Mayra und der Prinz von Terrestra (German Edition)
Mayra es sich vorgestellt hatte, edler. Die dort verbauten Steine bestanden aus einem weiß glänzenden Material. Der Innenhof war ein perfektes Quadrat von vielleicht 50 Standardmetern Seitenlänge. Bögen spannten sich über Säulen im Erdgeschoss, sodass Freiräume darunter entstanden. Die Fenster der ersten Etage wurden von fein gemeißelten Säulen flankiert, ebenso wie in der dritten. In der zweiten Etage fehlten die Fenster. Hier gab es nur einen großen Balkon dem Eingang gegenüber und rechts davon eine große Plattform. Hinter der Plattform konnte man nicht viel mehr als die Tiefe eines dunklen Raumes erahnen. Der Zugang zum Balkon wurde von einem dunkelblauen Vorhang mit goldenen Verzierungen verdeckt. Immer mehr Leute kamen, und das Gedränge wurde dichter als Mayra lieb war. Der einzige Platz auf dem Hof, der jetzt noch frei war, war ein Karree unterhalb des Balkons, wo blaugoldene Bänder, die zwischen goldene Ständer gespannt waren, die Menschen zurückhielten.
Die drei Unionianer standen unterhalb der Säulen dem Balkon schräg gegenüber. Da der Hof etwas tiefer lag als die Arkaden, hatte Mayra eine gute Sicht. „Bumm! Bumm! Bumm!“ Unsichtbare Trommeln fingen an zu schlagen. Die Menschen hörten auf zu reden. Immer lauter wurde der Trommelwirbel, bis er plötzlich verstummte. In diesem Augenblick atemloser Stille traten drei Männer auf den Balkon. Alle Terrestraner unten verneigten sich tief. Ihr Großvater, Adlan und Mayra blieben aufrecht, und so konnte sich Mayra ein Bild von den Männern da oben verschaffen, jedenfalls soweit sie diese erkennen konnte. Sie waren wirklich ziemlich weit oben und ziemlich weit weg. Alle drei trugen sie dunkelblaue, mit goldenen Stickereien verzierte Gewänder. Alle drei trugen sie goldene Stirnbänder und zu Mayras Überraschung waren alle drei geschminkt, die Augen blau umrandet, sodass sie größer und eindrucksvoller wirkten. Der Mann in der Mitte war der Älteste, und er war reicher gekleidet als seine Begleiter. Mayra vermutete, dass das König Philippus war.
Eine ganze Weile geschah nichts. Die Menschen um sie herum verharrten in ihren tief gebeugten Positionen. Dann gab der Mann in der Mitte ein winziges Zeichen mit der Hand und irgendjemand unten rief: „Erhebt euch!“ Mit einem Rascheln ihrer Gewänder richteten sich die Bewohner Terrestras wieder auf. Dann war wieder dieselbe Stimme zu hören, die Mayra schließlich einem Mann unterhalb des Balkons zuordnen konnte. Es war der Offizielle in schwarzem Samt vom Einlass. Der begann nun einen langen Vortrag auf Terrestranisch, den Mayra nur zum Teil verstand. Es war ein Loblied auf König Philippus, und wie sehr sie sich alle geehrt fühlen durften, dass er es war, der sie regierte, und dass es jetzt an der Zeit sei, ihm diese Dankbarkeit mit ihren Tributen auszudrücken. Mayra fragte ihren Großvater leise: „Wer sind denn die da oben?“
Rogers raunte ihr zu: „Das in der Mitte ist Philippus. Neben ihm seine zwei Statthalter, seine Söhne. Links von ihm, der mit den dunklen Locken, das ist Silvio. Rechts, der blonde, das ist Ragnar.“ Mayra nickte.
Viel Ähnlichkeit konnte sie zwischen den dreien nicht erkennen. Das mochte aber auch an den Gewändern und der Schminke liegen, die viel verbargen, vor allem das Alter schwer schätzen ließen. Silvio hatte die gleiche dunkelbraune Haarfarbe wie sein Vater, war aber fülliger. Philippus trug als einziger einen Bart, einen kurz geschnittenen Vollbart. Ragnar war der kleinste der drei und wie es aussah auch der am leichtesten gebaute. Sein Gesicht lag im Schatten und war für Mayra kaum zu sehen. Alle drei standen sie würdevoll, fast vollkommen regungslos. Alle drei hatten sie eine beeindruckend kraftvolle Ausstrahlung. Vielleicht kam es einem durch die Inszenierung des Ganzen auch nur so vor.
Der Mann in Schwarz war immer noch mit seiner Rede beschäftigt. Als er endlich fertig war, hob er seine Wachstäfelchen, schaute nach und rief laut einen Namen. Ein alter Mann drängte sich vor zur Umfassung unter dem Balkon. Er hatte ein Holzkästchen in der Hand. Als er vor dem abgegrenzten Bereich stand, öffnete er es. Mayra konnte undeutlich erkennen, dass sich darin bunt glänzende Steine befanden. Der Mann setzte sein Geschenk hinter den Seilen ab, verneigte sich tief und ging rückwärts wieder zu seinem Platz. Der König streckte leicht die Hand aus. Danach fing das Kästchen an nach oben zu schweben. Mayra schaute sich um. Sie konnte
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