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McDermid, Val

McDermid, Val

Titel: McDermid, Val Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vatermord
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rechtfertigen.«
Sie tauschten Blicke. Kevin stand auf und schob seinen Stuhl zurück. »Lassen wir
doch die Drinks, Chefin. Wir sollten lieber gleich loslegen, oder?«
     
    6
     
    Als Alvin Ambrose auf den
Parkplatz bog, um seinen Chef nach Jennifer Maidments Obduktion abzuholen, goss
es immer noch. Jede Möglichkeit, am Fundort noch Spuren zu sichern, hatte sich
schon lange erledigt. Die einzige Quelle für materielle Hinweise auf Jennifers
Schicksal war der Körper des Mädchens selbst. DI Patterson eilte im strömenden
Regen mit gesenktem Kopf und hochgezogenen Schultern zum Wagen und warf sich
auf den Beifahrersitz. Sein Gesicht war vor Widerwillen verzerrt, und die
blauen Augen blinzelten kaum sichtbar zwischen den nach so wenig Schlaf
geschwollenen Lidern hervor. Ambrose - war sich nicht sicher, ob seinen Chef
das Wetter oder die Obduktion anwiderte. Er wies nickend auf den Pappbecher
mit Kaffee im Halter. »Latte, fettarm«, sagte er. Nicht, dass Patterson Grund
zum Abnehmen gehabt hätte.
    Patterson schüttelte sich.
»Danke, Alvin, aber mir ist nicht danach. Trink du ihn.«
    »Wie ist es gelaufen?«, fragte
Ambrose und ließ den Wagen langsam auf die Ausfahrt des Parkplatzes zurollen. Patterson
zerrte am Sicherheitsgurt und rammte ihn in den Schlitz. »Angenehm ist das ja
nie, oder? Besonders wenn es um ein Kind geht.«
    Ambrose war klar, dass es
besser war, nicht weiter nachzufragen. Patterson würde ein paar Minuten
brauchen, um sich zu fassen und seine Gedanken zu sammeln, dann würde er seinen
Kollegen wissen lassen, was er für richtig hielt. Sie kamen zur Hauptverkehrsstraße,
und Ambrose bremste. »Wohin?« Patterson überlegte, er war keiner, der sich
voreilig festlegte. »Ist irgendwas Neues reingekommen, während ich weg war?«
    Es war allerhand gekommen, ein
buntes Durcheinander von Nebensächlichkeiten, die nicht viel zu bedeuten
hatten. Dinge, die nicht weiterführten, Kleinkram, den Kollegen aus den
unteren Bereichen der Hierarchie bis zum Nachmittag aussortiert hätten. Eine
von Ambrose' Aufgaben war, das, was hereinkam, durchzugehen und zu entscheiden,
was er für wichtig genug hielt, dass Patterson sich damit befasste. Es war eine
Verantwortung, die ihn damals, als Patterson ihn zu seinem Partner bestimmt
hatte, besorgt gemacht hatte; aber bald fand er heraus, dass er seinem Urteil
durchaus trauen konnte. Dass Patterson dies schon vor ihm wusste, verstärkte
nur Ambrose' Respekt für seinen Chef. »Nichts, um das du dich kümmern
müsstest«, sagte Ambrose.
    Patterson seufzte, seine
eingefallenen Wangen blähten sich und fielen wieder zusammen. »Gehen wir also
die Eltern besuchen.«
    Ambrose reihte sich in den
Verkehr ein und rief sich die beste Route ins Gedächtnis. Bevor er die erste
Kurve genommen hatte, fing Patterson an zu reden. Das war schnell für seinen
Chef, dachte Ambrose. Ein Maßstab dafür, wie schwer Jennifer Maidment ihm aufs
Gemüt geschlagen war. »Todesursache war Ersticken. Die Plastiktüte über ihrem
Kopf war am Hals festgeklebt. Keinerlei Anzeichen, dass sie sich gewehrt hat.
Kein Schlag auf den Kopf. Keine Kratzer oder Prellungen, weder Blut noch Haut
unter ihren Fingernägeln.« Seine Stimme war bleiern, die Worte kamen
schleppend und wohldurchdacht.
    »Klingt, als sei sie betäubt
gewesen.«
    »Sieht so aus.« Auf Pattersons
Gesicht wandelte sich Niedergeschlagenheit in Wut. Zwei dunkelrote Flecken
erschienen auf seinen Wangen, und seine Lippen waren gegen die Zähne gepresst.
»Natürlich wird es Wochen dauern, bis wir die Ergebnisse der toxikologischen
Analyse haben. Ich sage dir, Alvin, wie wir die Forensik in diesem Land
betreiben, das ist ein Witz. Sogar der beschissene alte staatliche
Gesundheitsdienst ist schneller. Man geht zu seinem praktischen Arzt wegen eines
großen Blutbilds und bekommt die Ergebnisse - was? - achtundvierzig Stunden
später. Aber es dauert bis zu sechs Wochen, eine toxikologische Analyse zu erhalten.
Wenn die bescheuerten Politiker wirklich Kriminelle abschrecken und die
Aufklärungsrate verbessern wollen, sollten sie Geld in die Gerichtsmedizin
stecken. Es ist unsinnig, dass wir uns nur Technik für einen winzigen Bruchteil
der Fälle leisten können. Und selbst wenn die Kostenstelle sie uns genehmigt,
dauert es eine Ewigkeit. Wenn wir die Ergebnisse bekommen, bestätigen sie in
neun von zehn Fällen nur das, was wir mit altmodischer Polizeiarbeit schon
rausgefunden haben. Die Forensik sollte bei den Ermittlungen helfen, nicht

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