Mayra und der Prinz von Terrestra (German Edition)
allen Schattierungen zwischen Grün und Blau. Eine Baumart mit silbernem Stamm, tiefblauen, fast runden Blättern und leuchtend gelben, kleinen Blüten gefiel Mayra besonders gut. Die Bäume standen bald so dicht, dass sie keine Möglichkeit mehr hatten, neben dem Weg zu fliegen, und so flogen sie in Hüfthöhe über ihm. Ursula wurde jedes Mal langsamer, wenn sie einen Terrestraner passierten, und bedeutete Mayra hinter ihr zu fliegen, damit die Leute, ohne Angst zu bekommen, vorbeikamen.
Etwas vom Weg entfernt trieb ein Mann eine Herde blauer, kniehoher Tiere mit borstigem Fell langsam durch die Baumstämme. Ursula erklärte, dass es sich um die terrestranische, Sonnenlicht verarbeitende Abart von Schweinen handelte. Statt Futter für ihre Fleischlieferanten anzubauen, gaben die Bauern auf Terrestra ihren Schweinen die ölhaltigen Früchte zweier Baumarten zu fressen. Diese Früchte entstanden sowieso, ohne das Zutun von Menschen. Man benötigte für diese Art der Versorgung nur einen Hirten, der den Tieren zeigte, wo sie fressen sollten. Das war zwar ein großer Aufwand an menschlicher Arbeitskraft, aber anscheinend einer, der sich für die Bauern rechnete.
Nach einer Weile kamen sie an eine große Lichtung im Wald. In deren Mitte lag eine Ansiedlung, die aus einem großen und mehreren kleinen Holzhäusern bestand, umgeben von einem mannshohen Zaun aus Holzlatten. Um die Umzäunung herum lagen kleine Felder mit verschiedenen Getreidesorten und Wiesen. Das Getreide wiegte sich im Wind und knisterte dabei leise. Es sah goldgelb aus, und Mayra vermutete, dass es kurz vor der Ernte stand. Jedenfalls hatte so das Getreide auf dem Landwirtschaftsplaneten ihres Onkels ausgesehen, bevor es geerntet wurde. Auf einer der Grasflächen passten zwei halbwüchsige Jungen auf eine Herde von Kühen auf, deren Fell eine teils blaue, teils weiß-braune Färbung hatte.
Das Tor im Zaun stand offen und Mayra und Ursula flogen ungehindert hindurch. Drei Kinder, zwei Mädchen und ein Junge von etwa fünf Jahren, spielten am Weg mit Wurfsteinen. Zumindest die kleinen Kinder durften also spielen und mussten nicht arbeiten. Oder stehlen. Als die Kinder Ursula und Mayra sahen, winkten sie ihnen fröhlich zu und rannten dann los zum größten Haus, einem lang gestreckten Holzgebäude mit schmalen Fenstern ohne Verglasung. Vor dem Haus stand eine Frau in einem schulterlosen Kleid aus hellem, ungebleichtem Leinen, die langen Haare lose auf dem Rücken zusammengebunden, und stampfte mit einem Holzstiel in einem schmalen Fass. Bevor Mayra etwas fragen konnte, erklärte Ursula ihr: „Das ist Rinzi, meine geniale Weberin, und sie macht gerade Butter.“
„Butter? In einem Fass? Von Hand?“, fragte Mayra fassungslos. Bevor Ursula antworten konnte, waren sie schon bei Rinzi angekommen. Mayra war sich nicht sicher, wie alt Rinzi war. Von Weitem hatte Mayra sie für eine alte Frau gehalten, mit ihren grauen Strähnen im Haar. Jetzt, wo sie bei ihr standen, schien die Terrestranerin jünger, obwohl sich schon tiefe Falten durch ihr Gesicht zogen. Die Kinder hatten sich hinter Rinzi versteckt, hielten sich an ihrem Rock fest und schauten lachend an ihr vorbei. Bei der Begrüßung verstand Mayra nur ihren Namen und lächelte gequält. Gesellschaftliche Begegnungen fielen ihr auch auf Terrestra nicht leichter als zu Hause.
Rinzi ging kurz in das Haus hinein und kam mit einigen Lagen Stoff zurück. Soweit Mayra erkennen konnte, war es gewebtes Leinen, teils ein-, teils mehrfarbig. Die beiden Frauen unterhielten sich angeregt in Terrestranisch, das Mayra nicht verstand, über die Stoffe, die Mayra nicht so interessierten wie Ursula. Sie fing an sich zu langweilen und mit Ursulas und Rinzis Erlaubnis ging sie los, um das Gehöft zu erkunden.
Das große Holzhaus, vor dem Ursula und Rinzi standen, war sicher ein Wohnhaus. Durch die Tür hatte Mayra drinnen eine offene Herdstelle und Holzmöbel gesehen, Tische und Hocker in der Mitte, an der Wand Bänke mit Decken und Kissen. Um dieses Haus waren in lockerem Abstand einige kleinere gruppiert. Langsam schlenderte Mayra los. In dem Häuschen schräg gegenüber, dessen Boden über der Erde von Stelzen getragen wurde und über eine kleine Leiter erreichbar war, kniete eine junge Frau und schaufelte Getreide, das dort lagerte, in ein kleines Säckchen. Schüchtern lächelten Mayra und die Farmbewohnerin sich kurz an, bevor Mayra weiterging.
Weiter hinten saß ein alter Mann auf einer Holzbank vor einem
Weitere Kostenlose Bücher