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Mayday

Mayday

Titel: Mayday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas H. Block , Nelson DeMille
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greifbare Angst nicht gespürt hätte. »Wo stecken die anderen?« fragte er merklich leiser.
    Jerry Brewster, der Johnson am nächsten stand, fand als erster seine Stimme wieder. »In der Nachrichtenzentrale, Sir. Der Schichtleiter ist Mr. Ferro.«
    Johnson ging rasch zu dem von Glaswänden abgeteilten Raum hinüber. Er nahm die Zigarre wieder zwischen die Lippen, stieß die Tür auf und betrat den überfüllten Raum.
    »Ferro? Sind Sie hier?«
    »Ja, hier drüben«, antwortete Jack Ferro, als schlagartig Schweigen herrschte.
    Mehrere Dispatcher traten zur Seite, um Johnson durchzulassen. Zwei oder drei verließen rasch den Raum. Auch Dennis Evans zog sich unauffällig in Richtung Tür zurück. Jerry Brewster kam widerstrebend herein.
    Johnson blieb neben dem Data-Link-Gerät stehen und sah auf Ferro herab. »Okay, was gibt’s also?«
    Ferro hatte sich genau zurechtgelegt, was er sagen wollte. Aber als Johnson jetzt leibhaftig vor ihm stand, konnte er nur stumm auf den Bildschirm zeigen.
    Der Vizepräsident starrte den Bildschirm an. Dann runzelte er die Stirn und überflog ihn nochmals.
    AN FLUG 52: SEHR GUT GEMACHT . WEITERE ANWEISUNGEN FOLGEN . RUHE BEWAHREN . WIR TUN UNSER BESTES , UM EUCH HEIMZUHOLEN .
    »Was heißt ›sehr gut gemacht‹, Ferro?« knurrte Johnson unwillig. »Und wer soll ›Ruhe bewahren‹? Seit wann haben unsere Piloten solche Ermahnungen nötig?«
    Ferro sah zu dem Bildschirm auf. Da er seit endlos langer Zeit, die ihm wie eine Ewigkeit erschien, mit diesem Problem beschäftigt war, konnte er sich nicht vorstellen, daß jemand nicht wissen sollte, was passiert war. »Die Straton wird nicht von einem unserer Piloten geflogen.«
    »Was? Was soll das heißen, verdammt noch mal?«
    Jack Ferro riß das Ende des bedruckten Papierstreifens von der Rolle, zog die ganze Schlange aus dem Ablagekorb und hielt sie Johnson hin. »Hier steht alles drauf. Mehr wissen wir auch nicht. Sie sehen daraus, was wir … unternommen haben.« Er machte eine Pause. »Die Sache scheint leider schlimmer zu sein, als wir ursprünglich angenommen haben.«
    Johnson griff nach der Papierschlange und begann von Anfang an zu lesen. Zigarrenasche fiel auf das Papier, ohne daß er darauf achtete. Auch als er längst fertig war, gab er noch vor, den ausgedruckten Text zu studieren.
    Der kanadische Lachs, den Edward Johnson zum Mittagessen gegessen hatte, lag ihm schwer im Magen. Vor weniger als einer halben Stunde hatten sie noch darüber gesprochen, daß er möglicherweise die Nachfolge des jetzigen Präsidenten der Trans-United Airlines antreten werde. Und jetzt das hier! Katastrophen konnten rasche Aufstiegsmöglichkeiten bieten, aber auch einen ebenso raschen Sturz einleiten. Man mußte die sich bietenden Gelegenheiten geschickt wahrnehmen, wenn man dadurch weiterkommen wollte. Johnson machte ein ausdrucksloses Gesicht, als er den Kopf hob. Er starrte Jack Ferro einige Sekunden lang prüfend an. »Sie haben veranlaßt, daß sie umkehren.« Das war eine nüchterne Feststellung, die weder Tadel noch Zustimmung erkennen ließ.
    Ferro erwiderte unerschrocken seinen Blick. »Ja, Sir. Sie sind umgekehrt.«
    Johnson brauchte eine Sekunde, um diese kryptische Antwort zu enträtseln, und eine weitere, um zu überlegen, ob sie etwa unverschämt gemeint war. Dann lächelte er, was selten genug vorkam. »Ja, sie sind umgekehrt. Gut gemacht!«
    Der Dispatcher nickte wortlos. Er fand es merkwürdig, daß der Leiter des Flugbetriebs sich nicht näher zu den Ereignissen an Bord der Straton 797 äußerte. Andererseits war Edward Johnson dafür bekannt, daß er im allgemeinen kein überflüssiges Wort verlor.
    Der Vizepräsident sah sich in dem kleinen Raum um. Auf beinahe perverse, aber durchaus vorhersehbare Art genossen die Anwesenden es geradezu, Zeugen dieses Dramas zu sein. Aus Situationen solchen Kalibers entstanden Legenden, die in die Geschichte einer Fluggesellschaft eingingen. Jede seiner knappen Bemerkungen, jede Veränderung seines Gesichtsausdrucks würde unendlich oft wiedergegeben und geschildert werden. Nur Jack Ferro und einer der jungen Dispatcher schienen die Situation nicht zu genießen.
    »Sir?« Das war Jerry Brewster. Er trat zögernd einen halben Schritt auf Johnson zu.
    »Was gibt’s?« Johnson merkte, daß der junge Assistent nervös war.
    »Ich fürchte, daß ich … daß ich das Problem verschlimmert habe.« Brewster sprach rasch weiter, als gehe es ihm darum, sein Geständnis so schnell wie möglich

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