniert, als sie das
Zimmer des Schreckens verließ und ihm einen gefrorenen Hering ins
Auge bohrte.«
»Das ist ein Märchen für Kinder ?«, fragte Keith.
»Ja«, bestätigte Malizia. »Es gehört zu den Grimmigen Geschichten der
Geschwister Grimm .«
»Offenbar hat man hier in Überwald seltsame Vorstellungen von
Kinderunterhaltung«, kommentierte Maurice und schüttelte den Kopf. Malizia öffnete die Tür. »O nein «, stöhnte sie. » Das habe ich nicht
erwartet…«
    Irgendwo unter Maurices Pfoten und etwa eine Straße entfernt duckte sich eine einheimische Ratte vor Sonnenbraun, die einzige, die die Veränderten unter Bad Blintz gefunden hatten. Die Trupps waren zurückgerufen worden – dieser Tag gefiel Sonnenbraun immer weniger.
    Fallen, die nicht töteten, dachte er. Manchmal stieß man auf sie. Gelegentlich versuchten die Menschen, Ratten lebendig zu fangen.
    Sonnenbraun traute keinen Menschen, die Ratten lebend fangen wollten. Fallen, die sofort töteten… Die waren schlimm, aber für gewöhnlich konnte man ihnen ausweichen, und wenigstens hatten sie etwas Ehrliches. Lebendfallen waren wie Gift – sie logen.
    Gefährliche Bohnen roch den Neuankömmling. Eigentlich seltsam: Die Ratte, die die unrattischsten Gedanken dachte, verstand es am besten, mit Kiekies zu reden. Allerdings war »reden« nicht das richtige Wort. Niemand, nicht einmal Gekochter Schinken, hatten einen so guten Geruchssinn wie Gefährliche Bohnen.
    Die neue Ratte machte keine Schwierigkeiten. Sie war von großen,

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