McDermid, Val
ihn begrüßen würde, aber sie hatte einen DC im
todschicken Anzug und mit einem deutlichen Anflug von Arroganz geschickt. Er
hoffte, dass DC Evans nicht Jordans Vorstellung von eindrucksvoll war.
Die Einsatzzentrale des Teams
war eine angenehme Überraschung. Sauberer, ordentlicher und besser
eingerichtet als jedes andere Büro der Kripo, in dem er je gewesen war. Wahrscheinlich
hatte das etwas damit zu tun, dass der Chef eine Frau war. Er..wusste, dass das
kein angemessener Gedanke war, und hätte ihn auch nicht ausgesprochen,
vermutete aber, dass es wahrscheinlich stimmte. Eine Ecke wurde von einem
IT-Arbeitsplatz eingenommen. Er hörte das Geräusch von Tasten, auf denen
schnell getippt wurde, sah aber nur die Rückseite von sechs Bildschirmen, die
wie eine Barrikade aufgebaut waren. Bei einer normalen Ermittlung hatte er
noch nie solchen Aufwand erlebt. Ein weiteres halbes Dutzend Schreibtische
waren anscheinend nach dem Zufallsprinzip über den Raum verteilt. Keiner war
besetzt. Mit Tatortfotos und gekritzelten Notizen bedeckte Weißwandtafeln
liefen an einer Wand entlang. Eine für Daniel Morrison und eine für Seth Viner.
»Die Chefin ist in ihrem
Büro«, sagte Sam abrupt und führte ihn ans Ende des Raums in ein von Glaswänden
umgebenes Zimmer mit vorgezogenen Vorhängen. »Alle anderen sind mit Aufträgen
irgendwo unterwegs.« Er öffnete die Tür und folgte Tim nach drinnen.
Tims erster Eindruck von Carol
Jordan war, dass sie aussah wie die meisten leitenden Beamten mitten in den
Ermittlungen zweier Mordfälle: an Schlafentzug leidend, deprimiert und
verzweifelt. Ihr blondes Haar war zerzaust, unter den Augen konnte man unter
der leichten Make-up-Schicht die Schatten sehen, und auf ihrem Schreibtisch
standen zwei halb leere Tassen Kaffee. Aber als er näher hinsah, merkte er,
dass das Haar absichtlich struppig war und ihre Augen energisch funkelten. Ihre
gut geschnittene Bluse war frisch gebügelt und sauber und das Make-up nicht
verwischt. Tim hielt sich etwas darauf zugute, dass er durch den ersten
Eindruck hindurch zu der Frau dahinter vorgedrungen war. Er hielt ihr die Hand
hin. »DS Tim Parker«, stellte er sich vor. »Nennen Sie mich Tim.«
Carol schien leicht amüsiert,
schüttelte ihm aber die Hand. »DCI Jordan. Nennen Sie mich Ma'am. Oder Chefin.
Oder sogar Boss.«
So sollte es also laufen.
Zeigst dem neuen Jungen gleich, wo's langgeht, auch wenn er hier ist, um dir
aus der Klemme zu helfen und dafür zu sorgen, dass du gut dastehst. Ohne auf
eine Aufforderung zu warten, setzte er sich.-»Ich habe zunächst das Material
durchgelesen, das Sie mir gemailt haben«, sagte er. »Das Erste, was ich sehen
will, sind die Tatorte.«
»Das wird etwas schwierig
werden«, erwiderte Carol. »Weil wir nicht wissen, wo die Verbrechen begangen
wurden. Wir können Sie zu den Fundorten bringen, wenn Sie möchten«, fügte sie
scheinbar hilfsbereit hinzu.
»Das habe ich ja gemeint«,
entgegnete Tim und war inzwischen schon recht ungehalten. »Ich würde auch gern
mit den Familien sprechen.«
»Das ist nicht ganz so
einfach, wie uns lieb wäre. Daniel Morrisons Mutter hatte gestern bei der
Identifizierung einen Herzanfall und ist gestorben. Sein Vater hatte einen
Nervenzusammenbruch und ist bis Weihnachten sediert«, fasste Carol die Situation
zusammen. »Aber ich denke, wir können ein Gespräch mit Seths Müttern für Sie
vereinbaren. Ich werde einen uniformierten Kollegen organisieren, der Sie
herumfahren kann.«
»Es wäre leichter, wenn ich
mit jemandem von Ihrem Team gehen könnte«, sagte er. »Dann könnte ich bei
Bedarf Fragen stellen.«
»Ich bin sicher, dass es
leichter für Sie wäre, aber wir sind voll ausgelastet. Mein Team ist sehr klein
und hochspezialisiert. Ich kann keinen davon erübrigen, um Sie herumzukutschieren.
DC Evans wird Ihr Kontakt sein, Sie können ihn bei allen Fragen anrufen.«
»Tun Sie mir den Gefallen und
sammeln Sie sie, damit Sie alle auf einmal stellen können,« sagte Sam. »Ich
jongliere im Moment sowieso schon mit zwei Fällen.«
Inzwischen war Tim gründlich
sauer auf die beiden. »Ich ging davon aus, dass ich direkt mit Ihnen arbeiten
würde, Ma'am.«
»Daran kann ich nichts
ändern«, meinte Carol zuckersüß. »Sie haben Zugang zu mir, wenn es nötig ist,
aber Sam weiß, was läuft. Außer wenn er es nicht weiß, und dann weiß er, wer es
weiß.«
»Das wollen wir zumindest
hoffen«, fügte Sam hinzu. »Ich bin es nicht gewöhnt...«
»Ich habe gehört,
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