Mayday
in seiner Umgebung rasch.
Berry betrat das Cockpit. Sharon Crandall telefonierte gerade. »Augenblick, Barbara. John kommt eben zurück.« Sie sah zu Berry auf. »Bei ihr ist alles in Ordnung. Wie sieht’s im Salon aus?«
Er ließ sich in seinen Sitz fallen. »Okay.« Dann schüttelte er den Kopf. »Nein, das stimmt nicht. Der Captain ist tot. Und die Passagiere werden ein bißchen … lästig.«
Crandall hatte gespürt, daß er schlechte Nachrichten mitbrachte. »Der Ärmste!« sagte sie bedauernd. Aber ihr Mitleid galt nicht nur Captain Stuart – es galt auch ihnen selbst. Der Tod des Captains schien ein schlechtes Omen zu sein.
»Sharon?«
Sie hob ruckartig den Kopf. »Schon gut, John. Hier! Barbara will mit dir über irgendwelche Drähte reden.«
Berry ließ sich den Hörer geben. »Barbara? Was ist los? Wo sind Sie?«
»Auf der mittleren Sektion.« Ihre Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen, und die Wind- und Triebwerksgeräusche waren lauter. »In der Nähe des größeren Lochs hängt ein ganzes Bündel Drähte von der Decke herunter. Mehrere Fluggäste haben sie gestreift, ohne daß etwas passiert wäre. Sie sind offenbar nicht unter Strom.«
John Berry überlegte. Alles an Bord schien zu funktionieren – nur die Funkgeräte nicht. Das mochte mit diesen Drähten zusammenhängen. Ansonsten konnten sie nur hoffen, daß die Drähte nichts mit der Steuerung zu tun hatten. »Vielleicht sind das Antennendrähte.« Die Funkantennen eines Überschallflugzeugs waren logischerweise in einem widerstandsarmen Bereich am Flugzeugheck angebracht. Das Data-Link sendete und empfing vermutlich über eine im Rumpfbug untergebrachte Tellerantenne. Deswegen funktionierte es, während die Funkgeräte ausgefallen waren.
»Soll ich versuchen, sie wieder zu verbinden?«
Er lächelte unwillkürlich. In einem technischen Zeitalter war jedermann ein Techniker. Aber Barbaras Vorschlag bewies immerhin Mut. »Nein. Ohne Werkzeug ist da nichts zu machen
– und es würde ohnehin zu lange dauern.« Falls diese Drähte doch etwas mit der Steuerung zu tun hatten, würde er später selbst versuchen müssen, sie zu spleißen. »Die Drähte sind nicht weiter wichtig.« Aber Barbara Yoshiro konnte ihm vielleicht helfen, die Unglücksursache zu enträtseln. »Hören Sie, Barbara, haben Sie irgendwo Anzeichen einer Explosion gesehen? Verbrannte Sitze? Angeschmolzenes Metall? Irgend etwas in dieser Richtung?«
Sie antwortete nicht gleich. »Nein, eigentlich nicht«, sagte sie zögernd. Nach einer weiteren Pause fügte sie hinzu: »Eigenartigerweise läßt hier nichts auf eine Explosion schließen – nur die Löcher im Rumpf und der Zustand der Kabine.«
Das bestätigte Berrys Eindruck. Hätten die Löcher sich oben und unten im Rumpf befunden, hätte er vermutet, die Straton sei von einem Meteoriten getroffen worden. Er wußte natürlich, daß die Wahrscheinlichkeit dafür selbst in 62 000 Fuß Höhe verschwindend klein war. Konnte ein Meteorit waagrecht fliegen? Das hielt Berry für unwahrscheinlich. Sollte er seine Überlegungen nach San Francisco weitermelden? Waren sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt wichtig?
»Barbara, wie verhalten sich die Passagiere?«
»Ungefähr die Hälfte ist noch ziemlich ruhig. Aber einige der anderen sind in den Gängen unterwegs. Teilweise ist es zu Schlägereien gekommen.«
Berry fand, ihre Stimme klinge kühl und unbeteiligt wie die einer guten Reporterin. »Nehmen Sie sich in acht. Kommen Sie langsam nach vorn. Vermeiden Sie abrupte Bewegungen.«
»Ja, ich weiß.« »Am Fuß der Wendeltreppe hat sich eine Gruppe von Fluggä
sten zusammengerottet.«
»Von hier aus ist die Treppe nicht zu erkennen, aber ich sehe Leute auf beiden Seiten der vorderen Sanitärzelle und der Bordküche.«
»Rufen Sie mich an, sobald Sie die vordere Station erreicht haben. Oder rufen Sie nach Stein. Einer von uns beiden holt Sie dann herauf.«
»Okay.«
»Seien Sie ja vorsichtig! Hier ist wieder Sharon.«
Barbara Yoshiro hatte keine Lust, noch länger mit ihrer Kollegin zu reden. Als sie von der mittleren Station aus einen Blick in die Kabine warf, stellte sie fest, daß die Passagiere sich unerfreulich stark für sie interessierten. Die Station war eine Sackgasse, während Yoshiro diesen Leuten nur durch ihre Beweglichkeit überlegen war.
»Barbara?«
»Ja, ich komme jetzt zurück.«
»Ist’s sehr schlimm? Soll ich runterkommen?«
»Nein, nein.« Sie bemühte sich, leichthin zu sprechen. »Ich bin lange
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