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Mayabrut (German Edition)

Mayabrut (German Edition)

Titel: Mayabrut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Argos
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Gierig schöpfte der Alte sie ab und schlürfte Unmengen des dampfenden Gebräus. Oft erbrach er sich dabei, dann stürzte er sich wie ein wildes Tier in das Erbrochene und wälzte sich darin und am Ende leckte er die Überreste vom Boden auf.
    Bei diesem Gedanken schüttelte er sich. Aber er und all die anderen Talbewohner hatten Angst vor Akälajaw. Irgendwelche unheimlichen Mächte umgaben und beschützten ihn. Ihm grauste es vor dem bevorstehenden Ritual, denn als Diener Akälajaws musste er dieses Mahl nicht nur zubereiten, sondern auch mit dem Alten zusammen verzehren. Tagelang, bis ein säuerlicher Geschmack auftrat. Dies war dann auch der Zeitpunkt, zu dem ihm Akälajaw befehlen würde, das stinkende Gebräu mit den Überresten seines Bruders ins Loch zu kippen - so wie immer.
    Sie als Diener der Herren des Totenreiches Xibalba waren die Letzten, die die wertvollste aller Speisen – Fleisch - essen durfte - essen musste. Es war mehr als zwölf Monde her, dass man im Tal das letzte Wollfellchen geschlachtet hatte. Die flauschigen Tiere hatten immer weniger Nachwuchs bekommen und dieser war meistens missgebildet.
    Genau wie seine Kinder, wie viele Neugeborene ihres Dorfes. Auch der Mais auf den Feldern schenkte ihnen immer schmalere Ernten und die Bohnen kümmerten. Der Wald lichtete sich und nutzloses Strauchwerk machte sich breit. Bald würde man die Kakaobäume abholzen, da sie schon längst keine Früchte mehr trugen. Dann gäbe es auch kein Feuerholz mehr. Die Götter sandten auch keine Vögel mehr ins Tal und der Bergsee war leer gefischt. Selbst das Quaken der Frösche war verstummt. Dazu ignorierten die Götter auch noch die Opfergaben von Akälajaw. Seit Langem hatten sie ihm kein Würzpulver mehr gesandt. Damit konnten die Frauen jedes noch so fade Gericht in eine würzige Leckerei verwandeln. Noch vor einigen Monden stritten und drängten sich die Talbewohner, um ihr Blut gegen ein Schälchen mit dem Pulver zu tauschen. Aber nun, wo sie nur Krümel dafür erhielten, kam keiner mehr freiwillig. Nur noch für das tägliche Blutopfer ließ man sich von dem geizigen Alten anzapfen. Aber Akälajaw war nicht geizig, er besaß nur noch eine Handvoll von dem Pulver, und dies hatte längst seine Würzkraft verloren.
    Seinen Betrug hatte Akälajaw nicht bemerkt, denn seit er bei ihm dienen musste, hatte er immer wieder etwas von dem weißen Pulver abgezweigt und die fehlende Menge mit Kalk aufgefüllt. So konnte seine Frau Essen würzen, ohne vom Alten gequält zu werden. Bei Frauen, ja selbst bei Mädchen, dehnte der Alte sein perverses Ritual gerne so lange aus, bis seine Opfer das Bewusstsein verloren. Dann missbrauchte er sie und manchmal erwachte eine der Geschändeten nicht mehr.
    Cholaläl hatte sich nicht nur gegen ihren Peiniger gewehrt und ihn empfindlich getroffen, sondern sie hatte auch seinen Zauberhelm zerstört. Aber ohne ihn konnte Akälajaw nicht mehr die Himmelsboten beschwören. Cholaläl hatte sich zwar seinen Respekt erkämpft, aber er stand trotzdem weiter zu Akälajaw.
    Warum? Diese Frage stellte er sich immer öfter. Es wäre für ihn leicht, Akälajaw zu töten – dazu bräuchte er einfach gar nichts zu tun, dann würde der Alte in seiner Gruft verhungern. Aber sein Verstand hielt ihn davon zurück. Würde es ihnen ohne Akälajaw besser gehen? Nein! Akälajaw besaß die glitzernden Zaubersteine und nur er besaß die Gabe, mit ihnen ein Feuer zu entfachen; und er war auch der Einzige, der die Schriftzeichen, den Kalender und die lange Zählung deuten konnte. Akälajaw sagte ihnen die Zeit, wenn das Feuer das Gras fressen musste, damit der gesäte Mais zum Leben erwachte.
    Und nun, wo der Mais auf den Feldern welkte, wo im Tal der Hunger herrschte, hatten die Götter Akälajaws Flehen erhört. Donnernd schwebte ihr mächtiger Bote vom Himmel herab, als er sie rief. Aber an dem Tag, als Akälajaw fehlte, wurden er und sein Bruder vom Götterboten wie Ungeziefer zur Seite gefegt. Und als der Götterbote sein Opfer Cholaläl gefressen hatte, verschwand er sofort wieder in den Wolken. Nur dieser Alte mit seinem grün leuchtenden Fell hatte mit den Göttern einen Bund, nur ihn erhörten und beschützten sie – so wie sie es schon seit uralten Zeiten getan hatten und immer tun würden.
    Die Talbewohner flüsterten noch heute, wenn sie sich von dem gescheiterten Aufstand gegen Akälajaw erzählten. Und auch ihm drängte sich die Geschichte immer wieder auf, wenn er an dem Alten und seiner

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