Mayra und der Prinz von Terrestra (German Edition)
anderen Häuschen. Dort wurden Werkzeuge aufbewahrt. Der Alte reparierte ein Gerät, dessen Funktion Mayra nicht klar war. Es bestand aus einem langen Stecken und trug vorne einen kleinen Holzbalken, an dem dünne Holzstückchen befestigt waren, die dem Werkzeug das Aussehen eines langen und groben Kammes gaben. Was Grobes man damit kämmen konnte, war Mayra ein Rätsel. Vorne fehlten dem Gerät ein paar Zinken, und der alte Mann hatte ein Messer in der Hand und schnitzte neue. Er guckte nur kurz nach oben, als Mayra herankam, nickte ihr zu und arbeitete dann weiter.
Es dauerte nicht lange und Mayra hatte alles gesehen, was der Bauernhof zum Besichtigen zu bieten hatte. Neben dem Haupthaus gab es tatsächlich nur Aufbewahrungsorte für Nahrungsmittel und Gerätschaften sowie einige Unterstände und Ställe für Tiere. Nur ein Tier stand innerhalb der Umzäunung, ein junger Hengst. Wahrscheinlich weideten alle anderen Tiere vor dem Hof, so wie die Kühe auf der Wiese und die Schweine, die sie im Wald auf ihrem Hinflug gesehen hatten. Mayra hatte nichts Besseres zu tun und ging zu dem Pferd hinüber. Es war ein hübsches Tier, ein durch und durch schwarzer Rappe mit langen Beinen, geboren dafür schnell zu laufen. Doch als sie näher kam, sah sie, dass es dem Pferd nicht gut ging. Die Nüstern hatte es so gebläht, dass das Rot sichtbar wurde. Es schwitzte stark, obwohl die Luft kühl war, und scharrte mit den Hufen.
Als der Hengst anfing, zu seinem Bauch zu blicken, und versuchte, gegen ihn zu treten, entfuhr Mayra ein: „Oh nein!“ Hektisch sah sie sich um. Den einzigen Terrestraner, den sie sah, war der Alte mit seinem komischen Gerät. Sie rannte zu ihm hinüber, rief ihn an. Aufgeregt stand sie vor ihm, und als er natürlich kein Wort von dem verstand, was sie sagte, und sie nur verständnislos anschaute, packte sie den Alten am Ärmel und zog ihn Richtung Pferd. Auf halbem Weg erkannte der Mann, warum Mayra ihn geholt hatte. Vorsichtig löste er sich von ihrem Griff und winkte ihr, ihm zu folgen.
So schnell es sein Humpeln zuließ, ging er in eine der Vorratshütten und holte ein glänzendes Aufbewahrungsgefäß aus Ton hervor. Darin befanden sich rosafarbene, getrocknete Blüten, von denen der Alte eine Handvoll nahm, sie in ein leeres Gefäß streute und mit einer klebrigen Masse vermengte, die süßlich roch. Zusammen gingen die beiden zu dem Pferd, das sich mittlerweile auf den Boden geworfen hatte und sich wälzte. Ohne groß zu fragen, packte Mayra das Pferd am Halfter und zog es hoch, damit es sich nicht noch verletzte. So krank der Rappe war, nahm er doch die süße Medizin, die der Alte ihm auf der flachen Hand hinhielt. Mayra wunderte sich, dass der Mann so entspannt aussah. Die Kolik bedeutete Lebensgefahr für das Pferd!
Mit beiden Händen hielt Mayra weiter das Halfter, um zu verhindern, dass der Hengst sich wieder wälzte, womit Mayra fest rechnete. Aber das tat er nicht, im Gegenteil. Innerhalb von Minuten hörte er auf zu schwitzen. Er verlor den ängstlichen Blick in den Augen und seine Atmung normalisierte sich. Schließlich bedeutete der Alte Mayra, sie könne das Pferd loslassen. Zögernd tat Mayra das. Der Rappe wandte sich von ihnen ab, in dem gemütlichen Tempo, das gesunden Pferden eigen ist, ging zu einem Heuhaufen in der Ecke und fing an zu fressen, so als ob er nie krank gewesen wäre.
„Das ist ja fantastisch!“, rief Mayra. Beinahe hätte sie den Alten umarmt. Der grinste sie an, aus einem fast zahnlosen Mund. „So schnell geht das ja noch nicht mal mit unseren Medikamenten! Wie sieht die Pflanze aus? Wo wächst sie?“ Mayra bedauerte zutiefst, dass sie kein Terrestranisch konnte und beschloss, das zu ändern. Mit einem nächtlichen Hypnosekurs konnte das nicht schwer sein.
Mit etwas Geduld bekam sie auch mit Händen und Füßen heraus, dass die Pflanze schmal und etwa hüfthoch war und am Rand von Bächen wuchs.
Als Mayra wieder in das Wohnhaus kam, unterhielten Ursula und Rinzi sich immer noch über die Stoffe. Ursula rief sie zu sich. „Schau nur, wie fein die Borte gewebt ist. So etwas habe ich höchstens bei maschinellen Produkten gesehen! Ist es nicht schön?“ Rinzi lächelte schüchtern. Mayra war noch ganz angefüllt von ihrem Abenteuer, wie sie ein schwer krankes Pferd geheilt hatten. Aber davon zu erzählen, hätte nicht gepasst. So beugte sie sich brav über die Borte. In das helle Leinen war am Rand ein rotes Muster gewebt. Mayra konnte sich auf Unionia
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